Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
in den letzten acht Jahren in einem Zustand schwebender Trauer um Cate gelebt. Triviale, sentimentale Alltagsgeräusche und Gerüche wecken Erinnerungen – verlorene Schlachten, billige Schuhe, Cola-Slushies, violetter Lidschatten … All das lässt mich lächeln oder mein Herz schmerzhaft anschwellen. Da ist es wieder – Liebe und Schmerz.
Ich sehe nicht zu, wie die Särge verschwinden. Während des letzten Chorals schlüpfe ich hinaus, weil ich frische Luft brauche. Auf der anderen Seite des Parkplatzes sehe ich im Schatten eines Torbogens eine vertraute Gestalt, einen Schatten, der ruhig wartet. Er trägt einen Mantel und einen roten Schal. Donavon.
Samira geht durch den Rosengarten neben der Kapelle. Wenn sie um die Ecke kommt, wird sie ihn sehen.
Instinktiv schließe ich die Lücke. Jeder Zeuge würde sagen, dass meine Körpersprache fast brutal ist. Ich packe Donavons Arm, verdrehe ihn hinter seinem Rücken, stoße ihn gegen eine Mauer und drücke sein Gesicht gegen die Ziegelsteine.
»Wo sind sie? Was hast du mit ihnen gemacht?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
Ich will, dass er sich wehrt. Ich will ihm wehtun. Samira ist ein paar Schritte hinter mir stehen geblieben.
»Kennst du diesen Mann?«
»Nein.«
»Du hast gesagt, der Engländer, den du in dem Waisenhaus getroffen hast, hätte ein Kreuz am Hals gehabt.« Ich reiße Donavons Schal weg und entblöße seine Tätowierung.
Sie schüttelt den Kopf. »Es war ein goldenes Kreuz. Hier.« Sie deutet es mit dem Finger an ihrem Kragen an.
Donavon lacht. »Wirklich tolle Detektivarbeit, Yindoo.«
Ich habe das Bedürfnis, ihn zu schlagen.
»Du warst in Afghanistan.«
»Ich habe der Königin und dem Vaterland gedient.«
»Erspar mir deine patriotische Wer-wagt-gewinnt-Scheiße. Du hast mich angelogen. Du hast Cate vor dem Ehemaligentreffen gesehen.«
»Ja.«
»Warum?«
»Das würdest du nicht verstehen.«
»Erklär’s mir.«
Ich lasse ihn los, und er dreht sich langsam blinzelnd um. Seine blassen Augen sind blutunterlaufener, als ich sie in Erinnerung habe. Die Trauergäste kommen aus der Kapelle. Er mustert die Menge mit einer Mischung aus Verlegenheit und Besorgnis. »Nicht hier. Lass uns woanders reden.«
Er geht vor. Wir verlassen den Friedhof und gehen die Harrow Road hinunter, die von Autos und einer Reihe von Bussen verstopft ist. Verstohlen beobachte ich, wie Donavon Samira ansieht. Er scheint sie nicht zu kennen. Die meiste Zeit hält er bußfertig den Kopf gesenkt und legt sich Antworten auf die Fragen zurecht, die er von mir erwartet. Noch mehr Lügen.
Wir gehen in ein Café mit Hockern am Fenster und Tischen im Innern. Um Zeit zu schinden, studiert Donavon die Karte. Samira rutscht von ihrem Stuhl, kniet sich vor den Zeitschriftenständer und beginnt hastig, die Seiten durchzublättern.
»Man darf sie umsonst lesen«, erkläre ich. »Du kannst sie dir ruhig ansehen.«
Donavon massiert sein Handgelenk und hinterlässt einen weißen Striemen, bevor die Stelle wieder durchblutet wird.
»Ich habe Cate vor drei Jahren getroffen«, verkündet er. »Es war kurz vor meiner ersten Dienstzeit in Afghanistan. Es hat eine Weile gedauert, bis ich sie gefunden hatte. Ich hatte ihren Ehenamen nicht.«
»Warum?«
»Ich wollte sie sehen.«
Ich warte auf eine weitergehende Erklärung. Stattdessen wechselt er das Thema. »Bist du je mit dem Fallschirm abgesprungen? «
»Nein.«
»Ein absoluter Kick. Es gibt nichts, was einem ein vergleichbares Gefühl gibt – aufgeladen mit klopfendem Herzen in zehntausend Fuß Höhe in der offenen Tür eines Flugzeugs stehen, bevor man den letzten großen Schritt macht und vom Fahrtwind weggerissen wird. Man befindet sich im freien Fall, aber es ist kein Gefühl wie Fallen, sondern wie Fliegen. Der Luftdruck presst einem die Wangen nach innen und kreischt in den Ohren. Ich bin HALO gesprungen, high-altitude, low-opening – mit Sauerstoffflasche – aus 25000 Metern Höhe. Ich schwöre, ich hätte die Arme ausbreiten und den ganzen Planeten umarmen können.«
Seine Augen glänzen. Ich weiß nicht, warum er mir das alles erzählt, aber ich lasse ihn weiterreden.
»Von der Schule zu fliegen und zu den Paras zu gehen war das Beste, was mir je passiert ist. Bis dahin war ich ziellos. Wütend. Ich hatte keinen Ehrgeiz. Es hat mein Leben verändert.
Ich habe mittlerweile eine kleine Tochter. Ihre Mutter lebt nicht mehr mit mir zusammen – die beiden wohnen in Schottland –, aber ich schicke ihnen
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