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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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zusammen, aus den großen Städten wurden im Handumdrehen aufgeblähte, überfüllte, schlecht versorgte und personell unterbesetzte Flüchtlingslager. Wenn wir »uns« erst einmal erfolgreich von »denen« abgesondert hatten, so die Theorie der Unveränderten, könnten wir in die Wildnis hinausziehen und die Wichser zur Strecke bringen.
     
    Vor nicht einmal vier Monaten, als der letzte Frost des Winters endlich weggetaut war und die ersten grünen Knospen des neuen Wachstums zaghaft sprossen, war dieser öffentliche Park eine Oase üppigen Grüns tief im trostlosen grauen
Betonherzen der Stadt gewesen. Eine Zuflucht für Büroangestellte in der Mittagspause, eine Abkürzung auf dem Weg von oder zur Arbeit. Ein Ort, wo Jugendliche, die die Schule schwänzten, sich verkrochen, verbotenen Alkohol tranken, Kippen wegrauchten und ihre Namen in Parkbänke und Baumstämme einritzten. Ein Ort, wo alte Leute mit zu viel Zeit und zu vielen Erinnerungen nach dem Einkaufen saßen und mit jedem redeten, der sich anhören wollte, wie das ganze Land vor die Hunde gegangen und zu ihrer Zeit alles viel besser gewesen war … Und man musste zugeben, dass sie recht hatten.
    In den langen Schatten von Bürogebäuden, Einkaufszentren, Tagungsstätten und Multiplex-Kinos lag ein ehemals breiter, ausgedehnter Grünstreifen, wo sich inzwischen reihenweise Zelte voller Flüchtlinge drängten. Zwei Footballfelder hatte man zu Helikopterlandeplätzen umfunktioniert, die unablässig frequentiert wurden. Auf dem weichen Asphalt, wo einst Schaukeln, Karussells und Rutschen für Kinder gestanden hatten, befanden sich jetzt auf höchsten Befehl hin streng bewachte und zunehmend schwindende Lager mit militärischer Ausrüstung und Vorräten. Aus den Umkleidekabinen auf der anderen Seite des Parks war ein hoffnungslos unzureichendes Feldlazarett geworden. Entlang des kleinen Gebäudes aus roten Backsteinen verlief jetzt ein hoher Zaun aus Holz um die vier Tennisplätze des Parks herum. Bis vor drei Wochen hatten sie noch als provisorische Leichenhalle gedient, doch dann hatten die Stapel der Leichen, die auf den Abtransport warteten, ein Ausmaß erreicht, dass das abgeschottete Areal zu einem ununterbrochen brennenden Scheiterhaufen geworden war. Es gab längst keine andere Möglichkeit mehr, die Toten auf eine einigermaßen hygienische Art und Weise zu entsorgen.

    Bevor seine Mutter versucht hatte, ihn zu töten, und er brüllend in einen Krieg hineingezogen wurde, von dem er sich bis dahin unbedingt fernhalten wollte, hatte Mark Tillotsen in einem Call-Center Versicherungen verkauft. Er hatte hart gearbeitet und Freude an dem Job gehabt (soweit man eben Freude daran haben konnte, in einem Call-Center Versicherungen zu verkaufen). Die Anonymität seiner Rolle gefiel ihm, während ihm die tägliche Routine, das Prozedere, die Vorschriften, hinter denen er sich versteckte, und die Ziele, auf die er hinarbeitete, Trost spendeten. In seiner letzten Beurteilung, rund einen Monat bevor der Hass ausbrach, hatte sein Abteilungsleiter ihm noch eine glänzende Zukunft bescheinigt. Als er heute langsam in der nachmittäglichen Hitze zu einem Konvoi von drei ramponierten Lastwagen stapfte, die von schwer bewaffneten Militärfahrzeugen flankiert wurden, fragte er sich, ob er, oder sonst jemand, überhaupt noch irgendeine Form von Zukunft vor sich hatte.
    Mark schwang sich in die Kabine des mittleren Lastwagens und begrüßte den Fahrer. Der hieß Marshall, und sie hatten in den vergangenen Wochen zusammen schon mehrere Ausflüge ins Umland der Stadt unternommen. Marshall war der Inbegriff eines Lastwagenfahrers und schien sich am Steuer seines Fahrzeugs wohler zu fühlen als irgendwo sonst. Seine Arme glichen Baumstämmen, verblasste Tattoos zierten die Haut unter dem dichten grauen Haar. Er hielt das Lenkrad fest mit den Lederhandschuhen umklammert, obwohl sie nicht fuhren. Mit einer mürrischen und ernsten Miene sah er starr geradeaus. Es war immer noch besser, keinerlei Gefühlsregungen zu zeigen, als Mark sehen zu lassen, wie nervös er in Wirklichkeit war. Es wurde nicht leichter.
    »Alles klar?«
    »Bestens«, antwortete Mark hastig. »Und bei dir?«

    Marshall nickte. »Heute Personen, keine Vorräte.«
    »Wie das?«
    »Ein Helikopter hat sie mit Infrarot aufgespürt, etwa drei Meilen außerhalb der Zone.«
    »Viele?«
    »Weiß ich erst, wenn wir dort sind.«
    Das war das Ende ihres kurzen, stakkatohaften Wortwechsels. Mehr musste nicht gesagt werden.

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