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Todesengel (Gesamtausgabe)

Todesengel (Gesamtausgabe)

Titel: Todesengel (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.L. WEEN
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er sich den zuletzt auf seinem Schreibtisch gelandeten Stapel aus Akten und einzelnen Schriftstücken vor, drehte sich eine Zigarette, obwohl er eigentlich längst mit dem Rauchen aufgehört hatte und genoss den ersten Glimmstängel seit acht Tagen ohne jede Reue.
    Plötzlich glaubte er, seinen Augen nicht trauen zu können. Zwischen allerlei unwichtigen Notizen und Rundschreiben lag ein unscheinbares Fax der Polizeidirektion City, ein Schreiben, aus dem hervorging, dass Marga Hufschmied, wohnhaft in der Erasmusstraße 4, aus dem Fenster im dritten Stock gestürzt und wenig später an den Folgen ihrer inneren Verletzungen gestorben war! Dass diese Meldung keinem Kollegen aufgefallen war, obwohl es sich bei der Toten um eine Tatverdächtige handelte, regte ihn maßlos auf und er stürmte mit viel Wut im Bauch ins Sekretariat, blaffte die zu Tode erschrockene Sekretärin an, weil sie damit beschäftigt war, ihre Fingernägel zu lackieren und gab ihr in herrischem Ton auf, sofort das gesamte Team zu ihm zu schicken. Die Vorzimmerdame wandte schüchtern ein, dass zu dieser frühen Stunde noch niemand im Hause sei und er wegen der Urlaubszeit ohnehin nur mit Berndt und Fati rechnen könne, worauf Becker den Kopf schüttelte, über die Pflichtvergessenheit seiner Mitarbeiter schimpfte und mit mürrischem Gesicht davon humpelte.
    Zurück in seinem Büro, riss er als Erstes die Fenster auf, atmete tief durch und fragte sich, wohin seine Unbeherrschtheit noch führen würde. Er hatte die Sekretärin völlig unnötig angeschnauzt und konnte sich gut vorstellen, dass sie sich auf seinen Wutanfall hin krankschreiben ließ, mit der Folge, dass er sich kurzfristig um Ersatz für die Vorzimmerdame kümmern musste. Was ihn aber noch mehr irritierte, war die Grundlosigkeit der Kritik an den anderen Kollegen. Schließlich waren ihm ähnliche Fehler wie das Übersehen eines Posteingangs bei Urlaubsvertretungen auch schon unterlaufen und wenn er daran dachte, wie viele Überstunden die meisten Teammitglieder inzwischen angesammelt hatten, durfte er sich erst recht nicht über sie beklagen. Gleichwohl setzte er, als wenig später Berndt und Fati wie begossene Pudel in der Tür standen, sein grimmigstes Gesicht auf und wies sie mit einer knappen Handbewegung an, sich zu setzen, ehe er der Oberkommissarin das Fax mit der Todesnachricht wortlos in die Hand drückte. Mirjam erbleichte beim Lesen, als würde sie auf diesem Wege vom Tod ihrer Mutter erfahren, gab den Zettel an Fati weiter und sah Becker mit tränenfeuchten Augen an.
    „Was kann ein Mädchen wie Marga nur bewegen, freiwillig aus dem Leben zu scheiden?“, fragte sie schließlich mit brüchiger Stimme und lieferte, als die beiden Männer schwiegen, die Antwort gleich mit: „Ich denke mir, dass sich junge Leute meist dann umbringen, wenn sie mit ihren Problemen allein gelassen werden!
    Letztlich gibt es aus jeder noch so ausweglosen Situation einen Ausweg, aber wenn in der größten Not weit und breit kein Lotse zu sehen ist, der den verzweifelten Menschen an die Hand nimmt, muss sich niemand wundern, wenn es zu Kurzschlussreaktionen kommt...“
    „Gut gebrüllt, Löwe!“, meinte Becker und versuchte vergeblich, dabei nicht zynisch zu wirken, drehte sich eine neue Zigarette und erklärte dann, warum er seine Mitarbeiter herbeizitiert hatte: „Die Todesnachricht liegt seit mindestens fünf Tagen auf meinem Schreibtisch und niemand hat einen Blick darauf geworfen, geschweige denn etwas unternommen! Wir müssen also möglichst schnell herausfinden, ob es sich beim Fenstersturz um einen Unfall oder um Selbstmord handelte und für den Fall, dass diese Marga freiwillig in den Tod gegangen ist, ihre Mutter zum Verhör laden! Scharf hat die Dame zwar schon vor einiger Zeit vernommen, aber vielleicht hat sie uns jetzt mehr zu sagen als damals…“
    Mirjam verzog ihr Gesicht und Becker sah sie fragend an, schwieg aber, bis sie von sich aus erklärte, warum ihr eine Laus über die Leber gelaufen war:
    „Ich halte nichts davon, die trauernde Mutter wie eine Schwerverbrecherin herzubestellen! Ich würde unter diesen Umständen keinen Pieps herausbringen und denke mir, dass es bei ihr genauso wäre!“
    „Und was schlägst du vor?“, wollte Becker wissen und die Oberkommissarin druckste eine Weile herum, ehe sie mit der Sprache heraus kam:
    „Du hast mich nach der Vernehmung von Frau Jakob zu Recht kritisiert, ich war damals wirklich nicht gut drauf, aber wenn ich mir jetzt Margas

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