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Todesengel (Gesamtausgabe)

Todesengel (Gesamtausgabe)

Titel: Todesengel (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.L. WEEN
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Mutter allein vornehmen dürfte, hätte ich bestimmt mehr Erfolg als in Neuwiese!“
    Der Hauptkommissar wusste nicht recht, wie er sich zu Mirjams Vorschlag verhalten sollte, sah hilfesuchend zu Fati hinüber und gab schließlich, als der junge Mann sich von ihm wegdrehte, klein bei, obwohl ihm sein kriminalistischer Spürsinn sagte, dass er sich besser anders entscheiden sollte.
    „Aber erst will ich wissen, ob Marga wirklich Selbstmord begangen hat!“, meinte er mit einem kaum wahrnehmbaren Schulterzucken und wählte die Nummer der Direktion City, wurde von der dortigen Telefonzentrale mit dem zuständigen Bearbeiter verbunden und schilderte dem Polizisten am anderen Ende der Leitung sein Anliegen. Danach hörte er seinem Gesprächspartner aufmerksam zu, notierte alles Wesentliche auf einem Schmierzettel und bedankte sich beim Kollegen, ehe er auflegte und sich wieder seinen Mitarbeitern zuwandte:
    „Wir können mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Marga ihrem Leben vorsätzlich ein Ende gesetzt hat! Eine Hausbewohnerin hat zur fraglichen Zeit ihre Zimmerpflanzen gegossen, dabei aus dem Fenster geschaut und gesehen, wie das Mädchen aufs Fensterbrett kletterte! Das kann es zwar aus Jux und Tollerei gemacht haben und knapp zwei Promille Alkohol im Blut sprechen auch dafür, aber mehrere Nachbarn haben übereinstimmend ausgesagt, dass Marga zuletzt sehr verschlossen war und auch ihre Berufsschullehrer haben den Kollegen von der Direktion City gegenüber das Bild einer zutiefst depressiven jungen Frau gezeichnet…“

41.
    Zwei Stunden später war Mirjam mit ihrem Wagen auf dem Weg zu Elli Hufschmied und überlegte, worauf sie vor und bei der Vernehmung achten musste, damit ihr Chef nicht wieder Verdacht schöpfte und ihr womöglich einen anderen Fall zuwies. Vor allem musste sie sich diesmal mehr Zeit nehmen als in Neuwiese, der Frau den Text, den sich die anderen Ermittler später anhören würden, solange einbläuen, bis sie ihn auswendig kannte und die Wohnung erst wieder verlassen, wenn das Tonbandprotokoll uneingeschränkt ihren Wünschen entsprach.
    Je näher sie dem Ortsteil Moabit kam, umso weniger wohl fühlte sie sich in ihrer Haut und sie wusste nicht, ob diese Empfindung mit ihrem Frontenwechsel oder den vermummten Frauen zu tun hatte, die den Straßen ein immer orientalischeres Flair verliehen, bis sich ein Fremder zuletzt in einer iranischen oder türkischen Stadt wähnen konnte. Wo wird das nur enden, fragte sie sich und sah in ihrer Fantasie vor sich, wie Muslime nach der Machtergreifung durch den Islam die Stadt mit Minaretten überzogen, alle Ungläubigen, die nicht zur neuen Staatsreligion konvertieren wollten, umbrachten und ein patriarchalisches System errichteten, in dem Frauenrechte der Geschichte angehörten und kein Hahn danach krähte, wenn Verbrecher wie ihr Patenonkel sich an kleinen Mädchen vergingen. Mirjam war so in Gedanken, dass sie nicht rechtzeitig in die Erasmusstraße einbog und einen Umweg in Kauf nehmen musste, um an ihr Ziel zu kommen, doch schließlich stand sie vor der Wohnung von Hufschmied, sammelte sich kurz und klopfte dann heftig an der Tür, weil es Klingeln in dem Haus offenbar nicht gab. Zunächst schien es ihr, als müsse sie unverrichteter Dinge wieder umkehren, doch dann hörte sie in der Wohnung eine Frau fluchen und versuchte noch einmal, auf sich aufmerksam zu machen.
    „Ich komm ja!“, hörte Mirjam die Mieterin brabbeln, doch dauerte es weitere drei Minuten, bis sie ihr endlich öffnete und mit den bei Alkoholikern typischen Ausdünstungen den Atem raubte. Rasend vor Wut, zerrte sie die Säuferin unter die Dusche, drehte den Kaltwasserhahn auf und ließ die klitschnasse Frau erst wieder los, als sie sicher war, wenigstens einen Teil des Fusels, der in den porösen Adern kreiste, aus ihrem Leib heraus getrieben zu haben.
    „Was wollen Sie?“, jammerte Margas Mutter später, als sie Mirjam in einer verdreckten, dafür aber trockenen Kittelschürze in der Wohnküche gegenübersaß und die Oberkommissarin herrschte sie an: „Was ich will? Sie haben vielleicht Nerven! Haben Sie schon vergessen, dass Ihre Tochter sich das Leben genommen hat? Marga steckte mittendrin in einer Mordsache und wenn Sie sich nicht kooperativ zeigen, sitzen Sie bald an ihrer Stelle im Gefängnis! Habe ich mich verständlich ausgedrückt?“
    Mirjam genierte sich wegen ihres bewusst rüden Vorgehens, brachte die wieder halbwegs nüchterne Frau

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