Todesengel
Er zögerte einen Moment und fügte dann hinzu: »Vielleicht sollten wir alleine darüber sprechen.«
»Nein, das ist nicht nötig«, erwiderte Angela. »Ich nehme an, Sie meinen das Problem mit der Mukoviszidose, unter der unsere Tochter leidet. Wir haben vor Nikki keine Geheimnisse, und an ihrer Therapie nimmt sie aktiv teil.«
»Also gut«, sagte Caldwell. Er lächelte Nikki freundlich an, bevor er weiterredete. »Ich habe in Erfahrung gebracht daß es in Bartlet eine Patientin gibt, die unter der gleichen Stoffwechselstörung leidet. Sie heißt Caroline Helmsford und ist neun Jahre alt. Ich habe mit Carolines Arzt schon einen Termin für Sie vereinbart. Sein Name ist Dr. Bertrand Pilsner, und er ist hier einer der Kassen-Kinderärzte der CMV.«
»Vielen Dank«, sagte Angela. »Sie haben sich so viel Mühe gegeben.«
»Keine Ursache«, erwiderte Caldwell. »Wir wünschen uns wirklich, daß Sie hierherkommen und in unserem hübschen Städtchen leben. Aber ich muß gestehen, daß ich mich während meiner Nachforschungen nicht näher über die Krankheit Ihrer Tochter informiert habe. Müßte ich vielleicht noch irgend etwas wissen, damit ich Ihnen so gut wie möglich helfen kann?«
Angela blickte Nikki an. »Nikki, willst du Mr. Caldwell nicht mal erklären, was Mukoviszidose ist?«
»Mukoviszidose ist eine angeborene Krankheit«, begann Nikki; sie war jetzt ganz ernst und wissend. »Wenn die Krankheit von beiden Elternteilen übertragen wird, dann wird das Kind der beiden mit einer fünfundzwanzigprozentigen Wahrscheinlichkeit Beschwerden bekommen. Von zweitausend Babys kommt im Durchschnitt eines mit dieser Krankheit zur Welt.«
Caldwell nickte und bemühte sich weiterhin um eine freundliche Miene. Es brachte ihn ein wenig aus der Fassung, sich von einem achtjährigen Mädchen belehren zu lassen.
»Die schwersten Komplikationen treten im Bereich der Atemwege auf«, fuhr Nikki fort. »Bei Menschen, die unter Mukoviszidose leiden, ist der Schleim in den Lungen dicker als bei gesunden Menschen. Die Lungen können sich nur schwer von dem dickeren Schleim befreien, und deshalb können Stauungen und Infektionen auftreten. Am meisten fürchten sich mukoviszidosekranke Menschen vor chronischer Bronchitis und vor einer Lungenentzündung. Es trifft nicht alle Kranken gleich: Manchen geht es ziemlich schlecht, und andere, wie ich, müssen nur aufpassen, daß sie keine Erkältung bekommen. Außerdem müssen sie regelmäßig ihre Atemtherapie machen.«
»Das ist ja sehr interessant«, sagte Caldwell. »Was du mir da erzählt hast, klingt wirklich professionell. Vielleicht solltest du später auch mal Ärztin werden.«
»Das habe ich auch vor«, antwortete Nikki. »Ich will mich auf Pulmologie spezialisieren.«
Caldwell stand jetzt auf und begleitete die drei zur Tür. »Wie wär’s, wenn die beiden Ärzte und die Ärztin in spe jetzt zur Klinik hinübergehen und Dr. Pilsner einen Besuch abstatten?«
Die Krankenhausverwaltung war in dem alten Zentralgebäude untergebracht, das sich jedoch ganz in der Nähe des neueren, medizinischen Komplexes befand. Ein paar Minuten später schritten David, Angela und Nikki durch eine Feuertür und betraten einen anderen Flur; dieser Flur war nicht mit Vinylfliesen ausgestattet, sondern hier lag ein eleganter Teppich auf dem Boden.
Die drei platzten zwar mitten in seine Nachmittagssprechstunde hinein, doch Dr. Pilsner freute sich, die Wilsons zu sehen, und er nahm sich Zeit für sie. Mit seinem vollen weißen Bart sah er ein bißchen aus wie der Weihnachtsmann. Nikki fand ihn sofort sympathisch, als er ihr die Hand schüttelte und sie beinahe wie eine Erwachsene behandelte.
»Wir haben hier im Krankenhaus einen hervorragenden Atemtherapeuten«, erklärte Dr. Pilsner den Wilsons. »Und die Klinik verfügt über die notwendigen Geräte zur Versorgung von Patienten mit Atemwegserkrankungen. Außerdem ist es sicherlich auch von Vorteil, daß ich im Bereich der Atemwegsmedizin selber mal ein Forschungssemester absolviert habe. Das war vor Jahren, im Kinderkrankenhaus von Boston. Ich glaube also, daß wir Nikki hier bestens versorgen können.«
»Na, da haben wir ja Glück!« Angela war sichtlich beeindruckt und sehr erleichtert. »Das ist wirklich beruhigend für uns. Seit bei Nikki Mukoviszidose diagnostiziert wurde, berücksichtigen wir das bei all unseren Entscheidungen.«
»Das sollten Sie auch tun«, erwiderte Dr. Pilsner. »Bartlet wird sicher gut für sie sein. Hier gibt es
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