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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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auf, stemmte ihn über seinen
Kopf und stellte ihn auf die anderen.
    Â»Dann beeil dich aber«, sagte er mit einem Lächeln.
»Ich hab nicht viel Zeit, du siehst ja, was draußen los ist.«
    Er sah ihr ins Gesicht. Sein Lächeln gefror. Mit einer
fließenden Bewegung drückte er die Tür hinter ihr ins Schloss. Augenblicklich
wurde es stiller. Nur noch die dumpfen Bässe schlugen von außen gegen die Tür.
    Â»Also. Ich höre.«
    Anna zögerte. Sie wusste plötzlich nicht mehr, wie sie
anfangen sollte.
    Â»Ich … ich muss dich etwas fragen. Es ist eine wichtige
Frage für mich. Deshalb musst du mir eine Antwort darauf geben.«
    Er sagte nichts, blickte sie nur an.
    Â»Es geht um die Nacht, in der die Razzia war.« Sie
merkte, wie sie an Sicherheit gewann. »Ich war erst draußen mit der
Ereignisortsicherung beschäftigt. Als ich später in den Klub kam, weil ich bei
den Leibesvisitationen aushelfen musste, warst du nicht da. Ich habe dich nirgends
gesehen. Erst als wir abgezogen wurden, um zum Tiergarten zu fahren, bist du
plötzlich hinterm Tresen aufgetaucht. Du musst später reingekommen sein. Als
die Razzia losging, warst du aber nicht da.« Sie atmete tief durch. »Ich muss
wissen, wo du gewesen bist.«
    Seine dunklen Augen ruhten auf ihr. Sie sah weder Wut
noch Ärger in ihnen. Vielmehr schien er ihre Frage zu respektieren.
    Â»Die Antwort wird dir nicht gefallen.«
    Er verschränkte die Arme und lehnte sich an die Bierkästen.
    Â»Ich weiß, du wolltest nur mich warnen. Und wenn ich
nur meine Drogen in Sicherheit gebracht hätte, wäre ich auch hier gewesen, als
die Razzia losging. Aber ich habe Peter Bescheid gesagt. Die Razzia war wegen
ihm, verstehst du? Er hatte eine riesige Lieferung im Büro liegen. Damit wäre
er aufgeflogen. Also habe ich dafür gesorgt, dass die Fahnder nichts finden.
Ich musste eine ziemliche Menge auf die Seite schaffen, und das hat eben
gedauert.«
    Eine Pause entstand.
    Â»Es tut mir leid, Anna. Ich weiß, ich habe dein Vertrauen
missbraucht. Aber ich musste es tun.«
    Das grelle Licht der Leuchtstoffröhre warf einen
harten Schatten über sein Gesicht. Seine Augen lagen unergründlich im
Halbdunkel. Sie wusste nicht mehr, ob sie ihm trauen konnte. Sie hatte kein
Gefühl dafür, ob er die Wahrheit sagte oder nicht.
    Sie dachte an seine Wutanfälle, an die wechselnden
Launen. Da waren seine dunklen Seiten, denen sie immer wieder hilflos
ausgeliefert war. Die unvermittelt auftauchten und nie vorhersehbar waren. Dann
waren da die hübschen Jungs, die ihn allabendlich anhimmelten. Seine Eltern,
die sie wie ein gutes Schulzeugnis bewunderten. Die Schreiben der Gerichtsverwaltung,
die Bußgelder und Ausgleichszahlungen. Und schließlich diese seltsamen
Abschiedsbriefe, voller Verletzungen und Bitterkeit. Thomas Bertold Koschnik.
Sie hatte keine Ahnung, wer sich hinter diesem Namen eigentlich verbarg.
    Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen.
    Â»Woher weiß ich, ob du die Wahrheit sagst? Wie kann
ich sicher sein, dass du mir keine Lügen auftischst?«
    Er blickte verständnislos. Da war Unsicherheit zu spüren.
Sie musste jetzt durchhalten.
    Â»Manchmal weiß ich gar nicht, ob ich dich überhaupt
kenne. Wie soll ich da wissen, ob ich dir glauben kann?«
    Nun wurde er wütend. »Welchen verdammten Grund sollte
ich haben, dich anzulügen?«
    Jetzt war es so weit. »Du hast zwei Anzeigen wegen
Körperverletzung«, sagte Anna. »Sie sind vor Gericht verhandelt worden.«
    Es ist ganz einfach. Rede weiter.
    Â»Wer waren diese Leute, die du verletzt hast? Was haben
sie getan, dass du gewalttätig geworden bist? Hatten sie es verdient?«
    Alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
    Â»Woher weißt du das?«
    Â»Thomas Bertold Koschnik. So heißt du doch, oder? Der
Name steht zumindest in den Gerichtsakten.«
    Es dauerte einen Herzschlag, dann hatte er verstanden.
Anna hatte hinter seinem Rücken über ihn recherchiert. Ein Schatten fiel über
sein Gesicht.
    Da wurde ihr klar: Es war vorbei. Egal, was jetzt noch
passierte oder gesagt wurde. Ihre Beziehung war zu Ende. Tom würde ihr diesen
Verrat niemals verzeihen.
    Sie fühlte sich seltsam unbeteiligt.
    Â»Ich bin lange genug Polizistin, um zu wissen, dass es
mehr gibt, als in den Gerichtsakten steht. Die meisten Gewalttaten verlaufen im
Sande. Es gibt keine Anzeigen, keine

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