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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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er gegen Rechte aktiv ist. Wie blöd und blind kann man eigentlich sein?«
    »Er ist kein Nazi mehr«, sagt sie dann und nimmt einen großen Schluck Wasser. »Er ist ausgestiegen. Vor über einem Jahr schon. Nach der Sache mit Robin.« Etwas sehr Kaltes, Festes kämpft gegen etwas sehr Weiches in meiner Körpermitte. Das Weiche möchte das Harte nur zu gerne auflösen, neutralisieren.
    »Ich kann das nicht glauben«, sage ich ehrlich. Sie nickt.
    »Okay. Hast du ein bisschen Zeit?« Sie blinzelt in die Sonne, setzt sich im Schneidersitz ins Gras. Und fängt an zu erzählen.
    »Solange wir noch Kinder waren, waren wir eine Einheit. Wir machten alles zusammen. Wir gingen überall zusammen hin. Zum Turnen, zum Flötenunterricht. Unsere Eltern hatten wenig Zeit für uns, sie waren mit dem Betrieb beschäftigt und sie waren froh, dass sie Kinder hatten, die stundenlang in ihren Fantasiewelten abtauchen konnten und nichts anderes brauchten.
    In der Schule war es nicht ganz so einfach. Wir waren in verschiedenen Klassen, und während ich super Noten mitbrachte, für die ich wenig tun musste, kämpfte er mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche. Ich verhielt mich zwischen meinen Freundinnen unauffällig, ich war nie irgendwie im Mittelpunkt, aber ich wurde auch nicht gerade als Letzte im Sportunterricht ausgesucht. Malte war ziemlich lang ziemlich schwächlich. Er war groß und dünn, hatte keinen Bock auf Sport. Er ließ sich leicht hänseln, er konnte nicht irgendwie witzig oder cool auf den Spott der anderen reagieren. Er war ziemlich schnell ein Außenseiter in seiner Klasse. Noch schlimmer wurde es, als wir aufs Gymnasium kamen. Wir spürten, dass auch unser Verhältnis zueinander eine Veränderung durchlief. Unsere Kinderspiele interessierten uns nicht mehr, aber wir fanden nichts Neues, durch das wir sie ersetzen konnten. Unser Zusammenhalt begann zu bröckeln. Malte hatte es gerade so aufs Gymnasium geschafft, ich dagegen spielend. Schon in der fünften Klasse wurde klar – Malte würde es nicht schaffen. Er ist nicht doof, echt nicht – aber er war einfach diesem Druck nicht gewachsen. Ihm fehlte die Zeit, die Dinge auf seine Weise zu verstehen. Nach der Fünften wechselte er auf eine Realschule. Dort ging es zwar besser, aber wir sahen uns immer weniger. Malte begann früh, sich von daheim unabhängig zu machen. Er brachte kaum noch Freunde mit nach Haus, sondern hing mit denen irgendwo ab. In einer Spielothek, an einer Bushaltestelle oder sonstwo. Ich kümmerte mich nicht weiter drum, ehrlich gesagt. Mann, wir kamen in die Pubertät, da haben sich auch andere Geschwister nicht unbedingt viel zu sagen. Ich hab dann auch gar nicht so genau mitgekriegt, wie dann alles tatsächlich losgegangen ist. Malte ist in der achten Klasse sitzen geblieben, und auch nachdem er sie wiederholt hatte, blieb es kritisch. Er hat daheim eigentlich nur noch geschlafen und sich frische Wäsche besorgt.«
    »Und deine Eltern?«
    »Tja, meine Eltern. Die steckten total in der Krise. Der Laden lief scheiße, ihre Ehe war auch furchtbar, nichts als Gezeter und Gemeckere den ganzen Tag. Ich weiß nicht, wieso, ich hab mich da eher nach innen geflüchtet. Hab total viel gelesen, habe viel an der Schule gemacht, Theater-AG, Sport, jüngeren Schülern beim Lernen geholfen – so ’n Zeug halt. Das hat mir Kraft gegeben, vielleicht auch Selbstbewusstsein. Aber Malte – der war wie weggebeamt. Dann hat ihn seine erste Freundin schnell fallen gelassen. Das hat ihn total geknickt. Er fing dann an, ins Fußballstadion zu gehen. Keine Ahnung, den hat Fußball früher keinen Deut interessiert. Na ja, und da hat er dann die ersten Kontakte bekommen.«
    »Zur Naziszene?«
    »Genau. Man erkennt die ja gar nicht immer sofort. Die machen inzwischen gerne mal auf netten Onkel. Eines Tages hat sich irgendein Typ, ein Türke oder so, nach einem Fußballspiel mit Malte angelegt. Oder er sich mit ihm. Hatten beide schon Bier getrunken, was weiß ich. Jedenfalls hat der Typ Malte angegriffen und wollte sich mit ihm prügeln. Da kamen dann zwei dazu und haben den Türken verkloppt und vertrieben. Malte hatte echt Schiss gehabt und war denen total dankbar. Die Typen haben ihn in ihre Stammkneipe mitgenommen. Ihn zum Bier eingeladen. Sich für ihn interessiert. Malte war hin und weg. So nette Kerle hatte er noch nie kennengelernt. Sie haben gefragt, ob er nicht in zwei Wochen mit ihnen ins Stadion gehen wollte, und er hat natürlich zugesagt. Na ja, und dann sind

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