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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Motiven zu Herrn Gruber nach Braunau gereist sind und dass Dr. Younger Ihnen aus romantischen Motiven mit Ihrem Bruder nachgefahren ist, und zwar mit einem Motorrad, das ich für ihn gemietet hatte. Bestimmt liegt nur ein Missverständnis vor, wie so oft bei der Polizei. Ich habe den Beamten versichert, dass keiner von Ihnen in einen Mord verwickelt sein kann. Es tut mir leid, das ist alles meine Schuld.«
    »Nein«, rief Colette, »es ist unsere Schuld, dass Sie von der Polizei behelligt wurden.«
    »Haben Sie erwähnt«, fragte Younger, »dass wir Bekannte der Freuds sind?«
    »Selbstverständlich nicht«, antwortete Oktavian. »Vertrauliches
teilt man der Polizei nicht mit. Übrigens, darf ich erfahren, wo mein Motorrad ist? Wie ich höre, sind Sie gestern Abend mit dem Taxi zum Hotel gefahren. Haben Sie das Motorrad am Bahnhof abgestellt?«
    »Die Polizei hat Sie nicht verständigt?«
    »Worüber?«
    Younger winkte Luc heran. »Graf Kinsky möchte wissen, wo sein Motorrad ist.«
    Luc zückte einen kleinen runden Spiegel mit einem abgebrochenen Stück Stahl daran. Blinzelnd nahm Oktavian die Gabe entgegen. Aus seiner anderen Tasche förderte Luc eine verbogene Radspeiche zutage.
    »Ach herrje«, bemerkte Oktavian.
    »Wir haben die Fahrt sehr genossen«, erklärte Younger. »Wendige kleine Maschine.«
    »Herrje.« Oktavian schluckte trocken. »Nun, wie es heißt, ist das Schuldgefängnis längst nicht mehr so unerfreulich wie früher.«
    »Warten Sie, ich habe noch was vergessen.« Younger zog einen Bankwechsel aus dem Jackett, den er auf Kinskys Namen ausstellte.
    Oktavian starrte auf die Zahlungsanweisung. »Das reicht nicht nur für ein Motorrad, Dr. Younger, sondern für ein Motorrad und drei neue Automobile.«
    »Ich weiß. Und trotzdem ist es nicht genug für Ihre Dienste.«
     
    E s gab nichts zu packen. Ihre Sachen befanden sich alle im Hotel und waren daher verloren. Als sie sich im Hof von Minna verabschiedeten, kam Freud in Begleitung seiner Frau Martha von seinem Morgenspaziergang zurück.

    »Sie verlassen uns schon?«, fragte der Psychologe.
    »Ja«, antwortete Younger. »Oktavian bringt uns zum Bahnhof. Je länger wir bleiben, desto gefährlicher wird es für Sie.«
    »Meine Frau und ich, wir haben uns schon darüber unterhalten, Mademoiselle Rousseau. Lassen Sie den Jungen hier. Bei uns.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Warum denn nicht? Martha wäre überglücklich. Wir hatten schon so lange kein Kind mehr im Haus.«
    »Aber ich kann nicht.«
    »Es könnte Ihre Flucht vereinfachen«, warf Oktavian ein. »Die Polizei sucht nach einem Paar mit einem kleinen Jungen. Bestimmt werden alle Bahnhöfe überwacht.«
    »Ich war noch nie von Luc getrennt«, protestierte Colette.
    »Noch nie?« Freud sah sie an. »Erst vorgestern sind Sie ohne ihn nach Braunau gefahren. Ohne Gewähr auf ein Wiedersehen.«
    Colette runzelte die Stirn. »Es gab nur einen Grund auf der Welt, warum ich das getan habe. Und jetzt ...«
    »Mein Fräulein«, unterbrach Freud sie sanft, aber bestimmt. »Ihr Bruder ist seit sechs Jahren in Ihrer Obhut, und Sie haben nie dafür gesorgt, dass er behandelt wird. Das war wahrscheinlich klug, ungewöhnlich klug für Ihr Alter, denn die Betreuung, die er fast überall auf der Welt bekommen hätte, hätte ihm nichts genutzt oder ihm sogar geschadet. Aber jetzt würden Sie ihm einen schlechten Dienst erweisen, wenn Sie ihm die Behandlung vorenthalten, die er braucht. Er ist in einem heiklen Alter. Wenn sich sein Zustand nicht bald verändert, wird das wahrscheinlich Auswirkungen auf sein Erwachsenenleben haben.«
Freud zögerte. »Ich habe einen zusätzlichen, medizinischen Grund für meinen Vorschlag. Ihr Bruder hat bessere Heilchancen, wenn er in Ihrer Abwesenheit behandelt wird.«
    »In meiner Abwesenheit? Warum?«
    »Sein Zustand bessert sich, wenn er nicht bei Ihnen ist. Younger, hat sich der Junge auf der Motorradfahrt mit Ihnen verständigt?«
    »Ja, er hat mir Nachrichten geschrieben.«
    »Das haben Sie mir gar nicht erzählt«, klagte Colette.
    »Es ist natürlich, Mademoiselle Rousseau, dass es dem Jungen fern von seiner Familie besser geht. Und genauso natürlich, dass Sie es ihm übelnehmen.«
    »Ich nehme es ihm nicht übel.«
    »Nein? Nun, im Moment kann ich noch nicht mehr darüber sagen, aber Sie sind mit hoher Wahrscheinlichkeit an seinen Symptomen beteiligt. Ihr Verhalten und seines in den letzten sechs Jahren sind in irgendeiner Weise miteinander verknüpft. Vielleicht sind Sie

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