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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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du?«
    »Du wirst Frau Klingbeil darauf angesprochen haben«, vermutete Knobel.
    »Ja. Und tatsächlich: Der Sebastian Pakulla, den sie gesehen hat, war klein! Ein kleiner Mensch wie unser Gregor Pakulla!«
    »Du kommst von deiner Theorie nicht los, dass mein Mandant nicht seinen Bruder sucht. Aber wenn es so ist, wie du sagst: Dann müsste ja auch früher immer ein anderer als der wirkliche Sebastian Pakulla im Wohnstift Augustinum erschienen sein. Der Besuch bei Frau Klingbeil war doch kein einmaliges Ereignis?!«
    »Doch!«, hielt Marie dagegen. »Das war es. Wir haben nur nicht die Zusammenhänge durchschaut! Erinnere dich: Sebastian erschien erst zu einem Zeitpunkt im Augustinum , als er seine Tante mit glaubhafter Erklärung nicht mehr besuchen konnte. Der springende Punkt ist, dass er Tante Esther zu diesem Zeitpunkt nicht, wie er behauptete, gar nicht besuchen konnte , sondern dass er sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr besuchen wollte . Es war eine ungünstige Situation, dass infolge des Schlaganfalls von Esther van Beek Sebastian Pakulla vom Pflegepersonal nun selbst in das Augustinum gebeten wurde. Und damit es nicht zu der unliebsamen Konfrontation kam, Esther war zwar blind, aber das Pflegepersonal kannte den wirklichen Sebastian von seinen früheren Besuchen her, wurde der Besuch so gelegt, dass kein Kontakt mit dem Pflegepersonal zu befürchten war. Der große Unbekannte, von dem ich behaupte, dass es dein Mandant Gregor Pakulla ist, suchte Esther van Beek gar nicht erst auf, sondern ging gleich zielgerichtet zu Frau Klingbeil. Erinnere dich, dass sich Frau Klingbeil selbst darüber wunderte, dass der vermeintliche Sebastian noch Blumen geholt hatte, gleichwohl er nach seinen eigenen Angaben gar nicht mehr laufen konnte. Natürlich konnte der Besucher noch laufen. Er hatte seine Behinderung auch nur vorgetäuscht, um eine Erklärung dafür zu haben, warum er zu keinem früheren Zeitpunkt im Augustinum erscheinen konnte.«
    »Aber sie kennt doch Sebastian«, warf Knobel ein.
    »Das war unsere Annahme, aber sie war falsch! Frau Klingbeil hat das jetzige Zimmer erst kurz vor Esthers Schlaganfall bezogen. Sie wohnte bis dahin eine Etage tiefer. Mit Esther hat sie sich schon vor rund einem Jahr angefreundet, und wie Frau Klingbeil eben ist, wurde die Freundschaft schnell intensiver. Deshalb redet sie von Esther auch so, als würden sie sich schon viele Jahre lang kennen. Aber sie hatte Sebastians Besuche bei Esther van Beek nie miterlebt. Da wohnte sie noch eine Etage tiefer. Sie kannte ihn nur aus Esthers Schilderungen, und deshalb war sie umso enttäuschter, als sie den vermeintlichen Sebastian, das Menschlein im doppelten Sinne, erstmals kennenlernte.«
    Knobel blickte gedankenverloren nach vorn in die Flugzeugkabine. Die Stewards begannen, Essen und Getränke zu verteilen.
    »Du wirst Frau Klingbeil natürlich die Zeitungsartikel mit Sebastians Foto gezeigt haben«, meinte er.
    »Ja, das habe ich! Und sie war sich nicht sicher. Der Besucher in ihrem Zimmer hätte der Sebastian von dem Foto sein können – oder auch nicht.«
    »Er war es«, vermutete Knobel.
    »Erinnere dich, dass dein Mandant selber sagte, dass beide Brüder ein einfach zu gestaltendes Aussehen haben. Abgesehen von der unterschiedlichen Statur haben sie beide kurzgeschorene Haare. Allein das macht sehr ähnlich. Erinnere dich, dass Gregor Pakulla dich selbst auf diesen Umstand gebracht hat.«
    »Ja, das stimmt. Und dies macht umso wahrscheinlicher, dass Gregor Pakulla die Wahrheit sagt. Er ist durchtrieben, geldgierig, widerwärtig in mancher Hinsicht. Und gerade deswegen legt er keine Spuren, die auf ihn selbst hindeuten.«
    »Das tut er ständig!«, widersprach Marie. »Er weiß immer ein bisschen mehr als du, er leitet dich rechtlich durch den Fall, weil er immer schon über bestimmte Verfahrensweisen Bescheid weiß. Es gefällt ihm, fachkundige Ratschläge zu geben. Er ist so eitel! Mich jedenfalls hat er jetzt vollständig überzeugt: Er will an das Geld von Esther van Beek, aber er sucht niemals seinen Bruder!«
    Das Essen wurde serviert: Kühlschrankkalte Sandwichs mit Käse und trockenem Schinken, eingeschweißt in dreieckförmige Klarsichtplastikschalen, dazu 0,1 Liter Orangensaft.
    »Du hast natürlich Beweise?«
    »Habe ich«, stellte Marie zufrieden fest. »Dein Mandant war so freundlich, sie auf dein Bitten hin selbst zu liefern. Erstens: Er hat den weiteren Vorschuss gezahlt.«
    »Ich wäre froh, wenn jeder Mandant so

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