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Todesfalter

Todesfalter

Titel: Todesfalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Korber
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sauer.
    »Überhaupt, hab ich euch schon gesagt«, trumpfte Susanna auf, »dass mein Vater Maria in sein Lexikon aufnehmen will?« Ehrfürchtig deklamierte sie: »Teutsche Akademie der Edlen Bau-, Bild und Mahlerey-Künste. Da kommt sie bestimmt nicht wegen dem Türkenlouis rein.«
    »Aber auch nicht, wenn sie sich mit dem Rat der Stadt anlegt«, hielt Dorothea dagegen. Sie war verärgert, weil ihr eigener Vater noch keine sichere Zusage für einen Eintrag in das geplante Lexikon-Werk des Herrn Sandrart erhalten hatte.
    »Was meint denn Magdalena zu der ganzen Angelegenheit?«
    Mit dieser Frage brachte Maria Sibylla alle zum Verstummen. Erstaunt wandten sich die Köpfe dem jungen Mädchen zu, das als Einzige still dasaß und aus dem Fenster starrte. Sie war die letzten Tage so schweigsam gewesen, dass man sich schon fast daran gewöhnt hatte, sie nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen.
    »Magdalena?«, wunderte Dorothea sich denn auch. »Was sollte sie da zu sagen haben?«
    Maria legte ihre Stoffplanen endgültig beiseite. »Nun, zum Beispiel, warum sie mich auf den Verleger Hoffmann gehetzt hat«, sagte sie. »Obwohl sie doch weiß, dass er mit der ganzen Sache nicht das Geringste zu tun hat.«
    Überraschte, empörte Ausrufe antworteten ihr. Nur Magdalena, den Blick auf die Scheiben geheftet, blieb stumm.
    Dorothea fasste sich als Erste. Mit dem für sie typischen Temperament sprang sie auf und schüttelte die Gefährtin an der Schulter. »Stimmt das?«, rief sie. »Was soll das?« Sie schüttelte das Mädchen heftiger. »Jetzt spiel hier nicht die Scheintote.«
    »Magdalena«, mischte Maria sich ein, sanft, aber bestimmt. »Warum wolltest du, dass ich auf eine falsche Spur gerate?«

28
    Endlich schlug Magdalena die Hand ihrer Freundin weg. »Lass mich in Ruhe.«
    »Den Teufel werd ich tun«, empörte Dorothea sich, zog sich aber zurück. »Uns hier so in Schwierigkeiten zu bringen. – Maria mein ich.«
    »Keine Gottlosigkeiten.« Rasch bekreuzigte Barbara sich dreimal. Dann wandte sie sich an Maria. »Weißt du von meinem Papa, dass Hoffmann nicht als Mörder infrage kommt?«
    Maria schüttelte den Kopf. »Nein, und das sagt mir, dass sie es ihm im Rat durchaus zutrauen. Es schert ihn bloß nicht. Aber das nur nebenbei.«
    Barbara schob die Unterlippe vor. Sie hatte das vage Gefühl, sich beleidigt fühlen zu sollen, wusste nur nicht genau, weswegen.
    »Mädels«, Maria Sibylla stützte sich mit den Händen auf den Knien ab und stand auf. »Ich muss euch was sagen: Ich habe gestern Angst gehabt. Angst wie noch nie in meinem Leben.«
    Susanna seufzte und legte sich die Hand aufs Herz. Dorothea stieß sie schmerzhaft mit dem Ellenbogen. Aber auch sie biss sich auf die Lippen, und selbst Clara sah kleinlaut drein.
    »Angst vor allem Möglichen«, fuhr Maria fort, »vor Armut, vor Schande, vor Mördern und Verfolgern, vor dem Feuer. Am Ende sogar vor meinen eigenen geheimsten Wünschen.«
    Die Augen der Mädchen wurden größer.
    »Und wo hat es mich hingebracht?« Maria Sibylla breitete die Arme aus. »Nirgendwohin«, beantwortete sie sich selbst die Frage. »Absolut nirgendwohin. Ich habe deshalb beschlossen, in Zukunft keine Angst mehr zu haben.«
    »So einfach geht das?«, fragte Barbara ungläubig.
    Maria lächelte. »Es ist jedenfalls ein Anfang. Hoffe ich.« Sie wandte sich wieder Magdalena zu. »Und?«, fragte sie.
    »Nichts und« ,gab diese sich bockig. Als niemand etwas sagte, fügte sie hinzu: »Es ist das, was ich gehört habe.«
    »Ich habe mit deiner Mutter gesprochen, Magdalena.«
    Bei diesem Satz hob das Mädchen den Kopf.
    »Sie sagt, dass Beata freiwillig von euch weggegangen ist, um bei ihrer Mutter als Lehrling anzufangen. Die Gebhardin hat das ja auch behauptet. Und dass es bei Beata nie Liebschaften gegeben hat.«
    Maria sah das böse Aufblitzen in Magdalenas Augen und vermutete, dass das Mädchen etwas über Andreas wusste. »Mit Ausnahme meines eigenen Mannes natürlich. Ich meinte: keine Liebschaften bei euch«, fuhr sie laut und deutlich fort. Es hatte keinen Sinn, sich am Ende vor der Wahrheit zu fürchten. »Hat dich das auf die Idee gebracht, sie zu beschuldigen, Magdalena?«
    »Sie war kein guter Mensch.« Zum ersten Mal seit langem lachte Magdalena wieder, wenn auch gequält. »Im Grunde hatte ich recht. Sie war ein kaltes Miststück.«
    Clara schüttelte den Kopf. »Geschichten sind nicht wahrer als die Wirklichkeit«, sagte sie in belehrendem Ton. »Stell dir vor, die Lehrlinge bei euch

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