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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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wie hier in der Bildbeschreibung steht. Mit Drogen hat Alja Berken ganz sicher nichts zu tun. Dieser Kaktus war möglicherweise schon da, als sie die Mühle kaufte vor etwa zwanzig Jahren.
    Ganz selbstverständlich erzähle ich von Alja, die früher Begleitpianistin des Symphonieorchesters war, die, die die Konzerte mit dem Orchester einübte, um für die Konzertaufführungen dem Starpianisten Platz zu machen. Sie hat sich frühzeitig pensionieren lassen, wegen ihrer Hände, sie wurden gichtig. Erstaunlicherweise hat sich die Gicht gebessert, sie hat sich zur beliebten Gartenspezialistin entwickelt und schreibt heute Artikel, die auch in Fachkreisen interessieren. Möglicherweise versteht sie sogar etwas von Kakteen.
    Alja war die Frau, die bei meiner Geburt dabei war, zufällig. Noël hat es ja schon erwähnt, ich bin wirklich ein Findelkind. In der Mühle, die sie später gekauft hat. Ich habe sie dann mit zwanzig kennengelernt, als ich nach meiner Herkunft suchte. Die Freundschaft mit Alja begann später, nach Tante Lisas Tod, als ich einen Ort brauchte, wohin ich mit meinem Windelbuben gehen konnte, ein neues Daheim hier oben in den ›Höhen‹. Knut war damals vor allem an Uschi interessiert.
    Ich bin drauf und dran, zu Claas Ranke Vertrauen zu entwickeln, doch dafür ist es noch etwas früh. Es ist lange her, dass ich mit einem ein Glas Wein trank, der einem mit großen braunen Augen zuhört, mit dem ich über mich redete, mit dem ich über das plauderte, das zu mir gehört, den Ort, an dem ich daheim bin, die Gegend, die ich liebe. Sein Interesse ist nicht gespielt. Wenn er so fragt, finde auch ich interessant, dass dort oben in den ›Höhen‹ die berühmte Familie Platen ihren Landsitz hat, die Mehrheitsaktionäre der ›Delton Biotec‹, eines der ganz großen Chemieunternehmen. Dass wir mit Meret Platen Tee getrunken haben, ist in seinen Augen sensationell, da geht der Journalist mit ihm durch, auch wenn er nicht zu denen gehöre, die Homestorys schreiben. Auch in seriösen Wochenzeitungen finden sich Reportagen über Menschen, die hinter der Macht stehen. Ihn interessiert die Macht im Allgemeinen und im Besonderen, was sie ausmacht, wie sie zustande kommt und wie sie funktioniert, ob es letztlich doch das Kapital ist, das alles bewegt, welche Menschen dazu berufen sind. Dann muss also die Politikerin Platen-Alt, die, die man sieht, eine Schwester dieser Meret Platen sein?
    Sie ist eine Künstlerin, das siehst du auf den ersten Blick bei diesem Maulbeerbild. Es sind nicht einfach schön aufgereihte Beeren, ich begeistere mich: Das Bild lebt von der künstlerischen Gestaltung, die Beeren wirken praller, röter und größer als Maulbeeren, jede ein ganz klein wenig anders als die andere, du meinst geradezu, den leicht säuerlichen, etwas blassen Geschmack auf der Zunge zu spüren. Und erst dann siehst du, dass eine auf dem Kopf steht, das macht Spaß. Claas redet von der Theorie, alles Schöpferische, die wirklich große Kunst, entstehe aus dem Spiel, das Spielen sei das, was den Menschen ausmache, wobei zugegebenermaßen auch Affen spielten.
    Fast schon ziehe ich Claas ein wenig auf, wenn ich sage, Meret Platen habe mich sehr von sich eingenommen, sie habe hinreißend über die Maltechnik der Mikroskopmalerei gesprochen. Diese bekannten Foulards, das seien ihre Entwürfe. Vielleicht denke er einmal daran, ein Kaffeetischbuch über Seidenmalerei zu schreiben. Wir lachen. Ich habe schon lange kein weiches Männerlachen mehr gehört.
    * * *
    Die schlechte Nachricht vernehme ich von Uschi am Telefon. Sie ruft nur rasch an, weil sie Noël mit Alja beim Einkaufen im Dorf getroffen hat, Noël sei ein paar Tage in den Ferien? Bei mir sei doch alles in Ordnung? Allein schon die Nachfrage, dass jemand sich um mich sorgen könnte, tut gut, und das sage ich ihr auch. Aber dann erzählt sie die schreckliche Neuigkeit – vielleicht hat sie auch nur deswegen angerufen oder das eine ergibt die Gelegenheit für das andere –, ob ich in der Zeitung die Notiz gesehen habe über den Raubmord in Straßburg vom Ostermontag. Das ist schlimmer als einfach so eine Notiz unter ^Vermischte Meldungen‹, es ist Fred Roos, er gehört doch in die ›Jass‹-Runde, die jeden Donnerstag bei ihr im ›Halbmond‹ Karten spielt, Knut ist jeweils auch dabei. Fred Roos wurde in einem Parkhaus in Straßburg erschossen, einfach so. Ob Knut denn noch nichts davon erzählt hat? Vielleicht ruft sie auch nur an, um vor Knut mit mir geredet zu

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