Todesfracht im Jaguar
Hunger um.“
Sie begannen.
Die ehemals stolze Villa war
innen genauso abgebaggert wie außen. Nur Anzahl und Größe der Zimmer verriet
verblichenen Adel. Sie entdeckten null Möbel, null Einbauten. Eigentlich nur
kahle Wände und in zwei Bädern die Reste sanitärer Einrichtung.
„Nun noch den Keller!“ sagte
Tim.
„Den können wir uns sparen“,
meinte Gaby. „Der ist sicherlich feucht und voller Ratten.“
Aber Tim bestand auf gründliche
Arbeit.
Während Gaby im ehemaligen
Salon wartete, stiegen die Jungs eine enge, steile Steintreppe hinab.
Der Kellergang erhielt nur
wenig Licht. Man benötigte den Instinkt eines Maulwurfs.
In den modrigen Räumen war es
etwas heller. Fenster unter Gitterrosten ließen einen Hauch vom Sommertag
herein.
Im dritten Raum lehnten
Gegenstände an der Wand. Sie waren flach wie Bretter. Laken und Wolldecken
hüllten sie ein.
„Nur Plunder!“ stellte Klößchen
fest und wandte sich ab.
„Könnten Bilder sein. Gemälde“,
mutmaßte Tim. Er sah nach.
Eine Weile starrten Karl und er
ihre Entdeckung an. Es waren fünf großformatige Gemälde sogenannter Alter
Meister (europäische Maler des Mittelalters und des Barock).
„Entweder“, sagte Tim, „sind
das Fälschungen, Kopien, oder ich schnall ab.“
„Die sind echt.“
„Woher willst du das wissen?“
„Ich kenne die Gemälde. Sie
hingen früher im Nationalmuseum. Vor einem Jahr wurden sie und andere
gestohlen.“
„An die Meldung entsinne ich
mich. Aber ich wußte nicht, um welche Kunstwerke es sich handelt. Statt Heroin
also das. Auch nicht schlecht. Nur der Durchblick fehlt. Wer und wo sind die
Bilderdiebe? Warum stapelt die heiße Ware hier? Haben Leppich und Frese damit
was zu tun?“
„Klar!“ behauptete Klößchen.
„Vergeßt nicht, daß die gestern hier vorbeifuhren.“
„Wir sind schon mehrmals hier
vorbeigefahren“, sagte Tim. „Na? Und haben wir was mit der Sache zu tun oder
nicht? Wir haben sie doch entdeckt, die Ölschinken.“
Tim beließ es bei Klößchens
Logik und rief Gaby. Sie bestaunte den Kunstschatz.
„Wir bleiben hier“, verfügte
Tim. „Jedenfalls oben vor dem Haus und passen auf, daß niemand den Kunstschatz
angrapscht. Du, Gaby, radelst zur nächsten Telefonzelle und verständigst deinen
Vater. Dann können wir unsere graue Masse rotieren lassen und Theorien
aufstellen. Was steckt dahinter? Vielleicht soll hier ein Tauschhandel
stattfinden: Kunstwerke gegen Rauschgift. Oder so.“
*
Kommissar Glockner kam nicht
allein, sondern brachte zwei Kollegen mit. Sie waren zuständig für den
Kunstraub von damals, einen unerledigten Fall. Es gab keine Spuren, und bis
jetzt war von der Beute nichts aufgetaucht.
Tim erklärte nebenbei, wobei er
den Blick gesenkt hielt, sie — die TKKG-Bande — wäre mehr oder weniger zufällig
auf die Gemälde gestoßen.
Die Kommissare Stockfisch und
Susemiehl interessierte das nicht. Sie führten fast einen Tanz auf, schlugen
den Jungs auf die Schulter und spendeten Lob aus allen Rohren.
Die Gemälde wurden sichergestellt,
nämlich abtransportiert.
Wem gehört die Villa? fragten
sich alle. Aber keiner wußte es.
Ein Unglück war das nicht. Denn
so was läßt sich beim Grundbuchamt feststellen.
„Entweder dieser Teil der Beute
wurde hier vergessen“, meinte Stockfisch, „oder die Täter benutzten die alte
Bude vorübergehend als Versteck, wurden dann aber verhindert, die heiße Ware
abzuholen. Vielleicht wegen Krankheit, wegen Todesfall- oder sie sitzen bereits
wieder im Knast. Wegen anderer Sünden. Wobei der Eigentümer von Villa Isolde
durchaus beteiligt sein kann. Na, wir werden sehen.“
„Auf die Wiederbeschaffung der
Gemälde“, wußte Susemiehl, „ist eine hohe Belohnung ausgesetzt. Einen Teil
davon könnt ihr beanspruchen. Genau gesagt: fünf Dreizehntel. Dreizehn Gemälde
wurden insgesamt geraubt. Fünf haben wir jetzt sichergestellt.“
„Fünf Dreizehntel“, überlegte
Klößchen. „Wieviel ist das in D-Mark?“
„Und so was erreicht das
Klassenziel“, seufzte Gaby.
„Verdanke ich nur meiner
Cleverness (Schläue)’.“ grinste Klößchen. „Die besteht darin, daß ich
fast jede Mathe-Arbeit bei Tim abschreibe.“
Stockfisch und Susemiehl zogen
ab.
Glockner hatte Dienstschluß,
würde also nicht ins Präsidium zurückfahren, sondern heim. Klar, daß er Gaby
gleich mitnahm. Ihr Klapprad wurde im Kofferraum seines BMW verstaut.
„Daß ich’s nicht vergesse“,
erklärte er: „Auf Schwittei hätten
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