Todesflug
darauf ebenfalls in die Öffnung robbte, löste sich ein Schuss. Bob hörte die Kugel an seinem Kopf vorbeisausen. Mit einem dumpfen Geräusch schlug sie dicht hinter ihm in der Erde ein. Bob leuchtete hin und erschrak. Er stand vor einer Wand. Der Gang war zu. Er saß in der Falle.
Hinter ihm hörte er Ramirez schnaufen. Irgendwie schien er sich in der schmalen Öffnung verklemmt zu haben und kam nicht mehr weiter. Sein Verfolger steckte in der Erde und fluchte. Von den Wänden her rutschte Sand auf ihn zu. Wahrscheinlich hatte der Schuss den Erdrutsch ausgelöst, oder die Triebwerke des Flugzeugs, oder auch Ramirez selbst. Jedenfalls hielten die Wände nicht mehr, Erde kam herunter, dann rutschte Geröll nach und wie in Zeitlupe floss das gefährliche Gemisch auf den immer noch am Boden eingezwängten Ramirez zu.
Entsetzt starrte Bob auf das, was sich im Licht seiner Lampe abspielte. Die Erdlawinen bedeckten bereits die Beine des Jungen. Bob beleuchtete die Wand, von der sich mit einem Rumpeln gerade ein weiterer Schub Erde löste. Augenblicklich war Ramirez bis zur Hüfte zugeschüttet. Verzweifelt versuchte er mit den bloßen Händen den Sand wegzuschaufeln. Doch gegen die immer wieder neu hereinbrechenden Massen kam er nicht an.
Wenn ich nichts tue, stirbt er, schoss es Bob durch den Kopf. Er schloss kurz die Augen. Dann legte er entschlossen die Taschenlampe auf den Boden. Auf allen vieren kroch er zu Ramirez und reichte ihm die Hand. Der Mexikaner ergriff sie mit beiden Händen und Bob zog an. Der aufgewirbelte Staub nahm ihm die Sicht und brannte in den Augen.
»Spann die Muskeln an«, rief er und hustete. »Sonst kugele ich dir die Arme aus.« Bob zerrte immer heftiger. Mit einem kräftigen Ruck bekam er den Jungen endlich frei. Bob griff ihm unter die Arme und schleifte ihn ein kleines Stück weiter, sodass sie vor dem hereinbrechenden Geröll vorerst in Sicherheit waren. Ramirez stöhnte und hielt sich sein Bein.
»Oh verdammt«, hustete er, »das war knapp. Ich danke dir.«
Bob wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte aus dem Augenblick heraus gehandelt und dem Jungen das Leben gerettet: Ramirez, der schließlich auch sein Verfolger war.
»Noch sind wir hier nicht raus«, sagte Bob. »Auch wenn gerade keine Erde mehr nachrutscht: Auf uns kommt viel Arbeit zu, wenn wir hier lebend entkommen wollen.«
Sechs
Als sich der Staub etwas gelegt hatte, stand Bob auf. Augenblicklich stieß er mit dem Kopf an die Decke. Sand rieselte herab.
»Vorsicht«, zischte Ramirez, der auf dem Boden lag und mit dem Rücken an der Wand lehnte.
»Jaja.« Bob schaltete seine Taschenlampe an und tastete sich weiter. Viel Platz war ihnen nicht geblieben. Auf der einen Seite, gerade mal gut einen Meter entfernt, war der Gang zu Ende. Und auf der anderen, von der sie gekommen waren, hatte ein Erdrutsch den Durchgang versperrt. Das Geröll reichte knapp bis an die Stelle, an der sie saßen.
Verzweifelt entfernte Bob ein paar Brocken, doch die Erde schien dadurch erneut Fahrt zu kommen. Gerade noch rechtzeitig zog Bob seinen Fuß zur Seite, sonst hätte ihn ein dicker Stein getroffen, der sich aus der Wand gelöst hatte. Also gab Bob auf und setzte sich wieder neben Ramirez, der vorsichtig an seinem Bein herumdrückte.
»Gebrochen ist, glaube ich, nichts«, sagte er und blickte Bob an. »Als ich mich durch den Spalt zwängte, rutschte ein Balken herunter und drückte mich nach unten. Dabei löste sich der Schuss. Ich wollte dich nicht treffen.« Er stockte, als schien er zu überlegen, dann fuhr er leise fort: »Ich danke dir jedenfalls. Außer Greg hat mir noch nie jemand geholfen. Und bei dir zählt es besonders: Denn wenn du es nicht getan hättest, wärst du mich endlich los gewesen.«
Bob nickte. »Jetzt müssen wir zusammenhalten«, sagte er. »Sonst sind wir verloren.« Bob betrachtete das fahle Licht seiner Taschenlampe. »Ich mache sie besser aus. Vielleicht kann sich die Batterie ein wenig erholen. Und außerdem sieht man dann nicht so genau, wie wenig Platz uns noch geblieben ist. Ist schon verdammt eng hier unten.«
Sie schwiegen. Plötzlich spürte Bob, wie er Platzangst bekam. Ihm wurde heiß. Zwanghaft versuchte er an etwas anderes zu denken und blickte angestrengt in die Dunkelheit.
»Hoffentlich reicht die Luft«, sagte Ramirez nach einer Weile. »Irgendwann vergiften wir uns selbst, wenn wir immer dieselbe Luft ein- und ausatmen.«
»Vergiften?«, fragte Bob und setzte sich kerzengerade
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