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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Bestandteil seiner Jugend gewesen waren.
    In der Hinsicht hatte er viel mit Christine gemeinsam. Seine Kindheit war von körperlicher Mißhandlung geprägt worden, die ihre von psychischer Mißhandlung. Sie beide hatten unter der Knute leben müssen; der eine buchstäblich, die andere bildhaft; und als Kinder hatten sie sich eingeengt gefühlt, von Klaustrophobie bedrängt.
    Er blickte auf das Seitenfenster des Chevy hinunter und sah Joey zu ihm herauslugen. Er gab ihm mit dem Daumen ein Zeichen, und der Junge erwiderte es grinsend.
    Weil er selbst als Junge mißhandelt worden war, war Charlie für Kinder, die Opfer von Gewalt waren, besonders sensibel. Nichts machte ihn wütender als Erwachsene, die Kinder schlugen. Verbrechen gegen hilflose Kinder erweckten in ihm ein kaltes, schmieriges Gefühl und erfüllten ihn mit Haß und Verzweiflung wie nichts anderes.
    Er würde nicht zulassen, daß sie Joey Scavello ein Leid zufügten.
    Er würde den Jungen nicht im Stich lassen. Ein Scheitern kam für ihn nicht in Frage, denn wenn er scheitern würde, dann würde er wahrscheinlich mit sich selbst nicht mehr le ben können.
    Es schien ziemlich lange zu dauern, bis Frank zurückkam. Er war immer noch auf der Hut, aber etwas entspannter als vorher, als er das Haus betreten hatte. »Sauber, Mr. Harrison. Den Hintergarten hab' ich mir auch angesehen. Nie mand zu sehen.«
    Sie brachten Christine und Joey und Chewbacca hinein und umringten die Frau und den Jungen, während sie auf das Haus zugingen, so daß niemand auf sie schießen konnte.
    Christine hatte gesagt, sie sei erfolgreich, aber Charlie hatte kein so großes, guteingerichtetes Haus erwartet. Im Wohnzimmer gab es einen großen offenen Kamin mit einem wuchtigen Sims und Bücherregalen aus Eichenholz, die bis in die Zimmerecken reichten. Ein riesiger chinesischer Teppich bildete den Mittelpunkt einer sympathischen Mischung aus orientalischen und europäischen Antiquitäten und Replikaten hoher Qualität. An einer Wand stand ein aus acht Paneelen bestehender, handgeschnitzer Paravent aus Rosenholz, geziert von einem doppelten Triptychon mit einem Wasserfall und einer Brücke und einem altjapanischen Dorf, alles aus kunstvoll zusammengesetztem Speckstein.
    Joey wollte auf sein Zimmer gehen und mit seinem neuen Hund spielen, und Frank Reuther ging mit.
    Auf Charlies Vorschlag hin ging Pete Lockburn durch das ganze Haus, von unten bis ganz oben und wieder zurück, vergewisserte sich, daß alle Türen und Fenster versperrt wa ren, und zog sämtliche Vorhänge vor, damit niemand hereinsehen konnte.
    Christine sagte: »Ich will mal nachsehen, was ich zum Abendessen habe. Wahrscheinlich Würstchen. Das ist das einzige, wovon ich reichlich Vorrat habe.«
    »Machen Sie sich keine Mühe«, meinte Charlie. »Ich habe einen meiner Leute beauftragt, uns um sieben Essen zu bringen.«
    »Sie denken an alles.«
    »Das will ich hoffen.«

23
    O'Hara richtete sein Glas auf ein Fenster im oberen Stockwerk des Scavello-Hauses, dann auf das nächste und wieder das nächste und suchte schließlich auch noch das Erdgeschoß ab. In jedem Zimmer brannte Licht, aber sämtliche Vorhänge waren zugezogen.
    »Vielleicht ist sie nach Hause gekommen, hat aber den Jungen für die Nacht irgendwoanders untergebracht«, sagte Baumberg.
    »Der Junge ist da«, sagte O'Hara.
    »Woher weißt du das?«
    »Kannst du ihn dort drüben nicht fühlen?«
    Baumberg spähte mit zusammengekniffenen Augen durch das Fenster.
    »Fühle ihn«, sagte O'Hara mit halberstickter, verängstigter Stimme.
    Baumberg suchte tastend nach dem Bewußtsein, das seinen Partner in Schrecken versetzt hatte.
    »Die Dunkelheit«, sagte O'Hara. »Fühle die besondere Dunkelheit des Jungen, die schreckliche Dunkelheit, die von ihm heranrollt wie der Nebel vom Meer.«
    Baumberg strengte seine Sinne an.
    »Das Böse«, sagte O'Hara, und seine Stimme war nur noch ein heiseres Wispern. »Fühle es.«
    Baumberg legte die Hände gegen das kühle Glas, preßte die Stirn dagegen, starrte eindringlich zu dem Haus hinüber. Nach einer Weile fühlte er es, so wie O'Hara gesagt hatte. Die Dunkelheit. Das Böse. Es strömte aus jenem Haus heraus wie atomare Strahlung von einem Plutoniumblock.
    Es strömte durch die Nacht, durch das Glas vor Baumberg, verseuchte ihn, eine bösartige Energie, die weder Hitze noch Licht erzeugte, die düster und schwarz und kalt war. Plötzlich senkte O'Hara sein Fernglas und wandte sich vom Fenster ab, wandte dem Scavello

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