Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
Familienstreit handelt und dass Brendan Pearl nicht mit den vermissten Säuglingen verwandt ist. Pearl ist infolge des Karfreitagsabkommens auf Bewährung aus der Haft entlassen. Er gilt als gefährlich. Wir raten dringend, sich ihm unter keinen Umständen zu nähern. Wer seinen Aufenthaltsort kennt, sollte sich stattdessen an die Polizei wenden. Miss Khan wird jetzt eine kurze Erklärung abgeben.«
Er schiebt das Mikrofon zu Samira, die es argwöhnisch mustert, bevor sie einen Zettel entfaltet. Die Blitzlichter haben sich zu einer Wand aus gleißendem Licht verdichtet. Sie verhaspelt sich bei den ersten fünf Wörtern und setzt neu an:
»Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich in den vergangenen Tagen um mich gekümmert haben, vor allem bei Miss Barba, die mir auf der Fähre geholfen hat, die Babys zur Welt zu bringen. Ich bin auch der Polizei dankbar für alles, was sie getan hat. Ich bitte den Mann, der die Zwillinge an sich genommen hat, sie zurückzugeben. Sie sind noch sehr klein und brauchen medizinische Versorgung. Bitte bringen Sie sie in ein Krankenhaus oder hinterlassen Sie sie an einem sicheren Ort.«
Samira blickt von dem Zettel auf. Sie weicht von dem Drehbuch ab. »Dafür vergebe ich Ihnen, aber das mit Zala kann ich nicht verzeihen. Ich hoffe, dass Sie dafür jede Sekunde und jeden Tag ihres restlichen Lebens unendliche Schmerzen leiden.«
Forbes legt seine Hand auf das Mikro und versucht, sie zu bremsen. Samira erhebt sich. Ein Trommelfeuer von Fragen prasselt auf sie nieder.
»Wer ist Zala?«
»Kannten Sie Brendan Pearl?«
»Warum hat er Ihre Babys gestohlen?«
Die Geschichte hat mehr Löcher als eine Wahlkarte aus Florida. Die Reporter wittern eine noch größere Story. Die Formen des Anstands bröckeln.
»Gibt es eine Lösegeldforderung?«
»Wie konnte Pearl mit den Zwillingen von Bord gelangen?«
»Glauben Sie, dass sie noch leben?«
Samira zuckt zusammen. Sie ist fast an der Tür.
»Was ist mit Namen?«
Sie dreht sich zu dem Fragesteller um und blinzelt in die Blitzlichter. »Eine Jungfrau kann die Dinge unbenannt lassen; eine Mutter muss ihren Kindern Namen geben.«
Die Antwort bringt den Raum zum Verstummen. Die Leute gucken sich gegenseitig an. Mütter. Jungfrauen. Was hat das mit all dem zu tun?
Forbes’ Schultern sind ganz verspannt vor Ärger.
»Das war eine beschissene Katastrophe«, murmelt er, als ich hinter ihm den Flur hinunterhetze.
»So schlimm war es auch nicht.«
»Weiß der Himmel, was die morgen schreiben.«
»Sie werden über die Zwillinge schreiben. Das wollen wir doch. Wir werden sie finden.«
Er bleibt unvermittelt stehen und dreht sich um. »Das ist erst der Anfang.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich möchte, dass Sie jemanden treffen.«
»Wann?«
»Jetzt.«
»Heute ist die Beerdigung.«
»Es dauert nicht lange.« Er blickt zu Samira, die in der Nähe des Fahrstuhls wartet. »Ich sorge dafür, dass sie nach Hause kommt.«
Zwanzig Minuten später halten wir vor einem viktorianischen Stadthaus in Battersea mit Blick auf den Park. Verschlungene Glyzinienranken rahmen nackt und grau die Fenster im Erdgeschoss. Die Haustür ist offen. Dahinter steht ein leerer Kinderwagen zu einem Ausflug bereit. Ich höre die Mutter die Treppe hinunterkommen. Sie ist attraktiv, Anfang vierzig. An der Hüfte trägt sie ein Baby, das zu alt ist, um einer der Zwillinge zu sein.
»Verzeihung, Mrs. Piper.«
»Ja?«
»Ich bin Detective Inspector Forbes. Das ist Detective Constable Barba.«
Das Lächeln der Frau verblasst, und sie umfasst ihr Kind beinahe unmerklich fester. Es ist ein Junge.
»Wie alt ist er?«, frage ich.
»Acht Monate.«
»Bist du ein Süßer?« Ich beuge mich vor. Die Mutter weicht zurück.
»Wie heißt er?«
»Jack.«
»Er sieht Ihnen ähnlich.«
»Eigentlich eher seinem Vater.«
»Wir würden gern kurz mit Ihnen sprechen«, unterbricht Forbes.
»Ich wollte gerade gehen. Ich muss zu einem Termin.«
»Es dauert nicht lange.«
Ihr Blick zuckt von ihm zu mir. »Ich denke, Sie sollten meinen Mann anrufen. Er arbeitet im Innenministerium«, fügt sie mit Nachdruck hinzu.
»Wo haben Sie das Baby bekommen?«, fragt Forbes.
»Es war eine Hausgeburt«, stottert sie nervös. »Ich gehe jetzt hoch, um meinen Mann anzurufen.«
»Warum?«, fragt Forbes. »Wir haben Ihnen doch noch gar nicht erklärt, warum wir hier sind, und Sie sind schon besorgt. Warum brauchen Sie die Erlaubnis Ihres Mannes, um mit uns zu sprechen?«
Die Situation
Weitere Kostenlose Bücher