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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Zeitung gelesen, Mr. Senator.«
    »Ja, darauf bin ich wirklich stolz.« Fall streckte die Arme und lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Die beiden designierten Präsidenten der zwei größten Demokratien der Welt. Etwas völlig Neues. Harding will nicht hin, aber ich werde ihn schon überreden. Obregón wird seine Truppen aus den Bergwerken abziehen und unsere Ölquellen nicht anrühren, und wir werden einen guten Eindruck in der Welt machen.«
    »Ich glaube nicht, dass Mr. Harding hinreisen sollte, Sir.«
    »Wollen Sie mir Ratschläge zur Außenpolitik geben?«
    »Und wenn es Mexiko war, Mr. Fall?«
    »Wenn Mexiko was war?«
    »Wenn es nicht die Russen waren, sondern die Mexikaner? «
    Lange herrschte Schweigen, ehe Fall wieder das Wort ergriff. »Sie reden aber nicht von dem Bombenanschlag, mein Junge?«
    »Erinnern Sie sich noch, was Sie mich bei unserer ersten Begegnung gefragt haben? Welches Land hat einen Vorteil von dem Attentat, welches Land hat ein Motiv, welches Land glaubt, das Recht auf einen Angriff gegen uns zu haben? «
    »Natürlich erinnere ich mich.«
    »Niemand hat ein stärkeres Motiv für einen Anschlag auf J.P. Morgan als die Mexikaner«, erklärte Littlemore. »Die
Morgan Bank hat ihnen den Geldhahn zugedreht – sechs Jahre lang hat sie alle Banken der Welt von Krediten an das Land abgehalten. Und das ist nicht das einzige Motiv. Nach allem, was ich höre, sind wir dort unten ziemlich verhasst, Sir. Die warten schon lange auf eine Gelegenheit, es uns heimzuzahlen.«
    »Was heimzuzahlen?«
    »Den Mexikanisch-Amerikanischen Krieg.«
    »Das ist doch ein alter Hut, mein Junge. Daran erinnert sich kein Mensch mehr.«
    »Die Mexikaner schon, Sir. Wir haben ihnen fast die Hälfte ihres Landes abgenommen. Sind einmarschiert. Haben Mexiko-Stadt besetzt. Viele Menschen getötet. Es gab regelrechte Gräueltaten. Anscheinend meinen sie, dass wir auf sie herabschauen, Senator Fall. Und obendrein glauben sie, dass wir ihnen ihr ganzes Silber und Öl stehlen und uns bereichern, während sie bettelarm bleiben.«
    Fall dachte nach. »Fast hätte ich gesagt, dass ich so was Lächerliches noch nie gehört habe, aber vielleicht ist doch was dran. Dieser neue Gesandte Torres – offen gestanden, kam er mir irgendwie merkwürdig vor. Als ob er was zu verbergen hätte.«
    »Angenommen, sie haben vor, unsere Ölquellen zu verstaatlichen«, fuhr Littlemore fort. »Da unsere Armee der ihren haushoch überlegen ist, müssten sie uns zeigen, dass sie uns auf andere Weise angreifen können – auf eine völlig neue Weise, die keine Armee verhindern kann. Damit wir einsehen, dass sich eine Invasion nicht lohnt.«
    »Sie meinen, mit dem Anschlag wollten sie uns vorführen, wie sie kämpfen werden, falls wir einmarschieren?«
    »Ich meine, wenn man die Sache vom mexikanischen
Standpunkt aus betrachtet, passt das alles zusammen. Ein Angriff gegen die Morgan Bank. Vergeltung für unsere Invasion. Und ein warnender Hinweis darauf, welchen Schaden sie uns zufügen können, falls unsere Armee nach der Beschlagnahmung des Öls einmarschiert. Drei Fliegen mit einer Klappe.«
    »Aber dann müssten sie komplette Idioten sein«, wandte Fall ein, »weil sie nämlich vergessen haben, uns zu sagen, dass sie es waren.«
    »Sie würden es nicht offen aussprechen«, erwiderte Littlemore. »Denn dann wären wir gezwungen , unsere Armee loszuschicken, und das wollen sie ja gerade vermeiden. Das heißt, sie würden uns ein Zeichen geben, aber keine handfesten Beweise.«
    »Aber sie haben uns kein Zeichen gegeben.«
    »Doch. Wissen Sie, wann der mexikanische Unabhängigkeitstag ist?«
    »Nein.«
    »Am sechzehnten September.«
    Fall schwieg mehrere Sekunden. »Sind Sie sicher? Nicht der fünfzehnte oder der siebzehnte?«
    »Der sechzehnte September, Mr. Senator. Und es ist ein großer Feiertag für die Mexikaner, genau wie der vierte Juli für uns.«
    »Also, ich benutze das Wort Ironie nicht oft, aber das finde ich wirklich ironisch. Sie wollen uns beweisen, dass sie gar nicht so mickrig sind, aber sie sind so mickrig, dass ihre Botschaft gar nicht bei uns ankommt.«
    »Noch was, Mr. Fall. Zwei Wochen vor dem Anschlag hat Mr. Lamont von der Morgan Bank eine Drohung erhalten. Bloß hat Lamont das irgendwie durcheinandergebracht.
Er dachte, die Drohung geht von einem Bankier namens Speyer aus, aber der war es nicht. Es war ein mexikanischer Konsul – ein Bursche namens Pesqueira. Hat gesagt, dass es übel ausgeht, wenn Morgan weiterhin kein

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