Todesengel
reden.«
»Jetzt machen Sie mich aber wirklich neugierig«, sagte Dr. Holster und nickte dann. »Ich verspreche Ihnen, daß dieses Gespräch unter uns bleiben wird.«
»Wie ich gehört habe, hat sich Dr. Hodges an dem Tag, an dem er verschwunden ist, mit Ihnen getroffen«, begann David.
»Das stimmt«, erwiderte Dr. Holster. »Wir haben zusammen zu Mittag gegessen.«
»Man hat mir erzählt, daß Dr. Hodges mit Ihnen über einen Patienten mit dem Namen Clark Davenport reden wollte.«
»Das stimmt auch«, bestätigte Dr. Holster. »Wir haben lange über den Fall diskutiert. Leider war Mr. Davenport kurz zuvor verstorben. Ich hatte ihn behandelt, weil bei ihm Prostatakrebs diagnostiziert worden war. Meine Kollegen und ich waren davon ausgegangen, daß die Behandlung - die wir vier oder fünf Monate vor seinem Tod abgeschlossen hatten - erfolgreich verlaufen war. Dr. Hodges ich waren deshalb ziemlich überrascht, als er dann so plötzlich gestorben ist.«
»Hat Dr. Hodges gesagt, woran Mr. Davenport gestorben ist?« fragte David.
»Nein, ich glaube nicht«, erwiderte Dr. Holster. »Ich habe vermutet, daß er einen Rückfall hatte und der Prostatakrebs ihn hingerafft hatte. Warum interessiert Sie das?«
»Mr. Davenport starb an einem septisch-toxischen Schock, nachdem er zuvor starke Krämpfe hatte«, erklärte David. »Ich glaube nicht, daß diese Symptome irgend etwas mit seinem Krebsleiden zu tun hatten.«
»Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann«, entgegnete Dr. Holster. »Es könnte doch sein, daß sich in seinem Gehirn Metastasen gebildet hatten.«
»Nein«, erwiderte David. »Die Kernspintomographie hat gezeigt, daß sein Gehirn vollkommen in Ordnung war. Aber da keine Autopsie vorgenommen wurde, können wir natürlich nicht ganz sicher sein.«
»Eben«, entgegnete Dr. Holster. »Es kann durchaus sein, daß er bereits Tumoren hatte, die aber alle noch so klein waren, daß man sie bei der Kernspintomographie noch nicht erkennen konnte.«
»Hat Dr. Hodges irgendwie angedeutet, daß ihm während der letzten Behandlung von Mr. Davenport etwas Ungewöhnliches aufgefallen war?« fragte David.
»Er hat sich nur über den plötzlichen Tod von Mr. Davenport gewundert«, erwiderte Dr. Holster. »Haben Sie während Ihres Mittagessens noch über etwas anderes gesprochen?«
»Nein, nicht daß ich wüßte«, erwiderte Dr. Holster. »Als wir mit dem Essen fertig waren, habe ich Dennis gefragt, ob er mich noch in die Strahlentherapie-Abteilung begleiten wolle, um sich mal die neue Anlage anzuschauen, die wir ihm zu verdanken haben.«
»Was für eine Anlage ist das?« fragte David. »Wir haben einen neuen Linearbeschleuniger bekommen«, antwortete Dr. Holster und strahlte dabei wie ein stolzer, frischgebackener Vater. »Wir verfügen damit über eine der modernsten Anlagen, die derzeit auf dem Markt sind. Obwohl Dennis sich schon etliche Male vorgenommen hatte, vorbeizuschauen, hatte er sich unsere neue Errungenschaft noch nie angesehen. Jedenfalls hat er mich dann begleitet, und ich habe ihm die Anlage vorgeführt. Dennis war schwer beeindruckt. Kommen Sie mit, dann zeige ich Ihnen unser Prachtstück.« Bevor David sich zu dem Vorschlag äußern konnte, war Dr. Holster auch schon durch die Tür verschwunden. Auf dem fensterlosen, langen Flur holte David den Radiologen ein. Er hatte eigentlich keine große Lust, sich jetzt eine Strahlentherapie-Anlage anzusehen, aber da er nicht unhöflich sein wollte, blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als Dr. Holster zu begleiten. Sie betraten den Behandlungsraum und standen vor einer gewaltigen High-Tech-Anlage.
»Das ist unser Prachtstück«, sagte Dr. Holster stolz und klopfte dabei liebevoll auf den Apparat aus rostfreiem Stahl. Der Linearbeschleuniger sah aus wie ein herkömmliches Röntgengerät, das mit einem Tisch verbunden war. »Wenn Dr. Hodges sich nicht so für dieses Krankenhaus eingesetzt hätte, hätten wir diese wunderbare Anlage nie bekommen. Dann müßten wir uns wohl oder übel immer noch mit den alten Geräten herumschlagen.« David betrachtete die imponierende Apparatur. »Hat die alte Anlage denn nicht mehr funktioniert?« fragte er. »Doch, sie funktionierte noch sehr gut«, erwiderte Dr. Holster. »Aber sie war technologisch längst überholt: Wir hatten eine Kobalt-60-Bestrahlungsanlage. Und die Strahlung, die eine solche Anlage freisetzt, streut ziemlich weit, so daß es schwer ist, einen Tumor exakt zu treffen. Dem liegt ein physikalisches Problem
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