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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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viel«, befand Löffke, wobei er in das Innere des Möbelwagens kletterte, sich keuchend aufrichtete, in seine Anzugtasche griff und sich eine Zigarette anzündete.
    »Wir müssen irgendwas tun!«, meinte er. »Kollege Knobel ist ja bis zum frühen Nachmittag bei Gericht.«
    »So lange kann ich nicht warten! Ich muss noch weiter zu einem Umzug nach Hörde«, erklärte der Fahrer.
    »Und Knobels neue Adresse?«, fragte der Senior.
    »Ändert nichts an unserem Problem.« Löffke tat einen tiefen Zug. »Erstens kennen wir die Adresse nicht, zweitens haben wir keinen Schlüssel, drittens können wir sowieso nicht ohne Knobel irgendetwas tun.«
    »Was wird jetzt?« Der Möbelwagenfahrer blickte ungeduldig auf seine Armbanduhr.
    »Notfalls in das Konferenzzimmer«, schlug Löffke vor. »Wir müssen helfen! Die Sachen können unmöglich zurück. Kollege Knobel braucht doch insbesondere seine Kleidung!«
    »Nur für heute. Spätestens morgen muss alles wieder raus!«, entschied Dr. Hübenthal und kehrte energischen Schrittes wieder ins Haus zurück.
    Löffke kletterte aus dem LKW und winkte die Helfer des Spediteurs herbei.
    »Mir nach!«, rief er, bemerkte aus den Augenwinkeln die neugierigen Blicke der anderen Anwälte und Sekretärinnen im Haus. Und Löffke marschierte den kurzen Weg zur Eingangstür, setzte die schwere Eichentür fest, schritt am Empfang vorbei durch den marmorgefliesten Flur zum Konferenzzimmer, blickte in die rechts und links des Weges gelegenen Sekretariate und erklärte immer wieder:
    »Es ist nichts! Kollege Knobels persönliche Sachen finden hier bis morgen eine Bleibe.
    Nichts Außergewöhnliches! Arbeiten Sie ruhig weiter!«
    Dann wandte er sich zu den Möbelpackern um.
    »Die Möbelstücke in das Konferenzzimmer, Unterwäsche und andere Kleidung in Herrn Knobels Büro, Zimmer 102!«, wies er an, positionierte sich im Flur, beäugte, was an ihm vorbeigetragen wurde und bestimmte, was wohin gehöre. Am Ende präsentierte der Möbelwagenfahrer die Rechnung.
    »Wir treten natürlich in Vorlage«, erklärte Löffke, legte die Rechnung dem Bürovorsteher vor und bat ihn, eine entsprechende Überweisung zu tätigen. Dann durchmaß Löffke ein letztes Mal den Flur im Erdgeschoss und klatschte dabei laut in die Hände.
    »Und jetzt ist wieder Ruhe hier!«, rief er aus. »Alles ist normal! Nichts ist passiert!«
     
    Als Knobel um halb drei wieder in der Kanzlei erschien, fing ihn Frau Klabunde ab und zog ihn in ihr Sekretariat. Auf ihrem Schreibtisch lag die Rechnung des Spediteurs. Knobel registrierte sie nicht als solche, sondern las nur den auf ihr gedruckten leuchtend roten Werbespruch Mit uns ziehen Sie einfach um – Spedition Heinrich Kumm .
    »Ich habe Ihre Wäsche hinter Ihrem Schreibtisch sorgfältig auf dem Boden aufgeschichtet. Dann sieht man sie nicht sofort. Sie haben ja nachher noch Mandanten.«
    Und sie lächelte zaghaft.
    »Sie haben was?«
    »Die Unterwäsche ist auf dem Fußboden, hinter Ihrem Schreibtisch. Die Hemden habe ich einstweilen in die Bibliothek gelegt, soweit sie gefaltet sind. Sie liegen übereinander geschichtet in dem freien Regal. Rechts neben dem Bundesgesetzblatt. Die Hemden, die auf Bügeln hängen, befinden sich wie die Anzüge im Schrank, in dem sonst Ihre Robe hängt. Und weil da nicht viel reinpasst, sind die Hemden und Anzüge teilweise im Fotokopierraum. Sie wissen schon: Neben dem Kopierer steht noch der alte Kleiderständer, den wir früher im Wartezimmer hatten. Die Schuhe stehen auch dort. Neben den 500-Blatt-Paketen mit neuem Papier. Im Kopierraum ist es ja schön trocken. Und die Socken, ja, die Socken liegen im dem Körbchen, in dem zu Weihnachten sonst das Weihnachtsgebäck liegt, das auf Ihrem Besprechungstisch steht. Aber es sind ja saubere Socken«, fügte sie hinzu. Frau Klabunde nahm ihre Brille ab, rieb sich die Augen, und ihr fülliger Busen hob und senkte sich unter dem einsetzenden Schluchzen.
    »Ach, Herr Knobel, es tut mir ja so leid!«, und Tränen kullerten über ihre Wange. »Ich hab immer gesagt: Mein Herr Knobel und seine Lisa, das passt. Und jetzt ist alles vorbei! So etwas ist immer ein bisschen wie Sterben!«
    Knobel blickte sie verwirrt an, las stumm Spedition Heinrich Kumm , öffnete endlich die Tür zu seinem Büro und fragte:
    »Was ist das?«
    Frau Klabunde trat hinter ihn, sah die mannshohe Birkenfeige und schluchzte:
    »Ihr Bäumchen! – Sie hatten es bereits in Ihrem Studentenwohnheim in Bochum, wissen Sie noch?«
    Jetzt erst

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