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Todesfeuer

Todesfeuer

Titel: Todesfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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»Kannten Sie ihn nicht näher?«
    »Ich habe ihn sicher gesehen, wenn er mit Desi nach Hause kam, aber er fiel mir nicht weiter auf. Desi war beliebt, deshalb waren immer irgendwelche Kids da. Und als es zu dem Brand kam, war ich auf dem College.«
    »Nicht in der Stadt?«
    »Nein, auf der University of Washington«, sagte sie. »Geographisch nicht weit weg, aber ich war mit meinem eigenen Leben beschäftigt.«
    »In der Akte über den Brand wird Van als einer von Desis Wanderfreunden genannt.«
    »Dann war er’s vermutlich auch.«
    »Hat man in Ihrer Familie über den Brand gesprochen?«
    »Vermutlich haben wir darüber geredet, es war dort eine große Sache. Aber wie schon gesagt, habe ich damals nicht zu Hause gewohnt.«
    Ricki Flatt sog die Lippen nach innen, kämpfte mit den Tränen. Milo legte seine Hand auf ihre. Sie verlor den Kampf und schluchzte los.
    Statt ihr ein Taschentuch zu reichen, tupfte er die Tränen ab.
    »Jetzt bin ich eine Verräterin«, sagte Ricki Flatt. »An wem, Ricki?«
    »An meiner Familie. Ich habe gerade gelogen. Wir haben nicht über den Brand geredet. Man sollte nicht darüber reden. Niemals.«
    »Haben Ihre Eltern das gesagt?«
    »Eine unausgesprochene Regel, Lieutenant. Ich wusste einfach, dass man nicht darüber reden sollte. Das war bei meinen Eltern so üblich. Deswegen hatte ich immer den Verdacht, dass Desi etwas damit zu tun hatte.«
    »Derlei Geheimnisse«, sagte Milo, »die gibt es in jeder Familie. Aber nur weil Sie ehrlich sind, sind Sie noch keine Verräterin. Jetzt nicht, so viel steht fest.«
    Schweigen.
    »Sie wollen Gerechtigkeit für Desi, Ricki. Hätten Ihre Eltern damit Probleme?«
    Keine Antwort.
    »Wäre das so, Ricki?«
    Langsames Kopfschütteln.
    »Erzählen Sie mir, was Sie wissen.«
    »Ich weiß gar nichts«, sagte sie. »Ich habe nur so ein Gefühl. Schon immer.«
    »Abgesehen davon, dass Ihre Eltern die Sache stillgeschwiegen haben, weshalb hatten Sie dieses Gefühl?«
    »Zunächst mal wegen Desis Büchern. Er hatte diese Subkulturbücher in seinem Zimmer. Wie man sich selber Waffen bastelt, wie man untertaucht, seine Identität verbirgt, Rachemethoden. Das Anarchist Cookbook. Ein ganzes Regal davon, über seinem Computer.«
    »Ihre Eltern waren damit einverstanden?«
    »Was ich Ihnen gesagt habe, stimmt. Mom und Dad ging es vor allem darum, dass wir von uns aus einen Sinn für Moral entwickeln. Einmal habe ich allerdings gehört, wie Vater sich darüber ausgelassen hat. Als Feuerwehrmann hat er immer noch Wert auf Recht und Ordnung gelegt. Ich habe mitgehört, wie er zu Desi gesagt hat, in anderen Gesellschaften würden diese Bücher als subversiv gebrandmarkt, worauf Desi antwortete, dass diese Gesellschaften den Untergang verdienten, weil Meinungsfreiheit das Entscheidende sei. Und Dad meinte daraufhin, dass Meinungsfreiheit wichtig sei, aber dann aufhöre, wenn jemand einen Faustschlag ans Kinn bekomme. Desi beendete die Auseinandersetzung so wie immer. Indem er auf liebenswürdig machte. >Du hast völlig recht, Pops.< Dad lachte, und das Thema kam nie wieder zur Sprache. So war mein Bruder, lauter Honig, kein Essig. Im Gegensatz zu mir hat er seine Kraft nie mit Auseinandersetzungen mit Mom und Dad vergeudet. Er war das umgängliche Kind von uns beiden.«
    »Nicht übermäßig rebellisch«, sagte Milo. »Er hat also seine subversiven Bücher behalten.«
    »Und seine Ausklappbilder aus dem Hustler, egal, wie gynäkologisch sie waren und wie sehr sich Mom als Feministin betrachtete. Und sein Che-Poster und alles andere, was er wollte. Ich bin mir sicher, dass Mom und Dad sich niemals vorgestellt haben, dass er mit diesen Büchern irgendetwas anderes gemacht hat, als sie zu lesen.«
    »Bis zu dem Brand.«
    »An dem Wochenende nach dem Brand war ich zu Hause. Habe meine Wäsche waschen lassen, selbständig, wie ich war. Mom und Dad waren auf der Arbeit, aber Desi war daheim, deshalb habe ich an seine Tür geklopft. Es hat lange gedauert, bis er aufgeschlossen hatte, und er war allem Anschein nach nicht allzu begeistert, mich zu sehen, war kein bisschen freundlich. Was seltsam war, denn für gewöhnlich haben wir uns zur Begrüßung in die Arme geschlossen. Aber diesmal wirkte er nervös, als hätte ich ihn bei irgendetwas gestört. Zuerst dachte ich, es ging um etwas Pubertäres - Sie wissen schon, was ich meine.«
    »Die Ausklappbilder aus dem Hustler.«
    »Er war siebzehn.« Sie errötete. »Dann sah ich, dass er das Zimmer völlig umgeräumt hatte,

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