Todesengel (Gesamtausgabe)
Sonderkommission zu knapp bemessen und der Druck, der auf den Ermittlern lastete, zu groß.
Frankensteins Handy klingelte und Becker schreckte aus seinen Gedanken hoch, bekam noch mit, dass sein Chef mit einem Kollegen im LKA sprach und es um einen seit zwei Tagen vermissten Priester ging. Dann beendete der Kriminaloberrat das Telefonat und bat alle Ermittler zu sich, weil er sie an seinem neuen Erkenntnisstand teilhaben lassen wollte. Bei dem Mordopfer, führte er aus, handele es sich nach der Personenbeschreibung um Peter von Hoff, Kaplan der katholischen Kirchengemeinde St. Blasius im Stadtteil Neukölln. Und ein Geistlicher sei bereits unterwegs, um den Toten zu identifizieren...
15.
Am folgenden Tag zur gleichen Zeit fuhr Becker mit Frankenstein von der Charité im Bezirk Mitte zurück zum Dienstgebäude am Flughafen Tempelhof und versuchte, seine Gedanken zu sammeln, was ihm nach der im Gerichtsmedizinischen Institut vorgenommenen Sektion des jüngsten Mordopfers noch schwerer als nach anderen Leichenöffnungen fiel.
Die Ermittlungen im neuen Fall liefen seit gestern auf Hochtouren, hatten bisher aber, wie bei den Morden im Hotel Astor und im Ruhwaldpark, zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt. Wenigstens gab es einige Indizien, die es plausibel erscheinen ließen, die Hinrichtung des adligen Priesters in die obskure Mordserie einzureihen, weil der Täter dem Opfer das in Hamburg verwendete Narkosehilfsmittel in den Hals gespritzt, dem Mann das Glied abgetrennt und in den Mund gesteckt und zudem einen Zettel mit der Aufschrift Rache für das arme Kind! an der Soutane befestigt hatte. Der Priesterrock gehörte im Übrigen zur Überraschung der Ermittler nicht von Hoff, sondern hatte vor einiger Zeit auf dem nicht weit vom Fundort der Leiche entfernten Flohmarkt den Besitzer gewechselt. Nach den Aussagen des Mannes, der für das verschlissene Stück 23 € verlangt und auch bekommen hatte, war es eine pummelig ausschauende Frau von etwa vierzig Jahren gewesen, die mit ihm handelseinig geworden war, doch hatte er eine zu verschwommene Vorstellung von ihrem Aussehen, als dass es sich gelohnt hätte, eine Phantomzeichnung nach seinen Angaben anzufertigen.
Die beiden Kollegen saßen lange schweigend nebeneinander, bis Frankenstein sich unvermittelt räusperte und das Schweigen brach:
„Ist dir auch schon das seltsame Benehmen von Mirjam Berndt aufgefallen?“
„Wie kommst du darauf?“, wollte Becker daraufhin wissen und sein Chef erläuterte sein Anliegen ausführlicher: „Ich mach mir natürlich meine Gedanken, wenn eine Mitarbeiterin nicht bei der Sache ist, vor allem in einer so schwierigen Situation wie jetzt! Und ich würde von dir gern wissen, was du unternehmen willst, um das Mädchen wieder auf Vordermann zu bringen! Immerhin bist du bis vor einigen Wochen mit ihr zusammen gewesen, wenn ich mich recht erinnere!“
„Aber ich bin es nicht mehr!“, entgegnete Becker mürrisch, erregte mit seinem Trotz aber den Zorn seines Chefs:
„Nun hör mir bitte gut zu! Ich habe dich bisher als anständigen Menschen kennen gelernt und möchte, dass es bei unserem herzlichen Verhältnis bleibt! Aber dafür ist Voraussetzung, dass du deine Beziehung zur Oberkommissarin auf eine vernünftige Grundlage stellst! Du kannst so ein junges Ding nicht verführen und dann einfach fallen lassen wie eine heiße Kartoffel! Ein bisschen mehr Verantwortungsgefühl hätte ich dir schon zugetraut!“
„Aber...“
„Ja?“
„Ich hab doch nicht freiwillig mit ihr Schluss gemacht! Carmen ist hinter die Sache gekommen und hat mir die Pistole auf die Brust gesetzt! Wie hättest du denn an meiner Stelle reagiert?“
„Kann ich nicht sagen“, meinte Frankenstein, „ich gehe nicht fremd, abgesehen davon, dass ich mit meinem Schatz nicht verheiratet bin! Aber unabhängig von den Motiven, aus denen du der Kleinen den Laufpass gegeben hast, bist du als Mensch und Vorgesetzter verpflichtet, sie wieder aufzurichten! Haben wir uns verstanden?“
Becker nickte, schien sich in seiner Haut aber nicht wohl zu fühlen und fragte schließlich: „Und wie soll ich das anstellen?“
Frankenstein schüttelte verständnislos den Kopf und knurrte: „Das hast du mich doch auch nicht gefragt, als du mit ihr schlafen wolltest! Aber es könnte bestimmt nicht schaden, wenn du ihr nicht mehr ausweichst, sondern das offene Gespräch mit ihr suchst! Du musst sie ja nicht gleich wieder...“
„Ist schon gut!“, meinte Becker, doch war
Weitere Kostenlose Bücher