Todesfeuer
Möglichkeit, den Verzehr des Fleisches von Feinden nach Kämpfen zu vermeiden, da nach kannibalistischen Siegesfeiern Krankheiten festgestellt wurden.
Ribbenthai (1969) versucht das Sutma mit buddhistischen Einflüssen in Verbindung zu bringen, doch die Anhaltspunkte für weitreichende Kontakte zwischen dem sranilesischen Animismus und dem Buddhismus sind bislang nicht nachweisbar. Wildebrand (1978) führt den Glauben auf eine allgemeine Idealisierung der Natur zurück und legt als Beweis dafür die Vormachtstellung des Salisthra vor, des Schutzgeistes des Waldes, der an der Spitze des animisüschen Pantheons steht.
Unabhängig von seinen Wurzeln hat sich das Sutma als unverwüstlich erwiesen, was in einer Zeit, in der andere animistische Elemente durch die Dominanz der monotheistischen Religionen verdrängt wurden, umso eindrucksvoller ist. Im Gegensatz zu den wesdichen Wertvorstellungen, die eine rasche Bestattung verlangen, und dem Hindu-Glauben an eine Reinigung mittels Verbrennung, muss gemäß dem Sutma jedes organische Material, das man mit Arglist, Unaufrichtigkeit oder Sündhaftigkeit in Verbindung bringt, ausnahmslos den Elementen ausgesetzt werden, damit dem Sünder ein Leben nach dem Tode zuteil wird. Obwohl es von den Stämmen der Insel Sranil nicht mehr in dem Umfang ausgeübt wird wie einst, als die geringste Anfechtung der Unsterblichkeit zu einem langen, oftmals erniedrigenden öffentlichen Zurschaustellen des Toten führte, tritt das Sutma gelegentlich noch in Erscheinung, wenn eine Gewalttat stattgefunden hat, am häufigsten in abgelegenen Dörfern, wenn deren Bewohner die Tröstung durch den Maranandi muru suchen, den alten Weg.
Milo speicherte das Dokument ab und druckte es aus. Seufzte. »Teddy bringt in dem Haus ein Mädchen um, folglich betrachtet der Sultan den gottverdammten Haufen Holz als sündiges organisches Material.«
»Er sorgt dafür, dass seinem Bruder ein Leben nach dem Tod vergönnt ist«, sagte ich.
»Teddy ist von Seiten der Familie Gerechtigkeit widerfahren?«
»Gerechtigkeit in dieser Welt, Mitleid für die nächste.«
Er suchte die Nummer von Professor MacElways Anschluss in Yale heraus, redete kurz und freundlich mit einem verblüfften Gelehrten für auffällige und abweichende Kulturkräfte.
MacElway bestätigte die Theorie: In manchen animistischen Kulturen wurden die Hütten von Mördern tatsächlich »dem Verfall« überlassen.
Milo wandte sich an mich. »Vermutlich ist der Sultan Traditionalist. Und wie passen Backer und Doreen dazu, zur Melodie von fünfzig Riesen? Was ist, wenn Backer und Doreen von jemandem dafür bezahlt wurden, damit sie das Haus niederbrennen und Teddys Himmelfahrt gefährden? Sie konnten nicht direkt an ihn rankommen, weil er entweder tot ist oder auf Sranil unter dem Schutz des Herrschers steht. Aber das Wissen um das Sutma würde zumindest teilweise eine Alternative bieten.«
»Nach dem Motto: Haltet den Mistkerl vom Himmel fern. Der Mörder ist also jemand, der an die alten Bräuche glaubt?«
»Oder auch nicht. Auf alle Fälle ist er aber jemand, der weiß, dass es die Herrscherfamilie tut. Da man sich an Teddy nicht leibhaftig rächen kann, könnte es eine psychologisch sehr aussagestarke zweite Wahl sein, wenn man ihn für alle Ewigkeit im Limbus hängen lässt. Und es würde auch erklären, weshalb sich Doreen in die Datei von Masterson gehackt hat.«
»Sie wollte Teddys Immobilie ausfindig machen, damit er für immer über dem Höllenschlund baumelt. Wenn das der Fall ist, müssen Doreen und Backer etwas über die sranilesische Kultur wissen.«
»Das ist kein Kunststück. Du hast ja auch nicht lange gebraucht, um die Grundzüge zu googeln.«
»Ach ja, das Informationszeitalter… okay, bleiben wir spaßeshalber mal an dieser Theorie dran. Jemand gibt Backer und Doreen also fünfzig Riesen, damit sie vegane Götterspeise anrühren. Aber warum haben sie den Auftrag nicht einfach ausgeführt? Warum sind sie immer wieder dorthin und haben den Bau als Liebesnest benutzt?«
»Es könnte mit Ausspähen angefangen haben«, sagte ich. »Feststellen, wo man den Sprengstoff anbringt, wie viel Zeit man braucht, um sich abzusetzen. Und wo sie schon mal da waren, beschlossen sie, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Denn das war Backers Ding: Liebe unter dem Sternenhimmel, in Gesellschaft von Sperrholz, Rigips und Armierungen. Das könnte auf seine Jugend zurückgehen. Wenn er frühzeitig als halbwüchsiger Feuerteufel
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