Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
bekommt einen Riss, ein Kräuseln der Beunruhigung.
»Waren Sie je in Amsterdam, Mrs. Piper? Haben Sie dort eine Befruchtungsklinik besucht?«
Sie weicht zurück und schüttelt den Kopf, weniger, um zu leugnen, als in der vergeblichen Hoffnung, dass er aufhört, ihr Fragen zu stellen. Sie ist auf den Stufen. Forbes geht auf sie zu und hält ihr eine Visitenkarte hin. Sie will sie nicht annehmen. Stattdessen legt er sie in den Kinderwagen.
»Würden Sie Ihren Mann bitten, mich anzurufen.«
Ich höre mich eine Entschuldigung murmeln. Gleichzeitig will ich wissen, ob sie für das Baby bezahlt hat. Wen hat sie bezahlt? Wer hat es arrangiert? Forbes muss meinen Arm fassen und mich die Stufen hinunterführen. Ich stelle mir vor, wie Mrs. Piper oben in Tränen aufgelöst am Telefon hängt.
»Ihr Name ist auf einer der Listen aufgetaucht, die Spijker mir geschickt hat«, erklärt Forbes. »Sie haben eine Leihmutter benutzt. Ein Mädchen aus Bosnien.«
»Dann ist es nicht ihr Baby.«
»Wie sollen wir das beweisen? Sie haben das Kind gesehen. Vaterschaftstest, DNA-Analysen, Blutproben – alles wird belegen, dass der kleine Jack das Kind der Pipers ist. Und es gibt im ganzen Land keinen Richter, der uns überhaupt die Erlaubnis geben würde, die entsprechenden Proben zu nehmen.«
»Wir können beweisen, dass sie eine Fertilisationsklinik in den Niederlanden besucht haben. Wir können beweisen, dass einer Leihmutter Embryonen eingepflanzt wurden. Wir können
beweisen, dass das zu einer Schwangerschaft und einer erfolgreichen Geburt geführt hat. Das muss doch reichen.«
»Das beweist nicht, dass dabei Geld geflossen ist. Wir brauchen die Zeugenaussage eines der Paare.«
Er gibt mir eine Liste mit Namen und Adressen:
Robert & Helena Piper
Alan & Jessica Case
Trevor & Toni Jury
Anaan & Lola Singh
Nicholas & Karin Pederson
»Die anderen vier Paare habe ich schon befragt. Sie haben alle einen Anwalt eingeschaltet und sind bei ihrer Geschichte geblieben. Keines von ihnen wird mit uns zusammenarbeiten – nicht, wenn sie dadurch ihr Kind verlieren könnten.«
»Sie haben gegen Gesetze verstoßen!«
»Da haben Sie vielleicht Recht, aber wie viele Geschworene werden Sie davon überzeugen? Und wenn das eben Ihre Freundin gewesen wäre, die ihr Baby im Arm hält, würden Sie es ihr wegnehmen?«
2
Die Beerdigung ist um zwei Uhr. Ich trage eine schwarze Bluse, ein schwarzes Jackett, eine schwarze Hose und schwarze Schuhe. Der einzige Farbklecks ist mein Lippenstift.
Samira geht nach mir ins Bad. Kaum zu glauben, dass sie gerade Zwillinge zur Welt gebracht hat. Sie hat Schwangerschaftsstreifen auf dem Bauch, aber ansonsten ist ihre Haut makellos. Hin und wieder fällt mir auf, wie sie bei einer Bewegung vor Schmerz zusammenzuckt, aber ansonsten merkt man ihr ihre Beschwerden nicht an.
Als sie ihre Kleider auf dem Bett ausbreitet, achtet sie sorgfältig darauf, ihre Bluse nicht zu zerknittern.
»Du musst nicht mitkommen«, erkläre ich ihr, aber sie hat sich bereits entschieden. Sie hat Cate nur zwei Mal getroffen. Mit Yanus als Vermittler haben sie in gestelzten Sätzen miteinander gesprochen und kaum ein richtiges Gespräch geführt. Trotzdem waren sie durch ein einzigartiges Band miteinander verknüpft. Ungeborene Zwillinge.
Im Taxi sitzen wir nebeneinander. Sie ist angespannt und unruhig – als ob sie jeden Moment ein Paar versteckter Flügel ausbreiten und davonfliegen könnte. In der Ferne stößt ein Schornstein eine weiße Rauchsäule in den Himmel, wie eine Dampflok, die nirgendwohin fährt.
»Die Polizei wird die Zwillinge finden«, erkläre ich unvermittelt, als wären wir in ein Gespräch vertieft gewesen.
Sie antwortet nicht.
Ich versuche es noch einmal. »Du willst sie doch finden?« »Meine Schuld ist bezahlt«, flüstert sie und beißt sich auf die Unterlippe.
»Du schuldest diesen Leuten gar nichts.«
Dann antwortet sie plötzlich ohne jede Vorwarnung in wohl gesetzten Worten.
»Ich habe versucht, sie nicht zu lieben. Ich dachte, es wäre leichter, sie aufzugeben, wenn ich sie nicht liebe. Ich habe sogar versucht, ihnen die Schuld dafür zu geben, was mit Hasan und Zala passiert ist. Das ist ungerecht, ja? Was soll ich sonst machen? In meine Brust schießt Milch für sie. In meinen Träumen höre ich sie weinen. Ich will, dass das aufhört.«
Vor der Kapelle des West London Crematorium stehen zwei Leichenwagen. Ein Läufer aus Kunstgras führt zu einer Rampe, wo ein kleines schwarzes Schild
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