Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
aufmachen.«
»Eine Ampulle Adrenalin.« Er beißt die Plastikkappe ab und injiziert ihr den Inhalt der Ampulle in den Hals.
Die nächsten Minuten verschwimmen zu einer Folge flackernder Lichter und Wortfetzen. Ich weiß, dass ich sie verliere. Ich habe es vermutlich die ganze Zeit gewusst. Die erweiterten Pupillen, die inneren Schädelblutungen – die klassischen Symptome einer Hirnverletzung. Cate ist an zu vielen Stellen verletzt, um wieder gesund zu werden.
Die Linie auf dem Monitor schlägt einmal aus und flacht wieder ab. Die Ärzte zählen die Kompressionen, fünf für jede Beatmung.
»Aus. Ende.«
»Was?«
»Ich stelle die Herzdruckmassage ein.«
»Warum?«
»Weil ich ihr sonst das Hirn aus dem Schädel drücke.«
Ihr Schädel ist direkt hinter dem rechten Ohr gebrochen.
»Mach weiter.«
»Aber – «
»Mach einfach weiter.«
»Was machen Sie jetzt?«
»Den Brustkorb öffnen.«
Eine Welle von Ekel spült durch meinen Mund. An den Rest der Fahrt oder die Ankunft im Krankenhaus kann ich mich nicht erinnern. Es gibt keine krachenden Türen und Flure hinunterhastende weiße Kittel. Stattdessen scheint alles langsamer zu werden.
Das Gebäude verschluckt Cate ganz, nein, nicht ganz, sondern schwer verletzt.
Ich hasse Krankenhäuser. Den Geruch, die Dunstglocke der Ungewissheit, das Weiß. Weiße Wände, weiße Laken, weiße Kleidung. Nicht weiß sind nur Blut und die afro-kubanischen Krankenschwestern.
Ich stehe noch immer neben dem Krankenwagen. Die Sanitäter kehren zurück und beginnen aufzuräumen.
»Meinen Sie, Sie kommen allein klar?«, fragt einer von ihnen, das Schaumstoffpolster in der Hand. Die baumelnden Riemen sehen aus wie die Beine eines sonderbaren Meerestieres.
Er gibt mir ein feuchtes Papierhandtuch. »Das können Sie vielleicht gebrauchen.«
Ich habe Blut an den Händen, und auch meine Jeans ist voller Flecken.
»Sie haben etwas übersehen.« Er zeigt auf meine Wange, aber ich wische die falsche ab.
»Darf ich?« Er nimmt das Tuch und hält mit einer Hand
mein Kinn, während er mit der anderen meine Wange abwischt. »So.«
»Danke.«
Er möchte irgendetwas sagen. »Ist sie eine enge Freundin?«
»Wir sind zusammen zur Schule gegangen.«
Er nickt. »Warum würde sie – ich meine – warum hat sie eine Schwangerschaft vorgetäuscht?«
Ich blicke an ihm vorbei, weil ich auch keine Antwort weiß. Es erfüllt keinen Zweck und ergibt noch viel weniger Sinn. Sie wollte mich treffen. Sie hat gesagt, dass man ihr das Baby wegnehmen wollte. Welches Baby?
»Ist sie – wird sie durchkommen?«
Diesmal ist es an ihm, nicht zu antworten. Die Traurigkeit in seinem Blick ist wohl dosiert, weil andere sie später noch brauchen werden.
Ein Schlauch spritzt. Rosafarbenes Wasser fließt in einen Abfluss. Der Sanitäter gibt mir die Prothese, und ich spüre, wie etwas in mir zerbricht. Einmal dachte ich schon, Cate für immer verloren zu haben. Vielleicht habe ich es diesmal wirklich.
4
Krankenhauswartezimmer sind nutzlose Orte der Ohnmacht voller Geflüster und Gebete. Niemand richtet seinen Blick auf mich. Vielleicht liegt das an dem Blut auf meiner Kleidung. Ich habe versucht, Lindsays Top in der Toilette mit Handseife sauber zu schrubben, dabei den Fleck jedoch nur noch größer gemacht.
Ärzte und Krankenschwestern treten ein und aus, ohne sich je zu entspannen. Ein Patient auf einer Rolltrage sieht aus wie eine Fliege, die sich in einem Gewirr von Schläuchen und Drähten verfangen hat. Die Haut um seinen Mund ist runzelig und trocken.
Ich habe eigentlich nie über den Tod nachgedacht. Selbst als ich im Krankenhaus lag und mein Rückgrat von Nadeln und Nägeln zusammengehalten wurde, kam mir der Gedanke nicht in den Sinn. Ich habe Verdächtigen ins Auge gesehen, Autos verfolgt, Häuser gestürmt und verlassene Gebäude betreten, aber ich habe nie gedacht, dass ich sterben könnte. Vielleicht ist das einer der Vorteile von mangelndem Selbstwertgefühl.
Eine Krankenschwester notiert die Personalien von Cates Familie. Was Felix angeht, habe ich keine Ahnung. Seine Mutter lebt vielleicht noch. Niemand kann mir irgendwas sagen, außer dass Cate noch operiert wird. Die Schwestern sind gnadenlos positiv. Die Ärzte äußern sich vorsichtiger. Sie haben eine Wahrheit, mit der sie sich auseinandersetzen müssen – die Realität dessen, was sie reparieren können und was nicht.
An einem ganz gewöhnlichen Abend wird mitten auf einer ruhigen Straße ein Paar von einem Wagen
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