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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Licht, das durch die Wagenfenster herein drang, konnte sie erkennen, daß er zutiefst beunruhigt war.
    »Nun?« drängte sie.
    »Grace sagt, wir befinden uns im Zwielicht, jener Periode, unmittelbar bevor der Sohn des Satans die Macht über die Erde ergreift, um dann tausend Jahre zu herrschen. Wie gut sind Sie mit der Bibel vertraut, besonders mit den Prophezeiungen?«
    »Ich kannte sie einmal sehr gut«, sagte sie. »Aber heute nicht mehr. Tatsächlich erinnere ich mich an kaum etwas.«
    »Dann könnten wir schon fast einen Club aufmachen. Aber nach allem, was ich Grace Spiveys Predigten entnehmen konnte, sagt die Bibel, der Antichrist wird tausend Jahre regieren und der Menschheit unbeschreibliches Leid brin gen, und dann wird die Schlacht von Armageddon stattfin den, und zuletzt wird Gott heruntersteigen und den Satan für immer vernichten. Sie sagt, Gott hätte ihr eine letzte Chance gegeben, das tausendjährige Reich des Teufels zu verhindern. Sie sagt, er hätte ihr befohlen, den Versuch zu unternehmen, die Menschheit zu retten, indem sie eine Kirche rechtschaffener Leute organisiert, die den Antichrist aufhalten werden, ehe er zur Macht kommt.«
    »Wenn ich nicht wüßte, daß es Leute gibt, fanatische, vielleicht sogar gefährliche Leute, die an diesen Unsinn glauben, würde ich das amüsant finden. Und wie will diese kleine Schar rechtschaffener Leute die unheimlichen Kräfte des Satans bekämpfen?«
    »Soweit mir bekannt ist, sind ihre Schlachtpläne streng geheim und nur denen bekannt, die Mitglieder der Kirche geworden sind. Aber ich glaube, ich weiß, was sie im Sinn haben.«
    »Und was ist das?«
    Er zögerte. Dann sagte er: »Sie haben vor, ihn zu töten.«
    »Den Antichrist?«
    »Ja.«
    »Einfach so?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie glauben, daß es leicht sein wird.«
    »Ganz sicher nicht!« sagte Christine, die trotz ihrer Lage lächeln mußte. »Was für eine Art von Teufel würde schon zulassen, daß er einfach getötet wird? Jedenfalls ist die Lo gik nicht konsequent. Der Antichrist wäre eine übernatürliche Gestalt. Und übernatürliche Wesen kann man nicht töten.«
    »Ich weiß, daß der Katholizismus aus langer Tradition seine Doktrin mit Logik rechtfertigt«, sagte Charlie. »Der hl. Thomas von Aquin und seine Schriften beispielsweise. Aber diese Leute, mit denen wir es hier zu tun haben, sind Randerscheinungen. Fanatiker. Logik und Konsequenz gehören nicht zu den Dingen, die Fanatiker voneinander verlangen.« Er seufzte. »Jedenfalls, wenn man all diese Mythologie glauben will, so wie sie die Bibel präsentiert und Grace interpretiert, ist diese Logik vielleicht gar nicht so lausig. Schließlich galt ja auch Jesus als übernatürliches Wesen, als der Sohn Gottes. Aber er ist von den Römern getötet worden.«
    »Das ist etwas ganz anderes«, sagte sie. »Nach der Ge schichte Christi war das Seine Mission, Sein Ziel, Seine Bestimmung, sich töten zu lassen, um uns vor den schlimmsten Folgen unserer Sünden zu schützen. Stimmt's? Aber ich kann mir kaum vorstellen, daß der Antichrist so altru istisch eingestellt ist.«
    »Jetzt denken Sie schon wieder logisch. Wenn Sie Grace und die Kirche des Zwielichts verstehen wollen, müssen Sie die Logik beiseite legen.«
    »Okay. Wer ist also ihrer Ansicht nach der Antichrist?«
    »Als wir diese zwei kleinen Kinder aus dem Kult herausholten«, sagte Charlie, »hatte Grace den Antichrist noch nicht identifiziert. Sie hatte ihn noch nicht gefunden. Aber jetzt hat sie das vielleicht.«
    »So? Wen denn?« fragte Christine. Aber ehe Charlie antworten konnte, traf sie die Erkenntnis wie ein Keulenschlag.
    Vorne unterhielt sich Joey immer noch mit Pete Lockburn, ohne etwas von dem Gespräch zwischen seiner Mutter und Charlie Harrison wahrzunehmen.
    Trotzdem senkte Christine ihre Stimme und flüsterte jetzt nur noch: »Joey? Mein Gott, glaubt diese verrückte Frau, mein kleiner Junge wäre der Antichrist?«
    »Darauf würde ich fast wetten.«
    Christine konnte die haßerfüllte Stimme der alten Frau hören, wie sie aus einem dunklen Tümpel der Erinnerung aufstieg: Er muß sterben; er muß sterben.
    »Aber warum gerade er? Warum Joey? Warum hat sie sich nicht auf irgendein anderes Kind fixiert?«
    »Vielleicht ist es so, wie Sie gesagt haben: Sie waren einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort«, sagte Charlie. »Wenn irgendeine andere Frau mit einem anderen Kind um dieselbe Zeit am gestrigen Sonntag in der South Coast Plaza ihren Wagen

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