Todeshunger
kann mir nicht vorstellen, dass er durchpasst. Der Teufel soll mich holen, wenn ich abwarte, bis er stecken bleibt und ich hinter ihm festsitze. Ich stoße ihn beiseite und klettere in der Gewissheit hoch, dass ich längst fort bin, bis er es nach draußen schafft, wenn es ihm überhaupt
gelingt. Ich werfe den Rucksack hinaus, dann zwänge ich mich durch das schmale Fenster und lasse mich in ein Blumenbeet fallen, das Dornenranken und Unkraut überwuchert haben. Ein Abfallhaufen und ausgemergelte Kadaver polstern meinen Sturz. Ich stehe hastig auf, schnalle den Rucksack auf den Rücken und laufe los. Jetzt wird es nicht mehr lange dauern, bis sie …
»Hey, Danny!«
Wer zum Teufel war das? Verdruss erfüllt mich, als ich mich umdrehe und sehe, wie Adam mir mit seinem Skistock nachhinkt und dabei den nutzlosen, deformierten und schlimm gebrochenen linken Fuß hinter sich herzieht. Vor ein paar Tagen habe ich den armen Kerl im Haus seiner Eltern eingeklemmt gefunden und kann ihn seither nicht mehr abschütteln. Da er kaum gehen kann, könnte ich ihn einfach im Stich lassen, aber dummerweise höre ich ständig auf mein Gewissen. Ich rede mir ein, dass er irgendwann wieder töten kann, sollte es mir gelingen, ihn von hier fortzuschaffen, und jeder, der auch nur einen der Unveränderten erledigen kann, ist es wert, dass er gerettet wird. Ich laufe zurück, lege ihm einen Arm um die Taille und ziehe ihn von dem Gebäude weg.
»Danke, Kumpel«, setzt er an. »Ich dachte schon, ich …«
»Halt die Klappe, und beweg dich.«
»Oh, wie nett. Was habe ich denn nur …?«
»Hör zu«, sage ich und unterbreche seinen Wortschwall. »Die kommen zurück.«
Ich ziehe ihn tief in das Unterholz hinter dem Bürogebäude. Trotz meiner hastigen, raschelnden Schritte, und obwohl das Laubdach über uns alle Geräusche dämpft und verzerrt, höre ich eindeutig ein weiteres Flugobjekt näher kommen. Was immer da anrücken mag, es ist größer,
lauter und zweifellos tödlicher als der Helikopter, der zuvor hier gewesen ist.
Adam schreit auf, als er sich den gebrochenen Knöchel an einem flachen Baumstumpf anstößt. Ich beachte ihn gar nicht und laufe weiter. Sein Bein ist sowieso schon im Arsch, auf ein paar Verletzungen mehr kommt es da auch nicht mehr an.
»Klingt nach etwas Großem«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und versucht, sich von dem Schmerz abzulenken. Ich antworte nicht, sondern konzentriere mich stattdessen darauf, die größtmögliche Distanz zwischen mich und das Bürogebäude zu bringen. Überall um mich herum laufen weitere Leute zwischen den Bäumen dahin; im Licht der Sonne, die durch die unregelmäßigen Lücken im Baldachin der Baumkronen scheint, überholen sie uns alle. Das Geräusch wird immer deutlicher und ist inzwischen so laut, dass ich es im Boden spüren kann. Das muss ein Düsenjet sein. Herrgott, was habe ich nur verbrochen, dass ich in so einer Situation mit einem Krüppel gestraft bin? Vielleicht sollte ich mich einfach aus dem Staub machen und ihn sich selbst überlassen? Ich riskiere einen Blick zu den Baumwipfeln und sehe ganz kurz das Flugzeug, das mit einer unglaublichen Geschwindigkeit am Himmel dahinrast – so schnell, dass der Lärm, den es macht, offenbar nicht damit Schritt halten kann.
»Beeilung«, sage ich zu Adam. »Wir sind noch nicht weit genug weg …«
Ich bleibe stehen und werfe mich in dem Moment zu Boden, als ich das Geräusch höre; das unverkennbare Wusch und Rauschen von Raketen im Anflug. Adam schreit vor Schmerzen auf, als ich ihn nach unten ziehe,
aber dicht am Boden sind wir sicherer. Es folgt ein Augenblick der Stille – keine Sekunde, aber mir kommt es wie eine Ewigkeit vor -, und dann wird das Gebäude hinter uns durch eine immense Welle von Hitze, Licht und Lärm zerstört. Eine glühend heiße Windbö fegt durch die Bäume, dann regnen Staub und kleine Verputztrümmer vom Himmel, prallen von den Blättern und Ästen über uns ab und prasseln auf den Boden wie harter Regen. Das dichte grüne Laubdach schwächt die Wucht der Hagelkörner aus Granit ab. Der Trümmerregen ist so schnell vorbei, wie er angefangen hat, dann höre ich nur noch das Flugzeug, das in der Ferne verschwindet, und den keuchenden Atem von Adam und mir. Er setzt sich auf und müht sich dabei mit seinen Verletzungen ab. Der arme Irre grinst wie ein Idiot.
»Leck mich«, sagt er. »Das war eindrucksvoll.«
»Eindrucksvoll? Mir fallen da ganz andere Wörter ein. Wenn du
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