Todesfee
davor zurück, auf Declan loszugehen.
»Declan!« Fidelma war im Stillen empört über das Benehmen ihres Kollegen. »So benimmt sich kein Brehon.«
Declan erstarrte einen Moment; sein Gesicht war verkrampft, sein Mund zusammengekniffen. Dann entspannte er sich wieder.
»Ich entschuldige mich, Fidelma.« Er wandte sich um und lächelte, wenngleich dieses Lächeln ohne Wärme war. »Ich bin wohl kein sehr guter Brehon. Aber das ist auch eine Familienangelegenheit, und mein Vetter Talamnach liegt hier tot am Boden.«
Fidelma nickte.
»Deshalb muss ich nun den Rest der Untersuchung übernehmen. Du bist zu befangen und kannst in deinem Urteil nicht unparteiisch sein.«
Declan presste die Lippen aufeinander und zuckte dann die Achseln.
|225| »Mach weiter.« Der Brehon ging zu dem leeren Stuhl, auf dem Talamnach gesessen hatte, und nahm mit erwartungsvoller Miene Platz.
Fidelma wandte sich an den Stammesfürsten. »Ich glaube, in diesem Stadium und mit deiner Erlaubnis, Cúan, können deine Krieger die Leiche von Talamnach wegbringen.«
Der Stammesfürst bedeutete einem der Männer, dass dies geschehen möge.
Die Leute im Saal wurden unruhig.
»Selbach, noch ein paar Fragen, wenn es recht ist«, begann Fidelma erneut. »Etwas interessiert mich. Es steht nur ein Amt zur Verfügung, über das die
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entscheiden sollten. Was für einen Kompromiss wolltest du mit Talamnach eingehen?«
»Ich trug ihm an, falls er meine Kandidatur unterstützte, würde ich als Stammesfürst ihn als meinen Nachfolger vorschlagen.«
Aus einigen Teilen des Saals hörte man die Leute hörbar nach Luft schnappen.
Cúans Gesicht verzerrte sich vor Wut.
»Hoffst du so bald auf mein Ableben, Bruder?«, fragte er drohend. »Du bist zwar jünger als ich, aber nur ein Jahr. Wann hast du erwartet, Stammesfürst zu werden, wenn du zu meinem Nachfolger gewählt worden wärst?«
Selbach war keineswegs beschämt.
»Meines Wissens ist das Alter kein Grund, jemandem dieses Amt zu versagen, Bruder«, entgegnete er.
Declan blieb auf seinem Platz sitzen, sagte jedoch mit vorwurfsvoller Stimme: »Das ist richtig, Selbach. Aber ich glaube, viele hier werden ihre Schlüsse ziehen.«
Verärgert meldete sich Fidelma zu Wort.
»Wir werden hier erst dann Schlüsse ziehen, wenn wir die Fakten kennen und die Wahrheit daraus ableiten können. |226| Selbach hat offen seine Meinung dargelegt, wenngleich es seinen Zielen zuträglicher gewesen wäre, er hätte es nicht getan. Warum hat Talamnach das Vorzimmer verlassen?«, fragte sie plötzlich, wieder an Selbach gewandt.
Der Bruder des Stammesfürsten zuckte die Achseln.
»Ich fürchte, das ist kein großes Geheimnis. Ein menschliches Bedürfnis veranlasste ihn dazu. Aber es war klar, dass er meinen Kompromissvorschlag nicht in Erwägung ziehen würde, also ging ich. Wie gesagt, zu diesem Zeitpunkt waren Augaire und seine Mutter und mein Vetter, der Brehon, im Raum.«
»War dir der Met aufgefallen?«
»O ja. Als der Diener, Muirecán, ihn auf den Tisch stellte, schnappte sich Augaire einen Becher.«
Fidelmas Augenbraue hob sich leicht.
»Hat er daraus getrunken?«
»Gott sei Dank nicht!«, wieherte Augaire, und seine Freunde lachten ebenfalls. »Ich glaube, sogar deine Beobachtungen werden ergeben, dass ich noch lebe,
dálaigh
.«
»Auf die Frage, ob man dein Dasein Leben nennen kann, möchte ich jetzt nicht eingehen, junger Mann«, fauchte Fidelma. »Mir scheint, es besteht eher aus Liederlichkeit als aus echtem Leben. Du scheinst jedoch sicher gewesen zu sein, dass der Met bereits vergiftet war, als er im Vorzimmer auf den Tisch gestellt wurde. Kannst du dein Wissen mit uns teilen? Woher wusstest du, dass er vergiftet war?«
Augaire errötete.
»Ich wusste es nicht. Ich … ich nahm es an.«
Fidelma lächelte zynisch.
»Ah, eine Annahme? Deine Versuche, Mutmaßungen anzustellen, kennen wir ja bereits, nicht wahr?« Dann fragte sie scharf: »Warum hast du den Met nicht getrunken, obwohl du den Becher zur Hand nahmst?«
|227| »Ich habe ihn davon abgehalten«, sagte Berrach mit fester Stimme.
»Aus welchem Grund?«
Das Gesicht der Frau war noch immer ausdruckslos. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, Fidelma anzusehen.
»Der Grund ist ganz einfach. Der Met war, wie es Sitte ist, für meinen Mann und seinen künftigen
tánaiste
bestimmt. Und außerdem …«
»Und außerdem?«, hakte Fidelma nach, als Berrach verstummte.
»Außerdem hatte mein Sohn meiner Meinung nach bereits zu
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