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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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davon beschädigt, wandert wegen Beschädigung von Beweismaterial ins Gefängnis. Das ist kein Scherz.«
    Alle Zettel waren grob und billig, fünfundzwanzig Zentimeter lang und fünfzehn Zentimeter breit, und trugen die gleiche mit roter Tinte aufgestempelte Nachricht, deren Unregelmäßigkeit darauf schließen ließ, dass die Schreiben von Hand bedruckt worden waren.

    Achtung
Wir werden nicht
mehr dulden
Befreit die polietischen
Gefangenen oder es ist
der sichere Tod für euch alle
Anarchistische
Kämpfer Amerikas
    Die Presseleute machten sich eifrig Notizen.
    »Cedar Street und Broadway.« Flynn benutzte wieder seinen Zeigestab. »Das sind vier Minuten Fußweg bis zum Ort der Sprengung. Damit steht zweifelsfrei fest, was geschehen ist. Die Anarchisten haben ihr mit Tierkraft betriebenes Fahrzeug gegen elf vierundfünfzig an der Wall Street abgestellt. An der Ecke Cedar Street und Broadway haben sie diese Wurfsendungen in den Postbehälter gesteckt, drei Minuten vor der Explosion.«
    Nach einer Kunstpause fuhr Flynn fort. »Sie werden sich erinnern, dass die Wurfsendungen im Zusammenhang mit den Bombenattentaten von 1919 genauso ausgesehen haben wie diese und von derselben Feindorganisation unterzeichnet waren. Wären noch weitere Beweise nötig, was nicht der Fall ist, so könnte ich Sie daran erinnern, dass der Bombenschlag auf das Postamt von Chicago 1918 am dritten Donnerstag im September stattgefunden hat – genau wie gestern. Der genaue Jahrestag. Also handelt es sich um genau dieselben bolschewistischen Terroristen, die uns 1918 und 1919 attackiert haben: Italiener aus der Galleani-Organisation. Das ist die Story, und so wird sie gedruckt. Ich bringe jetzt die Namen der Gesuchten zur Kenntnis.« Im
Folgenden las Flynn offenbar von einem Haftbefehl ab. »Carlo Tresca, Anarchistenführer und bekannter Terrorist; Pietro Baldisserotto, Anarchist; Serafino Grandi, Anarchist und Revolutionär; Ruggero Bacini, Anarchist; Roberto Elia, Anarchist.«
    Noch eine Weile nach dem Ende der Aufzählung schrieben die Journalisten weiter. Dann rief einer von ihnen: »Wurde J.P. Morgan verletzt, Chief?«
    »Was soll die blöde Frage? J.P. Morgan war gestern gar nicht in der Stadt. Dieser Anschlag galt weder Morgan noch einer anderen Einzelperson. Es war ein Angriff gegen den amerikanischen Staat und das amerikanische Volk und die amerikanische Lebensart. So kommt das bitte in die Zeitungen.«
    »Was können Sie uns über das Pferdegespann sagen?«, fragte ein Reporter.
    »Von den bisher vernommenen Zeugen wissen wir, dass das Pferd nach Osten geschaut hat, was nach der Verkehrsordnung verboten ist. Aber Terroristen scheren sich nicht besonders um die Verkehrsordnung.« Flynn fand seine Bemerkung anscheinend so humorvoll, dass sein Oberkörper auf und ab wippte.
    »Sie haben den Wagen also noch nicht identifiziert?«
    »Er wurde in die Luft gejagt, Sie Schwachkopf«, entgegnete Flynn gereizt. »Wie sollen wir da was identifizieren? Er wurde in eine Million Stücke gerissen, genau wie der Gaul. Noch irgendwelche hirnverbrannten Fragen?«
    »Was ist mit Fischer, Chief?«
    »Macht euch um den keine Sorgen.«
    »Haben Sie ihn schon gefasst?«
    »Wer sagt, dass wir überhaupt hinter ihm her sind? Die
New Yorker Polizei will Fischer haben. Dann soll sie ihn auch suchen.«
    »Aber wieso hat er von dem Anschlag gewusst?«
    »Wer behauptet das? Auf der Postkarte steht nichts von einer Bombe. Außerdem ist da vom Fünfzehnten die Rede, nicht vom Sechzehnten. Kein Kommentar zu Fischer. Wenn Sie mich fragen, das ist ein Spinner, der mal zufälligerweise richtig getippt hat. Und jetzt verschwindet, und zwar alle. Ich habe Leute im Einsatz, die auf Befehle warten.«
     
    U nter einer gewölbten Blattgolddecke zeigte Younger Colette und Luc die in Stein gemeißelte Karikatur des alten Mr. Woolworth beim Geldzählen. Sie stiegen in den Expressaufzug. Staunend hingen die Augen des Jungen an den blinkenden Lichtern, die die passierenden Stockwerke symbolisierten. Nur ein leichtes Beben der Kabine und ein Pfeifen in der Luft ließen auf die atemberaubende Geschwindigkeit der Fahrt schließen.
    In der achtundfünfzigsten Etage traten sie durch eine schwere Eichentür in blendend helles Sonnenlicht und einen Wind, der so heftig war, dass Younger Colette um die Schulter und Luc an der Hand nehmen musste. Auf der dreiseitigen Aussichtsplattform drängten sich Schaulustige mit flatternden Mänteln. An ein Geländer geklammert, blickten

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