Todesengel
hätte, daß du nichts von ihm erfährst? Du weißt doch, daß ich nur dich liebe - und sonst niemanden.« Sie drückte ihm einen Kuß auf die Nasenspitze. »Ehrenwort?« fragte David. »Ehrenwort«, versprach Angela. »Wie geht es Nikki?«
»Gut«, antwortete David. »Im Moment schläft sie. Sie ist traurig über Carolines Tod. Wenigstens hat sich ihr Körper wieder erholt. Wie ist es dir denn ergangen?«
»Du wirst es kaum glauben«, sagte Angela. »Komm mal mit, dann zeige ich dir, was ich mitgebracht habe.« Angela nahm David bei der Hand und ging mit ihm in die Küche, um ihm die beiden Kisten zu zeigen. Er nahm ein paar Seiten heraus und las. »Du hast recht«, bemerkte er. »Es ist wirklich kaum zu glauben, was du alles aufgetan hast. Wir brauchen ja Stunden, um diesen Papierberg durchzuarbeiten.«
»Gut, daß wir im Augenblick arbeitslos sind«, sagte Angela. »Sonst hätten wir kaum genug Zeit, uns die Sachen anzuschauen.«
»Gott sei Dank ist endlich dein alter Humor wieder zurückgekehrt«, bemerkte David.
Gemeinsam bereiteten sie das Abendessen vor. Als Nikki aufwachte, kam sie ebenfalls in die Küche hinunter; allerdings konnte sie sich mit ihrer Infusionskanüle im Arm nicht besonders gut bewegen. Bevor sie sich alle an dem gedeckten Tisch niederließen, rief David bei Dr. Pilsner an. Sie einigten sich darauf, die Kanüle zu entfernen, daß Nikki aber weiterhin Antibiotika in Tablettenform einnehmen sollte.
Während Nikki sich nach dem Abendessen eine Sendung im Fernsehen ansah, machten David und Angela sich daran, den Stapel mit den Computerdaten durchzusehen. David war schwer beeindruckt, an welch eine Fülle von Datenmaterial ein Hacker herankommen konnte, doch gleichzeitig erschreckte es ihn auch. »Wir werden Tage brauchen, um all diese Sachen zu lesen«, klagte er.
»Vielleicht sollten wir uns zunächst auf die Verdächtigen konzentrieren, die Verbindungen zum Krankenhaus haben«, schlug Angela vor. »Das sind ja nur fünf Personen.«
»Eine gute Idee«, stimmte David ihr zu. Genau wie Angela fand auch er die Informationen über die Straftaten der Verdächtigen am interessantesten. Besonders schockiert war er, als er las, daß Clyde Devonshire nicht nur wegen einer Vergewaltigung im Gefängnis gesessen hatte, sondern daß er auch in Michigan einmal verhaftet worden war, weil er vor dem Haus des Selbstmord-Assistenten Jack Kevorkian herumgelungert hatte. Beihilfe zum Selbstmord und Euthanasie - das waren zwei Dinge, die sich zumindest in philosophischer Hinsicht auf ähnliche Weise rechtfertigen ließen. David fragte sich, ob Devonshire der »Todesengel« war, nach dem sie suchten.
Ebenso überraschte es ihn, daß Peter Ullhof sechsmal während diverser Protestaktionen vor einer Beratungsstelle für Familienplanung festgenommen worden war; außerdem hatte man ihn dreimal eingesperrt, weil er einen Arzt angegriffen hatte, um ihn daran zu hindern, eine Abtreibungsklinik zu betreten.
»Das ist ja interessant«, sagte Angela plötzlich. »Unsere fünf Hauptverdächtigen waren alle bei der Marine, einschließlich Claudette Maurice. Ist das nicht ein Zufall?«
»Vielleicht haben sie deshalb alle Tätowierungen«, bemerkte David.
»Ich hatte eigentlich damit gerechnet, daß Calhoun sich inzwischen mal gemeldet hätte«, sagte Angela. »Ich brenne schon den ganzen Tag darauf zu erfahren, was er von diesen Informationen hält. Vor allem frage ich mich, was er wohl zu Clyde Devonshire sagen wird.«
»Calhoun ist gerne sein eigener Herr«, entgegnete David. »Er hat doch gesagt, daß er sich melden würde, wenn er uns etwas mitzuteilen hätte.«
»Ich rufe ihn jetzt an«, sagte Angela. »Schließlich haben wir ihm einiges zu berichten.« Als Angela Calhouns Nummer gewählt hatte, schaltete sich der Anrufbeantworter ein. Sie beschloß, ihm keine Nachricht zu hinterlassen.
»Weißt du, was mich bei diesen Leuten wirklich überrascht?« bemerkte David, während Angela den Telefonhörer wieder auflegte. »Sie haben alle ständig ihre Arbeitsstellen gewechselt.«
Es war Zeit, Nikki bei ihrer Atemtherapie zu helfen. Nachdem Angela sie ins Bett gebracht hatte, kam sie zurück und schaute David über die Schulter. Plötzlich schnappte sie nach dem Blatt, das David gerade auf dem Stapel von Werner van Slyke ablegen wollte.
»Schau dir das mal an«, sagte sie. »Van Slyke war nur einundzwanzig Monate bei der Marine.«
»Na und?« sagte David.
»Findest du das nicht ungewöhnlich?« entgegnete Angela.
Weitere Kostenlose Bücher