Todesgarten
über sie.
Jenseits der Tür vibrierten die Bässe. Das Tempo
stieg, der Rhythmus verwandelte sich in ein langgezogenes Grollen. Jubel brach
auf der Tanzfläche aus.
Tom raffte sich auf und öffnete die Tür. Mit einem
Schlag war der Lärm der Party im Lagerraum.
Er drehte sich zu ihr. »Ich habe nie eine Chance bei
dir gehabt, nicht wahr? Du hast mich von Anfang an auf Abstand gehalten.
Glaubst du etwa, ich habe das nicht bemerkt?«
Er sah sie lange an. Seine Augen waren dunkel und unergründlich.
»Du hast uns von Anfang an keine Zukunft gegeben.«
Mit diesen Worten trat er hinaus und zog die Tür
hinter sich ins Schloss.
Â
Michael fragte sich, wie lange Anna schon im Kink Klub
war. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Die Zeit verging quälend langsam. Er
hätte sich ohrfeigen können. Warum hatte er ihr diesen Alleingang nur erlaubt?
Es war der pure Wahnsinn. Sie begab sich schutzlos in den Klub, um mit einem
potenziellen Gewalttäter zu sprechen und ihn des Mordes zu überführen. Was
spielte es da schon für eine Rolle, dass er ihr Geliebter war?
Er beschloss, noch zwei oder drei Minuten zu warten.
Dann würde er selbst hineingehen und nach dem Rechten sehen. Ganz egal, was er
ihr versprochen hatte.
Die Tür zum Klub öffnete sich, und eine Handvoll Partygäste
wurde herausgespült. An ihrer Spitze waren zwei junge Frauen, die sich
betrunken in den Armen lagen. Sie torkelten zum Tor und hielten dort nach einem
Taxi Ausschau. Michael betrachtete die Gesichter der Leute genau. Er hoffte,
Anna wäre unter ihnen. Aber nichts.
Stattdessen entdeckte er Christoph Schütz.
Er blieb vor dem Tor stehen, während die anderen sich
langsam zur StraÃe bewegten. Die Hände tief in den Taschen seines Kapuzenshirts
vergraben, inhalierte er die Nachtluft. Dann schlurfte er langsam in Richtung U -Bahn davon.
Auf einmal entdeckte er Michael hinterm Steuer seines
Golfs. Er sah ihn mit groÃen Augen an. Dann grüÃte er knapp und ging eilig
weiter. Auf Michael wirkte es, als würde er vor ihm die Flucht ergreifen. Er
stellte den Rückspiegel so ein, dass er Schütz davonlaufen sah.
Ein paar Meter weiter blieb der abrupt stehen. Er
schien zu zögern, dann kehrte er um. Michael beobachtete verblüfft, wie Schütz
näher kam, den Golf umrundete, die Beifahrertür öffnete und sich wortlos auf
den Sitz fallen lieÃ. Bevor Michael reagieren konnte, wandte Schütz ihm sein
blasses Gesicht zu und sah ihm direkt in die Augen.
»Ich muss mit Ihnen reden.«
22
»Willst du mir nicht endlich sagen, was überhaupt los
ist?«
Kathrin hatte sich hinters Steuer gesetzt und drehte
den Zündschlüssel. Der Motor heulte auf, und sie steuerte den Wagen auf die
StraÃe. Wolfgang blickte in die Nacht hinaus.
»Wir fahren zu Bärbel Neubauer«, sagte er.
»Das habe ich mir schon gedacht. Weià sie denn überhaupt,
dass wir kommen?«
»Ich habe bei ihr anrufen lassen. Sie hatte nichts einzuwenden.
Ganz im Gegenteil, sie hilft gern. Sie sagte, sie schmeiÃt schon mal die
Kaffeemaschine für uns an.«
»Aber was hast du denn vor? Geht es um den Brief von
Bernd Neubauer? Willst du das Original sehen?«
»Es hat nichts mit dem Brief zu tun. Lohmann hat etwas
herausgefunden, was wichtig sein könnte. Deshalb möchte ich nach Babelsberg.«
»Aber ich denke, Lohmann hat längst Feierabend gemacht.«
»Nein, es hat nur länger gedauert. Du weiÃt doch, er
war noch mal in Schöneberg und hat mit den Nachbarn von Daniel Treczok
gesprochen. Es ging darum, ob Bernd Neubauer im Haus aufgetaucht war.«
»Was ja jetzt keine Rolle mehr spielt.«
»Genau. Trotzdem ist Lohmann dabei auf etwas gestoÃen,
was wichtig sein könnte. Bei der Nachbarin unter Daniels Wohnung. Eine ältere
Dame, vielleicht erinnerst du dich.«
»Was hat sie gesagt?«
»Sie sagte, Daniel Treczok und Christoph Schütz wären
ein Liebespaar gewesen.«
»Schütz und Treczok? Glaubst du das etwa? Ich mein, du
weiÃt doch, wie alte Leute so sind. Da wohnen zwei Schwule im Haus, und da
möchte man sich gar nicht vorstellen, was da oben bei denen alles passiert.
Kann es nicht auch so gewesen sein?«
»Deshalb ist Lohmann noch mal bei den anderen Nachbarn
im Haus gewesen. Er hat alle abgeklappert mit dieser Frage. Die ältere Frau war
nicht die Einzige, die diese Vermutung hatte.
Weitere Kostenlose Bücher