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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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zufällig«, meinte Wolfgang.
    Â»Wer sollte denn schon gezielt bei ihm eingestiegen
sein? Bei einem Bauarbeiter auf Berlinbesuch?«
    Â»Oder Wolfgang hat recht mit seiner Vermutung«, sagte Kathrin,
»und der Hinweis bei der Drogenfahndung kam von ihm. Weiß man da schon mehr?«
    Jetzt meldete sich eine Frauenstimme am anderen Ende.
»Praxis Dr. Schneider, was kann ich für Sie tun?«
    Harald lachte. »Das glaube ich kaum. Es hat nämlich
keinen Hinweis gegeben.«
    Kathrin war perplex. »Wie jetzt? Keinen Hinweis?«
    Â»Einen Moment bitte!« Wolfgang hielt mit der Hand die
Muschel zu. »Raus jetzt! Ich muss telefonieren.«
    Die beiden sahen ihn erstaunt an. Nur widerwillig standen
sie auf und schlurften aus dem Büro. Er wartete geduldig, bis sie die Tür
hinter sich zugezogen hatten, dann nahm er die Hand von der Muschel.
    Â»Jetzt bin ich am Apparat«, sagte er zu der
Arzthelferin. »Entschuldigen Sie bitte.«

17
    Auf dem Boden des Kink Klub klebte eine dicke
Schmutzschicht. Zigarettenkippen, Bierdeckel, Kaugummis und Scherben hatten
zusammen mit dem hereingetragenen Lehmboden und dem verschütteten Alkohol eine
klebrige Substanz gebildet, die sich kaum mehr entfernen ließ. Es stank
entsetzlich.
    Elke Rohwer war spät dran. Sie blickte sich um. Am
liebsten hätte sie sich umgedreht und wäre einfach wieder gegangen. Aber das
ging natürlich nicht. Sie legte ihren Rucksack auf den Tresen, setzte sich auf
einen Barhocker und drehte sich eine Zigarette. Erst mal ein bisschen Kraft
sammeln.
    Da fiel ihr ein, dass Montag war. Wie hatte sie das vergessen
können? Sie ging zum Tresen und sah sich dort um. Doch da lag nichts für sie,
kein Zettel, keine Nachricht, nicht mal ein hingeschmierter Gruß. Sie spürte
leichte Enttäuschung. Aber was hatte sie erwartet? In letzter Zeit lagen immer
seltener Zettel dort.
    Dinah arbeitete jeden Sonntag hinterm Tresen. Ab und
zu hinterließ sie ihr ein paar Zeilen, wenn sie morgens Feierabend machte.
Legte einen Gruß auf die geputzten Arbeitsflächen. Meist war den Nachrichten
anzumerken, dass sie unter Alkohol- und Drogeneinfluss erstellt worden waren.
Aber das störte Elke nicht, im Gegenteil. Es fühlte sich an, als würde Dinah
sie als gleichberechtigt erachten. Als wäre sie ein Teil des Teams. Die Zettel
bewahrte Elke alle auf. Sie wünschte, Dinah würde ihr häufiger schreiben. Aber
wahrscheinlich hatte sie längst vergessen, dass Elke montags putzte.
    Sie inhalierte den Rauch. In der Post war heute Morgen
ein Brief gewesen, er steckte in ihrem Rucksack. Es war eine Zusage. Sie hatte
die Stelle bei der Reinigungsfirma bekommen. Die zahlten einen guten Lohn, würden
ihre Sozialversicherung übernehmen, und Einsatzort wäre ein Bürokomplex am
Potsdamer Platz. Also keine vollgekotzten Klos mehr. Wenn sie zusagte, konnte
sie nächsten Montag anfangen. Es war zwar nicht Spanien. Aber wenigstens mal
eine richtige Arbeit, samt Steuern und Versicherungen.
    Sie nahm noch einen Zug von ihrer Zigarette, dann warf
sie die Kippe auf den Boden. Dinah. Elke dachte an die Teamtreffen, wenn die
Schichtpläne gemacht wurden. Da ging es immer hoch her. Alles gut gelaunte
Alphatiere, die sich gegenseitig ins Wort fielen. Elke saß meist still in einer
Ecke und beobachtete Dinah. Ob sie überhaupt wusste, wie sehr Elke sie mochte?
Welche Rolle sie in ihren Träumen spielte? Wahrscheinlich hatte sie keine
Ahnung. Woher auch?
    An den Tagen, an denen Dinah nachts zuvor gearbeitet
hatte, fühlte sich das Putzen anders an. Als wäre es etwas Besonderes, wenn
Dinah all die Gläser zuvor in der Hand gehalten hatte, deren Scherben sie jetzt
zusammenkehrte. Dabei war ihr immer ganz warm in der Brust. Sie erzählte besser
keinem davon, es war schlichtweg verrückt.
    Sie ging ins Lager, um das Putzzeug zu holen. Heute
wollte sie mit den Toiletten beginnen, die sahen nämlich besonders schlimm aus.
Um an das oberste Regal zu gelangen, wo die Putzmittel aufbewahrt wurden,
musste sie den Eimer umdrehen und draufsteigen. Sie stellte sich auf
Zehenspitzen und zog eine Flasche hervor. Dabei löste sich eine Pappschachtel,
die ebenfalls dort verstaut war, und fiel ihr entgegen. Elke geriet aus dem
Gleichgewicht, der Eimer kippte um, und sie knallte gegen den rohen Putz der
Rückwand. Schachtel und Putzmittel polterten auf den Boden.
    Elke betastete vorsichtig ihre Knochen. Sie

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