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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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ist.«
    »Es macht keinen Sinn!«, widersprach Knobel. »Wenn Sebastian tatsächlich tot sein sollte, wäre er länger tot als Esther van Beek. Sebastian ist, wie es aussieht, länger verschwunden als der Tod seiner Tante im Wohnstift Augustinum zurückliegt. Also hätte Gregor seinen Bruder Sebastian alleine beerbt und wäre nach Esthers Tod sogar deren Alleinerbe. Etwas Besseres kann Gregor doch gar nicht passieren! Nichts hätte unser raffgieriger Gregor Pakulla lieber als den kompletten Nachlass seiner Tante!«
    »Eben!«, sagte Marie wieder.
    »Aber er konnte mit Esthers Tod doch nicht kalkulieren«, hielt Knobel dagegen. »Esthers baldiger Tod war in den letzten Wochen oder Monaten ihres Lebens, insbesondere nach dem Schlaganfall, absehbar, aber vorher war sie doch in einem ordentlichen Zustand. Sie war blind, ja. Aber nichts deutete auf einen baldigen Tod hin. Sie hätte auch 100 Jahre alt werden können. Und sie ist ganz eindeutig eines natürlichen Todes gestorben.«
    »Es könnte natürlich Sinn machen, wenn Gregor Pakulla ohnehin noch mit einer längeren Lebenszeit von Esther gerechnet hat. Dann wäre ein rasches Verschwinden von Sebastian aus Sicht seines Bruders geboten, um das lange ›Todeserklärungsverfahren‹ schon mal einzuleiten, um dann nach Esthers späterem Tod zügiger voranschreiten zu können«, argumentierte Marie.
    »Aber dazu passt überhaupt nicht, dass Sebastian zu einem Zeitpunkt Esther im Wohnstift Augustinum aufgesucht hat, oder zumindest bei Frau Klingbeil war, als es Esther gesundheitlich bereits sehr schlecht ging und man zu diesem Zeitpunkt tatsächlich mit deren baldigem Tod rechnen konnte. Jetzt noch Sebastian umzubringen und sich den langen Fristen des ›Todeserklärungsverfahrens‹ auszusetzen, hätte aus Gregor Pakullas Sicht überhaupt keinen Sinn gemacht.«
    Marie nickte. Das passte wirklich nicht zueinander!
    »Wir verrennen uns in eine Geschichte«, meinte Knobel, »und ich sehe ja auch die Ungereimtheiten im Verhalten von Gregor Pakulla. Aber ich muss nach wie vor sagen: Alle seine Verhaltensweisen können auch schlüssig mit der Sichtweise begründet werden, mit der er selbst sein Verhalten erklärt. Nichtsdestoweniger: Ich werde ihm natürlich gründlicher auf den Zahn fühlen!«
    »Vielleicht stellst du deine Fragen noch zurück«, bat Marie.
    »Zuerst schaust du mal hierher«, und sie setzte sich selbst an den Computer, löschte das auf dem Bildschirm noch sichtbare Verschollenheitsgesetz, tippte eine andere Internetadresse ein, und es erschien ein Bild mit breiten nach hinten aufsteigenden Steinstufen, links und rechts Bruchsteinhäuser mit teils verschlossenen grünen Fensterläden, auf den Treppenstufen Blumenkübel aus Ton, darin Geranien oder an den Hauswänden hochrankende Grünpflanzen.
    »Was ist das?«
    » Fornalutx «, antwortete Marie, »und das liegt oberhalb von Sóller .«
    Das Bild wechselte, es erschien eine Bucht mit tiefblauem Wasser, am Ufer im Hintergrund ein Städtchen, dahinter zunächst sanft aufsteigend grüne Hänge, die dann in schroffe Felsmassive übergingen.
    » Port de Sóller «, erklärte sie. »Oder wir schauen uns mal hier um …«
    Erneuter Tastendruck, anderes Bild. Rechts türkis und kobaltblau das Meer, links terrassenförmig den Berg erklimmend streifenförmige braune Gärten oder Felder, deren Abtreppungen ellipsenhaft dem natürlichen Geländeverlauf folgten.
    » Banyalbufar . Ein arabischer Name, der für Der kleine Weinberg am Meer steht. Und damit du weißt, worum es geht, letzte Ratechance bei diesem Bild …«
    Dann sah er die Kathedrale von Palma in abendlicher Stimmung, vor ihr viele hohe Palmen, darin versprenkelt gelb-grüne Punkte unzähliger Lampen, hinter der Kathedrale ein violett schimmernder Himmel.
    »Mallorca«, stellte er fest.
    »Und jenseits der Gebrüder Pakulla, dachte ich, sollten wir uns ein paar Tage auf dieser wunderschönen Insel gönnen. Gerade jetzt, zu Ostern …«
    »Das ist in zwei Wochen.«
    »Ja. Und wahrscheinlich werden viele über die Ostertage dorthin fliegen und die Billigflüge ab Dortmund gar nicht mehr so billig sein. Aber es wäre unser erster kleiner Urlaub, wenn auch nur für ein paar Tage, vielleicht von Gründonnerstag bis zum Dienstag danach.«
    Knobel hatte über die Gestaltung der Ostertage noch gar nicht nachgedacht. Wie immer, flogen Feiertage, die für Kurztrips ideal waren, auf ihn zu, ohne dass er für diese Tage etwas Besonderes plante. Die Aussicht, an Weihnachten

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