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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Rand des Ultraschallfotos stand der Name von Annes Gynäkologen. Helen faltete die Aufnahme, steckte sie in ihre Handtasche und verließ die Wohnung.

19
    »Treten Sie aufs Gas!« Sneijder griff zum Lenkrad herüber und drückte auf die Hupe.
    »Finger weg!«, zischte Sabine. »Ich fahre!«
    Sie rasten mit hundertachtzig Stundenkilometern auf der Autobahn nach Dresden. Sabine wechselte die Spur und überholte einen Mercedes. Der zivile Dienstwagen hatte 190 PS unter der Haube und würde sie rascher ans Ziel bringen, als Sneijder veranschlagt hatte.
    Sneijder zog sich blass auf seinen Platz zurück. Er hatte den Beifahrersitz ganz zurückgeschoben, damit seine langen Beine genügend Freiraum hatten. Da läutete sein iPhone zum mittlerweile fünften Mal. Nach einigen Worten beendete er das Gespräch und steckte das Telefon weg. Seit sie in München weggefahren waren, hatte er nur an der Strippe gehangen. Die meisten Gespräche waren für Sabine unverständlich gewesen.
    »Erzählen Sie mir nun endlich, was wir in Dresden wollen?«, fragte sie.
    Sneijder zerrte an seinem Sicherheitsgurt, als würde ihn dieser erwürgen. Für einen Moment klaffte sein Sakko auf. Über dem schwarzen Rollkragenpullover trug er ein Schulterholster. Sabine erkannte die Glock 17 am schwarzen Griff mit der Riffelung. Sie selbst trug ihre Walther PPK, wie Sneijder es ihr aufgetragen hatte.
    »Von den fünf Personen, die an der Kölner Grundschule und Jahre später an der Dresdner Hauptschule waren, ist mittlerweile eine gestorben«, erklärte Sneijder.
    »Ermordet?«
    »Darmkrebs, vor drei Jahren. Ein ehemaliger Schüler. Hat mit unserem Fall nichts zu tun. Nach den anderen vier Personen wird
gefahndet. Von drei kennen wir den gemeldeten Wohnsitz, von einer nicht.«
    Sabine ahnte, dass diese Person ihn besonders interessierte. »Wie heißt die?«
    »Carl Boni.«
    Sie erinnerte sich an diesen ungewöhnlichen Namen, als sie die Unterschriften auf der Rückseite der Fotos mit der Namensliste von Elfriede Nikitschs Schule verglichen hatte. In den vier Jahren war Carls Schrift immer kindlich geblieben, als hielte er den Kugelschreiber in der Faust und bemühe sich, die Buchstaben seines Namens schön zu malen. Ein blonder Junge mit ebenmäßigen Zügen, der einen halben Kopf größer war als seine Mitschüler.
    »Wir kennen weder Carls Wohnsitz noch seinen Arbeitsplatz oder seinen derzeitigen Aufenthaltsort. Die Kollegen in Wiesbaden sind an der Sache dran, aber bis das erste Ergebnis vorliegt, dauert es mindestens weitere vierundzwanzig Stunden.«
    Das erklärte noch immer nicht, was sie in Dresden wollten.
    Sneijder massierte seine Schläfen. »Carl Boni wird am 6. November vierundzwanzig Jahre alt. Ein Automechaniker. Sein Vater starb vor über drei Jahren an Herzversagen. Genau vier Tage vor Weihnachten. Die Mutter lebt noch, doch auch von ihr kennen wir keinen aktuellen Wohnsitz.«
    Ein dumpfes Gefühl breitete sich in Sabines Magen aus. »Wurden Mutter und Sohn ermordet?«
    »Möglich. Carls Tante Lore lebt jedenfalls noch, die Schwester seines Vaters. Sie wohnt in Dresden.«
    »Wir fahren zu seiner Tante?«, entfuhr es Sabine. Unwillkürlich nahm sie den Fuß vom Gaspedal. Sie raste soeben an einem Lkw vorbei und ließ sich nun ein Stück zurückfallen.
    »Draufbleiben!«, mahnte Sneijder und wedelte mit der Hand. »Die Familie Boni hat früher einige Jahre bei dieser Tante gelebt.«
    »Ich fasse es nicht. Wir rasen mit einem Affenzahn nach Sachsen, nur um diese olle Tante Lore zu besuchen. Warum rufen wir sie nicht an?«

    Sneijder warf ihr einen Blick zu, als hätte sie seine Intelligenz beleidigt. »Habe ich versucht. Geht keiner ran. Sie ist seit dem 6. Mai spurlos verschwunden.«
    Nun dämmerte es Sabine. Sneijders Aktionen hatten Methode. »Scheint so, als wollte jemand die Familie ausrotten.«
    Sie sagten eine Weile nichts. Schließlich hatte Sabine die neue Information verarbeitet und resümierte laut. »Alles hängt irgendwie zusammen …«
    »Natürlich tut es das!«, unterbrach Sneijder sie. »Wenn ich mir am Arsch ein Haar ausreiße, dann tränt das Auge!«
    Was war er doch für ein Esel! Sie ging nicht auf seinen Kommentar ein. Stattdessen sagte sie: »Die Kölner Rechtsanwaltsgehilfin wurde am 6. April entführt und Tante Lore verschwand am 6. Mai. Die Leipziger Lehrerin wurde am 20. April entführt und meine Mutter am 20. Mai.«
    Sneijder verzog das Gesicht. »Eine interessante Beobachtung, Eichkätzchen.«
    »Obwohl ich kein

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