Todesgier - Thriller
festlegen und hat die Todesursache offengelassen. Schuld waren jedenfalls ziemlich viele Tabletten mit Alkohol. Das Beweismaterial, das wir damals finden konnten, haben wir noch.«
»Würden Sie das Foto scannen und mir mailen?«, fragte Lucas.
»Klar. Erledige ich gleich heute Abend.«
Während Lucas sich mit Sams unterhielt, saßen Jesse Lane und Rosie Cruz im hinteren Bereich des Spor’s, eines hochklassigen Delikatessenladens nahe der West Seventh Street, zwei Häuserblocks vom Parteitagscenter entfernt, und beobachteten Shelly Weimer, wie er ein Corned-Beef-Sandwich mit einem Berg Sauerkraut verdrückte.
»Was für ein Schwein«, bemerkte Rosie Cruz.
»Besonders ordentlich isst er nicht gerade.«
Weimer saß auf der anderen Seite des Ladens unter einem Poster von Albert Einstein und schlang das Sandwich mit gehetztem
Blick hinunter wie ein Verhungernder. Dabei rieselten Brotkrümel und Sauerkrautfäden auf den Tisch, seine Jacke, sein Hemd und seinen Schoß.
Lane und Rosie Cruz aßen ihre Hotdogs und Pommes gemächlich, ohne viel zu reden. Nach einer Weile sagte Lane: »Du bist aus L. A., stimmt’s?«
»Wir reden nicht darüber, wo die Leute herkommen«, erwiderte Rosie belustigt.
»Trotzdem wissen wir, wo alle her sind … falls Brute überhaupt irgendwoher kommt. Ursprünglich, glaub ich, stammt er aus Birmingham.«
»Meine Privatsphäre ist mir heilig«, sagte Rosie.
»Klar. Aber ich denke, du bist aus L. A.. Jedenfalls siehst du aus wie eine Kalifornierin und benimmst dich auch so.«
»Und wie benimmt man sich da?«
Lane warf einen kurzen Blick in Richtung Weimer. »Tate und ich haben über dich gesprochen. Wenn du nach einer Aktion zum Flughafen fährst, trägst du leichte, farbenfrohe Kleidung wie jemand aus Kalifornien. Im Mittleren Westen ziehen wir uns nicht so an. Und im Lokal stocherst du im Essen rum, als hättest du so was noch nie gesehen. Zum Beispiel dieser Hotdog. Du wirst den nicht aufessen, oder?«
»Er schmeckt mir nicht sonderlich.«
»Das ist aber ein guter Hotdog«, erklärte Lane. »Bessere gibt’s kaum. Ihr Kalifornier esst keine Hotdogs, sondern Obst und dazu Fruchtsäfte und Joghurt. Du magst auch Obst, das hab ich gesehen. Wenn du mal über die Stränge schlägst, haust du dir einen Fat Burger in einem In-and-Out rein. Hier gehen wir zu McDonald’s. Deine Essgewohnheiten sind kalifornisch. Du wirkst großstädtisch, aber in New York essen die Leute alles. In Dallas mögen sie mexikanisch und Spareribs; aus anderen Sachen machen sie sich nicht viel. Nach Chicago oder Denver siehst du mir nicht aus. Du isst nicht wie jemand aus Dallas oder New York. Du kommst definitiv aus L. A.«
»Weißt du viel über L. A.?«, fragte sie in einem Tonfall, dem zu entnehmen war, dass sie das nicht glaubte.
»Schon«, antwortete Lane, der sich nicht provozieren ließ. Er musterte sie kurz, bevor er hinzufügte: »Marina del Rey. Vielleicht hast du auch ein bisschen mehr Geld und kommst aus Laguna Beach.«
»Du hast echt Scheiße im Hirn, Jesse.« Sie tätschelte seine Hand. »Trotzdem bist du ein netter Kerl.«
Jesse beugte sich ein wenig vor. »Bei ›Marina del Rey‹ hast du nicht mit der Wimper gezuckt, was bedeutet, dass du das kennst. Woher, wenn du nicht aus L. A. kommst?«
»Okay, Jesse, du hast recht: Ich bin aus Marina del Rey.«
»Soso. Und woher kommst du wirklich?«
»Er steht auf«, sagte Rosie Cruz. Weimer wischte sich Jacke und Hose ab, während er zwischen den Tischen hindurch in Richtung Tür watschelte. Was Rosie gelegen kam, weil Weimers Aufbruch von ihrem Schock über Lanes Beobachtungen ablenkte: Sie wohnte in Venice, in unmittelbarer Nachbarschaft von Marina del Rey, was bisher niemand erraten hatte. Doch dieser Idiot aus Alabama durchschaute sie, weil sie Obst aß, war das zu fassen?
»Er kommt«, sagte sie ins Handy.
Weimer betätigte die Fernbedienung seines gemieteten Audi A6 und zwängte sich zwischen diesem und dem zu nahe daneben geparkten Minivan hindurch, um vorsichtig die Tür seines Wagens zu öffnen. Als er einsteigen wollte, hörte er ein metallisches Geräusch … und wurde von einer kräftigen Hand am Kragen gepackt und in den Van gezerrt. Seine Waden knallten gegen den Rahmen, und er verlor einen Schuh. Kurz darauf schlug die Tür zu.
Alles ging so schnell, dass er nur noch Zeit hatte, auszurufen: »Hey, hey!« Dann presste sich auch schon eine behandschuhte Hand auf seinen Mund, und ein Mann sagte
warnend: »Wenn Sie schreien
Weitere Kostenlose Bücher