Todesfessel - Franken-Krimi
mich alles an … hat mich irgendjemand hier erkannt? Er zwang sich zur Ruhe.
Niemand kann mich erkennen, ich laufe ja wie einer von ihnen herum … Verletzt! Sie ist nur verletzt! Sie lebt noch!
Wie kann das sein, das darf nicht sein! Er ballte die Faust, seine Fingernägel gruben sich tief in seine Hand. Ich muss meine Sache viel besser machen, ich darf nicht so plump und überhastet agieren: entspannt und überlegt, grazil und elegant … und dann noch viel mehr Genuss daraus ziehen! Lieber langsam, bei lebendigem Leib dahinsiechen und verrotten lassen … Das ist wahre Macht, erst das ist der endgültige Triumph über sie …
Er starrte durch die offene Tür auf die Straße und musterte die Männer; typisch plumpe, unbeholfene, lächerlich primitive Männer … und ihre Begleiterinnen: so anbetungswürdig feminin, so unerreichbar anders … und genau deshalb so hassenswert, so unvergleichlich arrogant und überheblich!
Ja, ihr kennt eure heimliche Macht … ihr genießt es, wie bereitwillig sich die Männer immer wieder euren uralten Regeln unterwerfen … aber ich durchschaue euch, denn ich kann in eure Haut schlüpfen … ich bin genauso perfekt wie ihr!
Donnerstag
09:10 Uhr – SOKO Franken, Lageraum
»Horrido, Kollegen! Euer Tipp-Einsatz fürs Wochenende bitte!«
Mit rotgesichtiger Fröhlichkeit walzte PHM Welsch, genannt »Fässla«, ungeniert in den Lageraum, unter dem Arm die schwarze Mappe »Eilt! Sofort weitergeben!«.
Charly runzelte die Stirn. »Wieso denn, Bundesliga pausiert doch am Wochenende?«
»No, souch amoll, du lebst doch wirklich hinterm Mond! Wer spricht denn an dem Wochenende noch von Fußball, Basketball ist Thema Nummer eins! Showdown in der Frankenhölle, der FC Bayern erobert in Bamberg die Tabellenführung!«
»Also, Richard, dass ausgerechnet du als dübbischer Franke diese Münchner Millionarios so unterstützt«, ereiferte sich Tom.
Fässla stemmte den Arm in die Seite und lachte. »Ja, maanst denn du, deina Brose Baskets spiel’n für a Schlenkerla und a guda Brotzeit?«
»Ned so, Richard, ned so! Deine Bayern ham scho die Fußball-Bundesliga kabuddgekaaft, des derf ned aa noch im Basketball bassier’n!«
»Kabuddkaaft, wenn ich des immer hör! Der FC Bayern is Deutscher Rekordmeister, aus eigener Kraft und mit weitem Vorsprung vor euch Glubberern!«
Tom und Charly lachten gleichzeitig spöttisch auf. »Etz bass amoll auf, Richard: Der 1. FC Nürnberg is immer noch amtierender Deutscher Rekord-Rekordmeister ! Zweiundsechzig Jahre lang war der Club Deutscher Rekordmeister, des erreichen deina Bayern frühestens 2048!«
»Der Hoeneß is fei dann scho sechsundneunzig«, spöttelte Tom.
»Und der Beckenbauer hundertdrei. Merk dir des!«, schob Gerald Heym vom Nebentisch hinterher.
»Hobt’s ihr eigentlich koane ander’n Probleme?« Barbara Antlkofer stand ärgerlich von ihrem Schreibtisch auf und nahm dem verdutzten Fässla die Mappe aus der Hand. »I regel des scho, Richard; mia Bayern miass’n do z’sammhoid’n!« Sie zwinkerte ihm charmant zu und schob ihn sanft wieder zur Tür hinaus.
»Genial, Bärbel – das war jetzt die Quadratur des Kreises!«, kommentierte Tom sarkastisch.
»Wieso?«
»Altbayerisch und charmant zugleich!«
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu, streckte sich kurz und wandte sich wieder ab.
Was für wunderschöne Titten, dachte Charly, starrte auf ihre enge weiße Bluse und spürte, wie Erinnerung und Phantasie urplötzlich zu unbezähmbarer Lust in ihm heranwuchsen.
Im nächsten Moment war sie, nichtsahnend, schon wieder hinter ihrem Laptop verschwunden.
»Wos woin’s … wos wuisd denn jetzt scho wieda?« Antlkofers Laune wurde minütlich schlechter.
Charly schaltete auf stur.
»Bitte einen kurzen Überblick zum aktuellen Sachstand der fallanalytischen Überlegungen. Ich will einen spontanen Input, einen kreativen Impuls hier für unseren Kreis!«
Sie biss sich kurz auf die Unterlippe, um dann übergangslos in kühlem, fast akzentfreiem Hochdeutsch fortzufahren.
»Ausgangspunkt: Selber Täter in Coburg und Schweinfurt. In beiden Fällen wissen wir noch nichts Näheres über das Vor-Tat-Geschehen; wir wissen auch nicht, ob er die beiden Tänzerinnen persönlich kannte und wie er an die Tatorte gelangt ist, ob gemeinsam mit seinen Opfern oder ob er ihnen dort bereits auflauerte, Stichwort: Schlüsselfrage, oder ob er ihnen gefolgt ist. Als Handschrift des Täters fällt zum einen diese Shibari-Geschichte auf: eine
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