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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ihn ja fast zermalmt. « Der Detective sperrte die Gittertür auf. »Der Mann sieht aus, als wäre ihm eine Planierraupe übers Gesicht gefahren.«
    Younger zog seine Jacke an und trat aus der Zelle.
    »Ich habe die Kaution für Sie bezahlt«, erklärte der Detective. »Zigarette?«
    »Danke.« Youngers Hemdkragen stand offen, seine Fingerknöchel waren zerschrammt und geschwollen. »Ist er freigekommen?«
    »Nein. Als ich davon gehört habe, habe ich zwei Jungs ins Krankenhaus geschickt. Sobald ihn die Ärzte für gesund erklären, landet er hinter Gittern. Der kommt mir nicht raus — fürs Erste.« Der Detective reichte ihm einen großen braunen Papierumschlag.
    Younger schüttelte seine Krawatte, Brieftasche und weitere persönliche Habe heraus. »Fürs Erste?«
    »Wie wollen Sie beweisen, dass er Drobac ist? Nicht einmal ich kann ihn identifizieren, nachdem Sie sein Gesicht zu Brei geschlagen haben. Da müssen wir schon was Besseres vorlegen, um ihn vor Gericht zu bringen. Aber das klappt schon. Bis zum Verfahren dauert es bestimmt noch ein halbes Jahr.«
    »Ich kann ihn identifizieren.« Younger legte seine Uhr an.

    »Äh, ich weiß nicht, wie ich es Ihnen beibringen soll – aber Ihre Aussage hat nicht mehr so viel Gewicht, seit Sie wegen Mordversuchs angezeigt wurden.«
    Younger musterte den Detective.
    »So sieht es der Bezirksstaatsanwalt«, erklärte Littlemore. »Tätlicher Angriff mit Tötungsabsicht. Ich kann von Glück reden, dass ich Sie freigekriegt habe. Der Richter hat sich erst darauf eingelassen, als er gehört hat, dass Sie ein Harvard-Absolvent sind. Und ein Harvard-Professor. Und dass Roosevelt Ihr Cousin ist. Und dass Sie mit Roosevelts Tochter geschlafen haben. Na schön, das habe ich nicht erwähnt.«
    Younger schlang sich die Krawatte um den Hals. »Ich wollte ihn tatsächlich umbringen.«
    »Hören Sie bloß auf.«
    »Hat er gesagt, wer er ist?«
    »Das Komische ist, dass er gar nicht redet. Anscheinend wurde ihm der Kiefer verdrahtet, weil ihm den jemand an drei Stellen gebrochen hat. Mann, ich kann nur hoffen, dass Sie sich nicht täuschen.«
    »Es ist Drobac. Er hat gehinkt. Er hatte Verbrennungen im Gesicht.«
    »Das beweist nichts.«
    »Können Sie nicht seine Fingerabdrücke abnehmen?«
    »Schon passiert«, erwiderte Littlemore. »Aber wir brauchen ein Gegenstück. Und es gibt keine Abdrücke auf den Messern. Keine passenden Abdrücke in dem Hotelzimmer. Keine passenden Abdrücke auf dem Automobil. Überhaupt keine Abdrücke auf Colettes Laborkoffer. Nichts. Der Kerl weiß genau, was er tut.«
    Sie schwiegen.

    »Warum hat er es auf uns abgesehen?«, fragte Younger schließlich.
    »Vielleicht will er die Leute beseitigen, die ihn hinhängen können.«
    »Wo ist sie?« Younger nestelte an seinen Manschettenknöpfen herum.
    »Die Miss? Sie hält ihren Vortrag.«
    »Was?«
    »Hat sich nicht davon abbringen lassen. Ich musste alle Proben aus dem Beweisschrank holen.«
     
    A n diesem Abend traf A. Mitchell Palmer, der Justizminister der Vereinigten Staaten, mit einem Sonderzug aus der Hauptstadt in Manhattan ein. Vor der Pennsylvania Station wartete ein langer schwarz-goldener Wagen auf ihn – ein Packard Twin Six Imperial, den sich nur überaus reiche Leute leisten konnten. Drinnen saß ein adretter Herr mit Zylinder und hohem Hemdkragen.
    Das Automobil brachte Palmer zur Treasury gegenüber von der Morgan Bank an der Wall Street. Salutierende Soldaten traten beiseite, als die beiden Männer die Marmortreppe hinaufstiegen und das massive Portal passierten. Eine halbe Stunde später tauchten Palmer und der vornehm gekleidete Herr wieder auf. Letzterer führte den Justizminister um den Säulengang zu einer schmalen Gasse, die das Schatzamt von der benachbarten Münzanstalt trennte. Diese Gasse war mit einem hohen schmiedeeisernen Tor versperrt, das entriegelt werden musste, um den Justizminister durchzulassen.
    Die zwei Männer schritten bis zur Mitte der Gasse, und der Herr im Zylinder deutete hinauf zum ersten Stock, wo
die beiden Gebäude fast aneinandergrenzten. Dort oben lagen sich zu beiden Seiten der Gasse Eingänge gegenüber, die wie Garagentore aussahen. Justizminister Palmer schüttelte grimmig den Kopf, dann teilte er dem Herrn seine Absicht mit, New York am nächsten Tag zu verlassen. Die Leitung der Ermittlungen zu dem Bombenanschlag lag weiter in den Händen von Direktor Flynn. Palmer selbst zog es vor, Verwandte in Stroudsburg, Pennsylvania, zu besuchen.
     
    A m 17.

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