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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sich frei entscheiden kann, welchen Weg er einschlägt. Dass also der familiäre und soziale Hintergrund der Täter nichts mit der Ausübung einer Gewalttat zu tun hat. Was ist Ihre Erfahrung?
    Diese These ist schlicht kompletter Schwachsinn. Dagegen stehen Jahrzehnte kriminologischer Forschung, die klar belegen, welch große Bedeutung der familiäre und soziale Hintergrund hat. So ist beispielsweise die Jugendgewalt seit 2007 um fast ein Viertel zurückgegangen, weil die Anzahl prügelnder Eltern drastisch abgenommen hat, weil die schulische Integration von jungen Migranten sich zunehmend verbessert hat und weil die Akzeptanz von Gewalt dank engagierter Bemühungen der Schulen, der Medien und der Öffentlichkeit deutlich abgenommen hat. Gerade der erste Punkt ist sehr bedeutsam. Vor 20 Jahren wurden nur 26 Prozent der Bevölkerung gewaltfrei erzogen. Bis heute hat sich diese Quote verdoppelt. Bei den jungen Menschen steht sie bereits bei 63 Prozent. Diese Entwicklung ist ein zivilisatorischer Fortschritt von ungeheurer Bedeutung. Auch im Hinblick auf die teilweise deutlich verbesserte schulische Integration von jungen Migranten können wir klar nachweisen, wie positiv sich das ausgewirkt hat. Hannover ist hierfür ein gutes Beispiel. Türkischstämmige Jugendliche sind früher drei- bis viermal so oft als Gewalttäter in Erscheinung getreten als einheimische Deutsche. Seit aber schrittweise durch den Verein Mentor e. V., durch die Bürgerstiftung Hannover und viele Nachbarschaftsinitiativen sich deren schulische und soziale Integration positiv entwickelt hat, ist ihre Gewaltrate um mehr als die Hälfte zurückgegangen.
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    Im Zusammenhang mit Jugendkriminalität fallen immer wieder die Theorien der fehlgeschlagenen Anerkennung und die Theorie der Desintegration. Wie stehen Sie dazu?
    Beide Theorien sind richtig. Anerkennung ist das A und O. Gerade junge Menschen brauchen Anerkennung, sowie Pflanzen Regen und Sonne zum Wachsen brauchen. Wenn die Anerkennung durch Eltern oder Lehrern nicht kommt, dann holen Jugendliche sich diese auf andere, problematische Weise. Und zwar in einem Milieu, indem sie für Gewalt Lob und Anerkennung bekommen. Wenn Jugendliche in ihrem Umfeld beispielsweise in der Schule beim Sportunterricht gefördert werden und man ihre Talente entdeckt und anerkennt, müssen sie sich die Anerkennung nicht mehr auf anderem Wege holen.
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    Können Sie die Forderung nach härterer Bestrafung für kriminelle Jugendliche verstehen?
    Die Forderung nach härteren Strafen ist völlig absurd. Wenn etwas überhaupt abschreckt, dann sind es nicht härtere Strafen, sondern ein steigendes Risiko erwischt zu werden. Als sich in Hannover die Anzeigenbereitschaft von jugendlichen Raubopfern innerhalb von acht Jahren von 30 Prozent auf über 60 Prozent erhöht hat, ist in dieser Zeit diese Form von Jugendgewalt um etwa die Hälfte zurückgegangen. Je häufiger bekannt wird, dass man als Täter mit der Polizei und danach mit den Eltern richtig Ärger kriegt, dämpft das den Tatendrang enorm. Generell gilt, dass die Konsequenzen, die eine kriminelle Tat im familiären Umfeld eines Jugendlichen mit sich bringt, für den Betroffenen oft viel ärgerlicher ist als das, was der Staat inszeniert. Natürlich brauchen wir angemessene Strafen bei sehr schweren Delikten und gewisse Leute müssen zur Sicherheit der Bevölkerung ins Gefängnis. Aber wir brauchen keine härteren Strafen. Vor vielen Jahren konnte ich durch ein Forschungsprojekt im Rahmen meiner Doktorarbeit nachweisen, dass Jugendrichter, die Jugendarrest und Gefängnis höchst selten angeordnet haben, bei 500 jungen Angeklagten später deutlich weniger Rückfall hatten als ihre harten Kollegen, die weit stärker auf den Freiheitsentzug setzten. Beide Gruppen von Angeklagten waren identisch zusammengesetzt. Heraus kam: Je härter die Strafe, desto höher die Rückfallquote, desto höher die Kosten für die Allgemeinheit.
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    Kann es sein, dass neben der rückläufigen Jugendgewalt die Brutalität bei Gewalttaten zugenommen hat durch Einsatz von Messern etc.?
    Nein, gerade das hat abgenommen. Wir bekommen jedes Jahr von den Versicherungen eine vollständige Auflistung aller Fälle von Gewalt an Schulen, die einen ärztlichen Einsatz erforderlich machten, und daher wissen wir, dass pro 10.000 Schüler die Zahl der einfachen ärztlichen Einsätze um 40 Prozent zurückgegangen ist. Die Fälle, in denen jemand ins Krankenhaus musste, sind seit 1997 um 61 Prozent

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