Todesfeuer
etwas zu sagen habe. Ich bin ja nicht irgendeine Schaulustige, ich wohne hier, verflixt noch mal.«
»Tut mir leid«, sagte Milo. »Was gibt’s, Amy?«
»Ich habe noch eine andere Frau gesehen, die ich nicht kannte. Gestern, als sie mindestens dreimal an dem Haus vorbeigejoggt ist.« Sie schnupperte die brenzlig riechende Luft. »Das ist der Wahnsinn, was ist los, Lieutenant?«
»Erzählen Sie mir von der Frau.«
»Blond, lange Haare, straff gebaut. Sie sah aus wie eine Läuferin, deshalb habe ich mir nichts dabei gedacht, aber jetzt wundere ich mich. Weil sie ständig hin und her gelaufen ist, und warum sollte man das machen, wenn es alle möglichen interessanten Strecken gibt, auf denen man laufen kann? Ich meine, über die Straße und an der Playboy-Villa vorbei oder bei Spellings altem Haus, runter zur Comstock Avenue und rund um den Park. Wieso ständig auf und ab laufen? Ich meine, das ist doch verdächtig, stimmt’s?«
»Dreimal«, sagte Milo.
»Dreimal hab ich sie gesehen, Lieutenant. Es könnte auch öfter gewesen sein. Ich war im Wohnzimmer, habe auf der Couch gelegen und gelesen. Im Allgemeinen ist es hier ruhig, deshalb fällt einem alles auf, was sich bewegt. Gestern hab ich einen großen Kojoten gesehen, der einfach vorbeigetrottet ist, als ob ihm die Straße gehört.«
»War irgendetwas an ihr seltsam?«
»Sie hat angespannt gewirkt. Aber das sind Läufer ja immer, stimmt’s? Ich hätte keinen Gedanken mehr darauf verschwendet. Aber jetzt? Was meint ihr?«
»Wir sind Ihnen dankbar, dass Sie sich gemeldet haben, Amy.«
Boxmeister nickte. »Können Sie uns noch ein bisschen mehr zu dem Aussehen der Frau sagen, Ma’am?«
»Schwarze Leggins, nackter Bauch, Sport-BH. Ganz anständiges Gesicht, zumindest von weitem. Vielleicht echte Möpse, aber mit Sport-BH, ich bin mir nicht sicher.«
»Wie blond?«, sagte Milo.
»Ultra«, sagte Amy.
»Platin?«
Sie nickte. »Lang und glänzend - und kein Pferdeschwanz, wie ihn sich die meisten Mädchen binden, wenn sie laufen. Sie hat einfach die ganze Mähne im Wind fliegen lassen. Als wollte sie sagen: >Schaut mich an, mein Haar ist soooo seidig.< Sie hat mich an dieses Komödiendings erinnert, das vor ‘ner Weile lief. Mein Dad hat sich die Sendung gern angeschaut, und meine Mom ist immer sauer geworden, weil sie dachte, er interessiert sich nicht für den Humor, sondern das schwedische Bikiniteam. Ich glaube, die haben Bier verkauft oder so was Ähnliches.«
»Old Milwaukee«, sagte Don Boxmeister.
»Das ist Jahre her, ich war noch ein Kind«, sagte Amy Thal. »Dad mochte sie. Das Mädchen war so ähnlich. Okay, ich sollte mich lieber ans Telefon klemmen, Mom und Dad sagen, dass sie Paris weiter genießen sollen.«
Milo dankte ihr. Sie drückte ihm kurz das Handgelenk, drehte sich um und ging.
»Hübscher Arsch«, sagte Boxmeister. »Diese Sommersprossen würde ich gern mal mit den Fingern zählen. Schade, dass ihre Info nutzlos ist. Ein heißer Feger, der in Holmby joggt, Schreck lass nach.«
»Don, das Mädchen, das der Prinz angeblich kaltgemacht haben soll, war Schwedin.«
»Ach…« Boxmeister lächelte verlegen. »Dann spul mich zurück und lösche, was ich grade gesagt hab. Unsere Feuerteufel-Braut ist auf persönliche Rache aus, meinst du? Aber wie passen dann deine ersten zwei Opfer dazu?«
»Wie du schon gesagt hast, sie könnten gemeinsam dringesteckt haben. Oder sie war eine Angehörige des schwedischen Opfers und hat sie gedungen. Sie wurden aber umgebracht, und deshalb hat sie beschlossen, die Sache selbst zu Ende zu bringen.«
»Du meinst, ihretwegen wurden sie umgebracht? Das ist irgendwie dünn.«
Milo antwortete nicht.
Boxmeister schlug ihm auf den Rücken. »Sieh’s positiv. Ist doch schön, wenn man zur Abwechslung mal ‘ne gut aussehende Verdächtige in der Kiste hat. Aber bloß für den Fall, dass Blondie nichts damit zu tun hat, geh ich nach der alten Schule vor und kämme die Akten nach jedem Abfackelprofi durch, der unlängst entlassen wurde oder auf Bewährung freigekommen ist. Ich sage dir Bescheid, wenn ich auf irgendwas stoße, und wenn du irgendwas findest, das auf Anita Ekberg hindeutet, rufst du mich an, und zwar pronto.«
Wir schauten ihm hinterher, als er ging. »Wie früh, glaubst du, kommen Diplomaten zur Arbeit?«, sagte Milo.
25
Das schwedische Konsulat hat Räume im sechsten Stock eines Hochhauses am Wilshire Boulevard in der Nähe von Westwood gemietet. Konsularassistent Lars Gustafson
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