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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Termin nach.«

    Er sah sie erstaunt an. »Ja? Ich war zuvor schon bei einem Therapeuten.«
    Nur bei einem?
    »Ich weiß.«
    »Und der meinte, die Therapie sei wie ein Vertrag, den wir abschließen, und ich würde mit meiner Frage versuchen, die Rahmenbedingungen aufzuweichen.«
    Oh, Gott! An wen hatte ihn das Gericht da zugewiesen? Möglicherweise war der Kollege schon so lange Therapeut, dass er seine Klienten gar nicht mehr als menschliche Wesen wahrnahm.
    »Ich kann Sie beruhigen. Das wird bei mir nicht vorkommen. Wenn Sie allerdings anrufen, um einen Termin zu verschieben, weil Sie angeblich nicht können, und ich höre im Hintergrund das Plätschern und Geschrei aus einem Hallenbad – dann lasse ich mir das einmal gefallen, aber beim zweiten Mal stelle ich eine Rechnung mit einer entsprechenden Stellungnahme ans Gericht.«
    Carl verzog das Gesicht.
    »Schließlich haben Sie eine Auflage bekommen. Wenn Sie Ihrer Pflicht nicht nachkommen, werte ich das als Therapieabbruch und muss es dem Gericht melden … aber erst beim zweiten Mal. Das ist fair, oder?«
    »Okay.« Er griff nach dem Wasserglas und trank einen Schluck. In diesem Moment fiel die Anspannung von seinen Schultern. Möglicherweise war diese Frage sein persönlicher Test gewesen; der Knackpunkt, ob er seiner Therapeutin vertrauen konnte oder nicht. Offenbar war ihm wichtig, dass er und seine Probleme ihr mehr bedeuteten als neunzig Euro.
    »Noch etwas ist wichtig«, nahm sie das Thema wieder auf. »Sollten Sie sich verspäten, wird die verstrichene Zeit nicht hinten drangehängt.«
    Für einen Moment reckte er das Kinn provokativ nach vorne. »Warum nicht?«
    »Weil der nächste Klient wartet.«
    Er schien mit der Antwort nicht zufrieden zu sein.

    »Betrachten Sie es mal von einer anderen Seite«, schlug Rose vor. »Falls Ihr Vorgänger zu spät kommt, können Sie sich darauf verlassen, dass wir pünktlich beginnen und er seine Zeit verliert.«
    »Das leuchtet ein.« Zum ersten Mal zeigte sich ein freundliches Lächeln in seinem Gesicht. Vielleicht war auch das nur gespielt. Trotzdem wollte sie an seine Aufrichtigkeit glauben. Außerdem wollte sie ihm das Gefühl vermitteln, dass er wie ein freiwilliger Klient behandelt wurde.
    Sie vereinbarten einen Termin für die erste Sitzung. Damit war das Einführungsgespräch zu Ende. Während Carl das Wasserglas leerte, beugte sich Rose nach vorne, um das Diktafon auszuschalten. Im selben Moment fragte sie sich, was ihre Kollegen dazu veranlasst hatte, die Therapie abzubrechen – und wie lange sie brauchen würde, den Grund dafür herauszufinden.

8
    Um 10.00 Uhr vormittags war Sabine Nemez bereits seit vierzehn Stunden im Dienst. Wallner hatte von der Bäckerei Zimtschnecken geholt. Sabine hatte nur eine davon gegessen, und die lag ihr schwer im Magen. Ebenso der mittlerweile kalte Kaffee aus ihrer Thermoskanne. Das sinnlose Herumhocken zermürbte sie, während ihr Vater im Bayerischen Landeskriminalamt verhört wurde. Beim LKA in München und Nürnberg arbeiteten etwa tausendfünfhundert Kollegen. Die Zentrale in der Maillingerstraße lag nicht weit von ihrem Büro entfernt, doch es war nutzlos, dort aufzutauchen. Sie käme nicht einmal am Portier vorbei.
    »Gibt es keine Möglichkeit, dass ich an den Ermittlungen teilnehme?«
    Kolonowicz blickte mit müden Augen auf. Seine buschigen, senffarbenen Brauen schoben sich zusammen. »Mit dem LKA? Machst du Witze?«
    Sabine stand in seinem Büro und fühlte sich wie ein begossener Pudel. Du bist ein kleines Rädchen beim Dauerdienst, sagte sein Blick. Gerade mal sechsundzwanzig Jahre alt und willst die Herren Beamten unterstützen?
    »Es gibt keine elektronische Akte zu diesem Fall«, sagte sie.
    »Ich weiß.« Kolonowiczs Telefon läutete, doch er legte den Anruf auf eine andere Leitung.
    Normalerweise stand jedes Verfahren mit allen Aktenbestandteilen im Computersystem der Polizei, und jeder Beamte konnte Einsicht nehmen. Die Daten ergänzen durfte natürlich nur der dazu berechtigte Sachbearbeiter. Nicht so bei diesem Fall.
    Kolonowicz faltete die mächtigen Hände. »Der Mord an deiner Mutter wurde als hochgradig geheim eingestuft. Die haben den
Verfahrensstand aus dem Computersystem genommen und führen ihn auf einem abgekoppelten Netz.«
    »Wozu? Ich …«
    »Sabine!« Göttervater Zeus bedachte sie mit ernstem Blick. »Die Beamten verhören zwar gerade fünf weitere Verdächtige, aber heute Morgen wurde die Wohnung deines Vaters von den Kölner

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