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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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anzuschreien. Das war nicht der Tod, hätte er ihnen am liebsten zugerufen. Sie hatten keine Ahnung vom Tod.
    »Sie behaupten also, Dr. Younger zu sein?«, fragte der Hoteldirektor, ein hochgewachsener Mann mit Brille, der weiße Handschuhe und Abendgarderobe trug.
    »Nein.« Younger blieb gelassen. »Ich bin Dr. Younger.«
    Mit einem missbilligenden Blick auf Youngers blutbespritzten Anzug nahm der Direktor den konischen Hörer vom Empfangstelefon und hielt ihn auf halber Höhe wie eine Waffe. »Im Gegenteil. Ich persönlich habe Dr. Younger vor zwei Stunden seinen Schlüssel ausgehändigt, nachdem er mir einen unwiderlegbaren Beweis seiner Identität vorgelegt hat.« Seine nächsten Worte sprach er, an den Telefondienst
gewandt, in den Hörer. »Verständigen Sie bitte die Polizei.«
    »Die ist schon da«, antwortete eine Stimme hinter Younger. Littlemore hatte den Wagen geparkt und war nun ebenfalls am Empfang eingetroffen. Er zeigte seine Dienstmarke vor. »Dr. Youngers Brieftasche wurde gestohlen. Sie haben den Schlüssel einem Betrüger überlassen.«
    Der Direktor musterte den derangierten und staubbedeckten Littlemore mit unvermindertem Argwohn. Nachdem er die Dienstmarke inspiziert hatte, bekundete er, den Hörer immer noch am Ohr, erneut seine Absicht, mit der Polizei sprechen zu wollen, diesmal »um die Identität des Detectives festzustellen».
     
    D ie Glut seiner Zigarette gefährlich nah am Bartgestrüpp, durchwühlte Drobac den Inhalt von Colettes Laborkoffer. Er entdeckte zwei Fläschchen, ein halbes Dutzend mit leuchtend grünem und gelbem Pulver gefüllte Reagenzgläser und mehrere schartige Erzstücke. Diese lendensteakgroßen Steine waren pechschwarz und glänzten, als bestünden sie aus geronnenem Öl. Außerdem waren sie mit Adern aus glitzerndem Gold und Silber durchzogen. Drobac stopfte sich die Taschen voll und ließ nichts zurück.
     
    » G ibt’s hier im Hotel einen Zahnarzt?«, erkundigte sich Littlemore.
    »Selbstverständlich nicht.« Der Direktor wartete noch immer am Telefon. »Ich fürchte, die Leitungen sind besetzt. Möchten Sie vielleicht so lange Platz nehmen?«
    »Ich habe eine bessere Idee.« Littlemore ließ seine Handschellen über dem Tresen baumeln. »Sie geben mir jetzt
den Schlüssel, oder ich bringe Sie aufs Revier wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen. Dann können Sie meine Identität gleich persönlich feststellen.«
    Der Direktor reichte ihm den Schlüssel.
    Schweigend nahmen der Detective und der Arzt den vornehmen Fahrstuhl nach oben. Als sich die Türen endlich öffneten, sprang Younger so überstürzt hinaus, dass er einem Mann vor dem Aufzug den Hut vom Kopf stieß. Younger fiel zwar der üppig wuchernde Bart des Wartenden auf, aber nicht, wie seltsam das schäbige gestreifte Jackett an den Schultern nach unten zog – als hätte er die Taschen voller Schrot.
    Younger entschuldigte sich und bückte sich nach dem Hut auf dem Teppich, doch Drobac war ihm schon zuvorgekommen.
    »Abwärts«, sagte der Fahrstuhlführer.
     
    W as auch immer Younger in Colettes Zimmer zu finden gehofft oder gefürchtet hatte, er fand es nicht. Stattdessen betraten er und Littlemore am Ende eines endlosen Korridors ein ganz normales Hotelzimmer. Das Bett war gemacht. Die Liege ebenso. Die Koffer schienen unberührt. Auf einem Couchtisch lag in fächerförmigen Halbkreisen die Asche von verbrannten Streichhölzern: das Werk des Jungen.
    Lediglich Colettes bleigesicherter Laborkoffer, der offen und leer vor dem Schrank stand, ließ auf ein Vergehen schließen. In der stickigen Luft hing Zigarettengeruch.
    »Darauf hatten sie es abgesehen«, bemerkte Younger grimmig. »Auf den Koffer.«
    »Nein.« Littlemore öffnete Schränke und spähte hinter Vorhänge. »Sonst hätten sie ihn nicht dagelassen.«

    Perplex und aufgebracht starrte Younger den Detective an. Dann steuerte er auf den Laborkasten zu.
    »Nichts anfassen, Doc.« Littlemore warf einen Blick ins Bad. »Wir wollen ihn später auf Fingerabdrücke untersuchen. Was war da drinnen?«
    »Seltene Elemente«, erwiderte Younger. »Für einen Vortrag, den sie halten sollte. Das Radium allein ist zehntausend Dollar wert.«
    Der Detective pfiff durch die Zähne. »Wer hat davon gewusst?«
    »Außer einem Professor in New Haven fällt mir nur eine Person ein, und die ist ganz bestimmt nicht die Entführerin.«
    Littlemore schaute unters Bett. »Die alte Dame, die Sie mit Colette heute besucht haben?«
    »Genau.«
    Auf Händen und

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