Todesengel
sein, denn sie war offenbar eine waschechte Neuengländerin, mehr noch als Clyde Devonshire. Sie war kurz angebunden und ziemlich unfreundlich.
»Mrs. Forbs?« fragte Calhoun. Die Frau nickte. »Ist Ihr Mann zu Hause?«
»Nein«, antwortete Mrs. Forbs. »Wenn Sie mit ihm sprechen wollen, müssen Sie später wiederkommen.«
»Um wieviel Uhr?«
»Das weiß ich nicht. Er kommt jeden Tag zu einer anderen Zeit nach Hause.«
»Kannten Sie Dr. Dennis Hodges?« fragte Calhoun. »Nein«, erwiderte Mrs. Forbs.
»Könnten Sie mir vielleicht sagen, an welcher Körperstelle Ihr Gatte tätowiert ist?«
»Kommen Sie später wieder«, entgegnete die Frau. »Läuft Ihr Mann Ski?« insistierte Calhoun. »Tut mir leid«, erwiderte Mrs. Forbs und schloß die Tür. Calhoun hörte, wie von innen mehrere Schlösser verriegelt wurden. Er hatte den vagen Eindruck, daß Mrs. Forbs ihn für einen Geldeintreiber hielt. Calhoun stieg in sein Auto und seufzte. Bis jetzt lag seine Trefferquote bei eins zu zwei. Doch er ließ sich nicht entmutigen und nahm sich sofort die nächste Person vor: Claudette Maurice.
»Oh, nein«, stöhnte Calhoun, als er auf der gegenüberliegenden Straßenseite vor Claudettes Haus hielt. Sie wohnte in einem winzigen Häuschen, das beinahe wie ein Puppenhaus aussah. Doch zu Calhouns Bedauern waren sämtliche Fensterläden an der Vorderseite des Hauses verschlossen.
Calhoun ging zum Eingang und klopfte mehrmals an die Tür, weil er nirgendwo eine Klingel entdecken konnte. Doch niemand öffnete ihm. Als er den Briefkasten aufklappte, sah er, daß dieser offenbar schon seit geraumer Zeit nicht mehr geleert worden war.
Calhoun klingelte bei den Nachbarn von Claudette. Dort bekam er schnell seine Antwort: Claudette machte Urlaub und war nach Hawaii gefahren.
Wieder kehrte Calhoun unverrichteter Dinge zu seinem Wagen zurück. Jetzt lag seine Trefferquote nur noch bei eins zu drei. Der nächste Name auf seiner Liste lautete: Werner van Slyke.
Calhoun erwog für einen Augenblick, ob er van Slyke von seiner Liste streichen sollte, weil er ja bereits mit ihm gesprochen hatte, doch dann beschloß er, den Mann noch ein zweites Mal zu besuchen. Schließlich hatte er bei seiner ersten Unterhaltung mit van Slyke ja noch nicht gewußt, daß er eine Tätowierung hatte.
Van Slyke wohnte im südöstlichen Teil der Stadt in einer ruhigen Straße, in der die Häuser ein wenig zurückgesetzt lagen. Calhoun hielt hinter einer Reihe von Autos, die gegenüber von van Slykes Haus am Straßenrand geparkt worden waren.
Wider Erwarten sah das Haus van Slykes ziemlich heruntergekommen aus. Es brauchte dringend einen neuen Anstrich; die Fensterläden waren verfallen und hatten sich aus den Angeln gelöst. Während Calhoun das Haus eingehend betrachtete, schauderte es ihn. Er zündete sich eine Zigarette an und nahm ein paar Schlucke von seinem inzwischen kalt gewordenen Kaffee. Weder in dem Haus selbst noch auf dem Grundstück waren irgendwelche Lebenszeichen zu erkennen; auch stand kein Auto in der Einfahrt. Calhoun hatte den Eindruck, daß van Slyke nicht zu Hause war. Er beschloß, genauso vorzugehen wie bei Clyde Devonshire. Er stieg aus und überquerte die Straße. Je näher er dem Haus kam, desto deutlicher konnte er sehen, wie heruntergekommen es tatsächlich war. Unter dem Dachvorsprung konnte man jede Menge vertrockneten Schimmel erkennen.
Die Klingel schien nicht zu funktionieren. Calhoun drückte mehrere Male auf den Knopf, doch von drinnen war nichts zu hören. Danach klopfte er zweimal kräftig gegen die Tür, doch auch jetzt regte sich nichts. Calhoun stieg die Treppe, die zur Haustür führte, wieder hinunter und marschierte um das Haus herum.
Hinter dem Haus befand sich eine Scheune, die zu einer Garage umfunktioniert worden war. Calhoun ignorierte die Scheune und schlich einmal ganz um das Gebäude herum. Er versuchte einen Blick durch die Fenster zu werfen, doch das war gar nicht so einfach, weil sie alle vollkommen verschmiert waren. Hinter dem Haus war im Boden eine zweiflügelige Falltür eingelassen, die mit einem alten, verrosteten Vorhängeschloß gesichert war. Calhoun vermutete, daß sich darunter die Kellertreppe verbarg.
Er ging zur Vorderseite des Hauses zurück und stieg erneut die Treppe zur Haustür hoch. Oben angekommen, sah er sich nach allen Seiten um und vergewisserte sich, daß ihn keiner beobachtete. Dann probierte er, die Tür zu öffnen. Sie war nicht verschlossen. Um ganz sicher zu sein, daß
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