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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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erzählen«, schlug Christoph
Schütz vor. »Von Daniels Bruder. Alle würden sich freuen, Sie kennenzulernen,
glauben Sie mir.« Er hielt inne. »Natürlich nur, wenn Ihnen das recht ist.«
    Michael dachte an Wolfgang. Was, wenn er davon Wind
bekäme? Dann wäre es vorbei, ein für allemal. Andererseits war es ohnehin nur
noch eine Frage der Zeit, bis alles auffliegen würde. Die Ermittlungen wurden
weitergeführt, und natürlich würde auch Daniels verschollener Bruder irgendwann
ausgegraben werden.
    Â»Es wäre mir lieber, wenn Sie vorerst keinem etwas sagen
würden. Ich bin für den Fall zwar nicht zuständig, aber meine Kollegen erfahren
besser nicht, welche Rolle ich bei der Sache spiele. Sie verstehen schon.«
    Â»Oh.« Christoph Schütz wirkte irritiert. »Daran habe
ich gar nicht gedacht.«
    Â»Deshalb sage ich es.«
    Eigentlich ging es Michael aber um etwas anderes. Er
hatte kein gutes Gefühl bei dieser Trauerfeier. Er gehörte nicht dazu.
Schließlich war er kein Teil von Daniels Wahlfamilie gewesen. Mit bitterer
Ironie wurde ihm bewusst, dass er sich sogar mit dessen bestem Freund siezte.
Und das, obwohl sie beide unter dreißig waren.
    Â»Wollen Sie nicht trotzdem kommen, Herr Schöne?
Einfach nur so?«
    Â»Ich werde darüber nachdenken.«
    Aber die Entscheidung war längst getroffen. Er würde
keinesfalls dort auftauchen.
    Â»Ich fände es jedenfalls schön, wenn Sie kämen«, sagte
Christoph Schütz. »Wenigstens ins Krematorium. Sie gehören doch dazu.«
    Â»Das ist sehr freundlich. Aber ich will lieber nichts
versprechen.«
    Daniel und er hatten sich bereits verabschiedet. An
dem Tag, als ihre Mutter gestorben war und sie in unterschiedliche Pflegefamilien
gekommen waren. Da hatten sie sich Lebewohl gesagt.
    Wer wusste schon, ob er und Daniel sich überhaupt
verstanden hätten, wären sie sich als Erwachsene begegnet? Sie waren so unterschiedlich.
Vielleicht hätten sie gar nichts miteinander anfangen können.
    Â»Danke, dass Sie mir Bescheid gegeben haben. Ich muss
jetzt Schluss machen. Ich habe einen Termin.«
    Er beendete das Gespräch und steckte das Handy zurück
in seine Tasche. Dann sah er wieder auf den Alexanderplatz hinaus. Er fragte
sich, wie er den Rest des Tages rumkriegen sollte. Wenn er nicht arbeitete, war
jeder einzelne Tag lang und zäh wie Kaugummi.
    Er seufzte und beschloss nachzusehen, was im Kino
lief. Bald begannen die Nachmittagsvorstellungen.
    Â 
    Wolfgang zog ein großes Stofftaschentuch hervor und
breitete es auf dem Schreibtisch aus. Dann holte er aus der Plastikdose, die
ihm seine Frau mitgegeben hatte, einen Apfel, zwei Möhren und ein Klappmesser
und breitete alles sorgfältig auf dem Taschentuch aus. Zufrieden betrachtete er
seinen Imbiss. Dann griff er nach einer der Möhren und begann sie behutsam zu
schälen.
    Er war so vertieft in seine Beschäftigung, dass er Harald
erst bemerkte, als der bereits vor seinem Schreibtisch stand. Wolfgang sah auf.
    Â»Störe ich?«, fragte Harald und deutete auf das Schälmesser.
    Â»Nein, nein. Was gibt es denn?«
    Er nahm am Besuchertisch Platz. »Ich hab noch mal mit
den Kollegen von der Drogenfahndung gesprochen. Du wolltest doch wissen, was es
mit diesem vermeintlichen Hinweis auf sich hatte. Du weißt schon, wegen der
Razzia im Kink Klub.«
    Â»Richtig. Und? Wer war es?«
    Â»Keiner«, sagte Harald.
    Â»Du meinst, der Hinweis war anonym?«
    Â»Nein. Ich meine, es hat überhaupt keinen Hinweis gegeben.«
    Wolfgang ließ das Schälmesser sinken. »So?«
    Â»Die haben Peter Stroh schon lange im Visier. Von dieser
Razzia haben sie sich einiges versprochen. Es hat gar keinen Hinweis gegeben,
weil sie genügend Indizien hatten. Mit dem Gerücht von dem Hinweis wollten sie
Stroh in Sicherheit wiegen. Soweit das überhaupt möglich ist. Er soll nicht
dahinterkommen, wie nah sie an ihm dran sind.«
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Du siehst aus, als wärst du enttäuscht. Sollen die doch
sehen, wie sie mit Stroh klarkommen.«
    Er wollte Harald gerade seine Theorie erklären, als
Frau Schrade den Kopf zur Tür hereinsteckte.
    Â»Herr Herzberger, Sie haben Ihr Telefon schon wieder
zu mir umgeleitet.«
    Â»Ach, wirklich? Entschuldigen Sie, das war ein Missverständnis.«
    Er hatte nur in Ruhe frühstücken wollen. Eine Viertelstunde
ohne

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