Todesgarten
Telefon. Sonst glaubte Frau Schrade immer, er wäre nicht im Haus, wenn
seine Anrufe bei ihr landeten, und machte ihm brav Notizen. Dieses Glück hatte
er heute wohl nicht.
»Da ist eine Frau Doktor am Apparat. Ich stell sie mal
zu Ihnen durch.«
»In Ordnung. Ich nehme den Anruf hier entgegen.«
Er bedeutete Harald, dass er warten sollte, und griff
zum Telefon. Harald warf einen Blick auf den Schreibtisch, dann machte er einen
Satz nach vorn, nahm sich die ungeschälte Möhre und biss hinein. Wolfgang
wollte protestieren, aber dann war schon eine Stimme in der Leitung.
»Guten Tag, Herr Herzberger. Hier ist Dr. Oji, aus der
Charité. Sie erinnern sich?«
»Natürlich erinnere ich mich.«
Am anderen Ende war es so laut, als stünde die Ãrztin
in der Abfertigungshalle eines Flughafens. Nur schien alles etwas hektischer
und nervenaufreibender zu sein. Erst dann begriff er, dass es die Notaufnahme
war. Ãrzte waren zu hören, Sanitäter, Angehörige und Schwestern. Es ging
drunter und drüber. Er merkte, wie sich die Hektik auf ihn übertrug.
»Sie rufen wegen Bernd Neubauer an, schätze ich. Geht
es ihm inzwischen besser?«
»Nein, leider unverändert.« Sie war die Ruhe selbst,
trotz der Hektik. »Ich rufe aus einem anderen Grund an. Ich habe ⦠na ja, so
etwas wie einen Tipp für Sie.«
»Einen Tipp?«
Sie lachte. »Genau. Er betrifft Herrn Neubauer. Vielleicht
haben Sie ja Lust, seinen Hausarzt in Stuttgart anzurufen, einen Herrn
Schneider. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen die Nummer. Ist nur so eine Idee.«
»Wie darf ich das denn verstehen?«
»Vielleicht hat der Herr Dr. Schneider ja was Interessantes
zu sagen. Verstehen Sie es so, dass ich die aufgeschlagene Krankenakte vor mir
liegen habe. Und da gibt es einige überraschende Details.«
»Was denn für Details?«
Die Frage war ihm herausgerutscht. Er wusste natürlich,
er würde keine Antwort erhalten.
»Herr Herzberger, ich bitte Sie! Ihnen muss doch klar
sein, dass eigentlich nicht einmal ich die vollständige Akte haben dürfte. Sie
glauben doch nicht, dass ich Ihnen jetzt daraus vorlese.«
»Die Hierarchie, ich verstehe schon. Sie könnten mich
doch mit dem Oberarzt verbinden. Vielleicht kann der mir weiterhelfen.«
»Das würde ich nicht empfehlen.« Ein Lächeln in ihrer
Stimme. »Bevor der verstanden hat, worum es überhaupt geht, haben sich die
Richtlinien für den Datenschutz mindestens zweimal geändert. Also mein Tipp
ist, rufen Sie in Stuttgart an. Ach, und lassen Sie mich da bitte aus dem
Spiel.«
Wolfgang lieà sich die Nummer des Hausarztes geben,
dann bedankte er sich und legte auf.
Harald kaute auf der Möhre herum. »Gibtâs was Neues?«
»Das werden wir gleich wissen«, murmelte Wolfgang und
wählte die Stuttgarter Nummer. Während die Verbindung hergestellt wurde, kam
Kathrin herein. Sie lieà sich mit einem Seufzer auf den Stuhl neben Harald
sinken und streckte die Beine von sich.
»DrauÃen ist die Hölle los. Die ganze Stadt ist ein einziger
Stau. Bei so einem Berufsverkehr lobe ich mir doch die Arbeit am Wochenende.«
Wolfgang fragte sich wieder einmal, wieso seine geschlossene
Bürotür nicht respektiert wurde. AuÃerdem hätte er gern gewusst, weshalb seine
Ermittler sich in seinem Büro immer wie Teenager aufführten.
Am anderen Ende war besetzt. Er drückte auf die Gabel
und wählte erneut.
»Verschwindet mal bitte«, sagte er. »Ich brauche Ruhe.
Oder gibt es was Wichtiges?«
Kathrin hob die Schultern. »Wie man es nimmt. Ich war gerade
bei der PTU . Interessiert das hier jemanden?«
»Nun sag schon.«
»Der Einbrecher aus der Pension hat keinerlei Spuren
hinterlassen. Nichts Verwertbares jedenfalls. Wenn man von den Einbruchsspuren
an der Tür absieht. Aber auch die helfen uns nicht weiter. Fast ist es so, als
wäre er gar nicht da gewesen. Was sagt ihr dazu?«
»Dass mir das langsam zu kompliziert wird«, meinte Wolfgang.
Es war schon wieder belegt. Er drückte die Gabel und wählte ein drittes Mal.
»Es muss ein Profi gewesen sein«, sagte Harald. »Aber
Peter Stroh kann nicht dahinterstecken. Sonst wäre er ja nicht in den Klub gegangen.«
»Vielleicht ein Zufall«, sagte Kathrin. »Irgendein Einbrecher,
der nichts mit der Sache zu tun hat.«
»Das ist mir ein bisschen zu
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