Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Backert
Vom Netzwerk:
leise. »Schon gar nicht über meine tote Tänzerin!« Ärgerlich drehte sie sich weg, blickte mit verschränkten Armen zum Fenster hinaus. Im einfallenden Licht sah Charly die unzähligen kleinen Fältchen, die sich um ihre Lippen gruben. Der klassische Tabaksbeutelmund …
    »Dr. Langenau?«, fragte er, einer plötzlichen Eingebung folgend. »Wie stand Kim zu ihrem Vermieter?«
    »Fragen Sie ihn doch selbst.«
    Charly schaltete einen Gang höher. »Die Tatnacht, Frau Henderson, Freitag auf Samstag – wo waren Sie da zwischen eins und vier?«
    Fassungslos fuhr sie herum. »Was erlauben Sie sich!« Ihre dunkelgrauen Augen funkelten bitterböse. »Eine unglaubliche Frechheit ist das! Was unterstellen Sie mir da? Ich bin Chefchoreografin des Landestheaters, ich war neun Jahre an der Bayerischen Staatsoper, ich habe jetzt eine bundesweite Gedenkminute bei allen Ballettaufführungen am kommenden Wochenende erreicht! Wir werden in Coburg eine große Mahn- und Gedenkaufführung inszenieren – Don’t kill butterflies! –, wir drucken dafür auf eigene Kosten Pins und Flyer, und Sie verdächtigen mich allen Ernstes …«
    »Ich verdächtige nicht!«, unterbrach Charly scharf. »Noch nicht! Ich stelle nur eine wichtige Frage. Wo waren Sie Samstag früh zwischen eins und vier?«
    »Das kann ich Ihnen genau sagen«, ertönte hinter ihm eine Stimme. Ein hagerer Mann im offenen Trenchcoat stand in der Tür, Ende fünfzig, Halbglatze, leichter Bauchansatz. »Um diese Zeit waren Nora und ich im Bett und schliefen … Guten Tag, Henze mein Name.«
    »Professor Claus-Olaf Henze«, präzisierte Nora kühl. »Mein Lebensgefährte, Vorsitzender des Coburger Theaterkreises und stellvertetender Geschäftsführer des Ballettforums Franken.«
    »Dann kannten auch Sie Kim LaYoung persönlich?«, fragte Charly interessiert.
    Henze nickte knapp. »Allerdings.«
    »Was hielten Sie von ihr?«
    Henze blinzelte durch seine Brillengläser zu Nora und wieder zurück.
    »Also, wenn Sie meine ganz persönliche Einschätzung hören wollen …« Er sprach unangenehm feucht, mit leicht rheinischem Zungenschlag.
    »Will ich.«
    »De mortuis nihil nisi bene …« , seine blaugrauen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, »aber diese Kim war zu Lebzeiten in der Tat eine schwierige, eine … allürenbehaftete Person!«
    »… und dann socht der noch, sie war eine allürenbehaftete Person!«, zitierte Charly genüsslich und kratzte mit seinem Messer den letzten Rest Hausmacher-Presssack aus der Dose, die von Löhleins Geburtstagsfeier übrig geblieben war.
    »Was wissen wir über diesen Henze, Schnauzer?«
    »Völlig unauffällig bisher. Kam vor einigen Jahren aus Düsseldorf nach Coburg, war Privatdozent und lebt von ein paar ererbten Immobilien. Henze ist auch im Vorstand des Kunstvereins. Wird von verschiedenen Seiten als heißer Stadtratskandidat gehandelt.«
    Charly biss langsam in sein Presssackbrötchen. Am Fenster ganz hinten im Raum lehnte Barbara Antlkofer und sprach leise in ihr Privathandy. Schon wieder. Dazu dieser unerträglich verträumte Blick, das sanfte Lächeln – wie konnte sich die taffe Profilerin so gehen lassen, dachte Charly verdrossen. Bist schließlich auch schon über vierzig …
    Und der Presssack war auch schon mal besser. Löhlein, der alte Geizhals, hatte sicher wieder Wochen gebraucht, um die billigste Metzgerei in ganz Oberfranken ausfindig zu machen und sie den Kollegen hinterher als »echten Geheimtipp!« zu verkaufen. Missmutig stand er auf und entsorgte den plötzlich unappetitlich gewordenen Brötchenrest im Treteimer unter dem Waschbecken.
    Ein ganz bestimmtes Farbfoto auf der großen Fotowand zog ihn immer wieder magisch an: Die Shibari-Fesselung der toten Kim LaYoung als Nahaufnahme. Grübelnd blieb er davor stehen, verschränkte nachdenklich die Arme.
    Was verbarg sich hinter den exotischen Verknüpfungen? Verknotungen … Knoten … erst als stützende, tragende, helfende Elemente … die dann immer schmerzhafter einengten … abschnürten … verletzten … Knoten für Knoten stieg die Spannung des Seils … körperliche Proportionen wurden immer stärker betont … herausgearbeitet … immer mehr Macht gewann der Täter über sein Opfer … bis zu seiner völligen Zerstörung …
    »Scheiß-Telefon! Ja, ich komm ja schon! … Herrmann.«
    »Tag, Herr Kollege. Kripo Schweinfurt hier, Gerald Heym. Wir haben seit gestern einen ganz merkwürdigen Fall, eine Schwerverletzte mit einer fernöstlichen Fesselung

Weitere Kostenlose Bücher