Todeskette
ging es Schlag auf Schlag: Nachdem Butler ein paar Minuten lang hinter einem Baumstamm Stellung bezogen hatte, folgte ihm Marler, den Jacques noch in unguter Erinnerung hatte, zusammen mit Tweed und seinem Flittchen. Jacques hob sein Gewehr und zielte auf Tweeds Brust, als ein Krampf in seiner linken Wade ihn zwang, seine Position ein wenig zu verändern. Dann drückte er ab, sah aber zu seinem Erstaunen, dass Tweed nicht mehr im Blickfeld seines Zielfernrohrs war. Dafür sah er, wie Butler eine Handgranate aus der Tasche zog. Sofort sprang er auf und rannte nach hinten zu seinem Motorrad. Als die Granate explodierte, hörte er die Splitter durch die Luft zischen, wurde zum Glück aber von keinem getroffen.
Zurück an der Hütte, fuhr er das Motorrad in ein vorbereitetes Versteck, das aus einer mit Ästen und Laub abgedeckten Grube bestand, und betrat die Shooter’s Lodge, wo er durch die Falltür in der Küche gleich nach unten in den geheimen Kellerraum ging. Dort wartete Doubenkian auf ihn, der wie üblich in seinem Sessel saß. Er trug seine dunkle Sonnenbrille und hatte eine Hand an seinem kantigen Kinn, während er in der anderen einen Cognacschwenker hielt.
»Tweed ist immer noch am Leben«, sagte Doubenkian, nachdem er die dunklen Brillengläser auf Jacques gerichtet hatte, was dieser zutiefst beunruhigend fand.
»Woher wissen Sie das?«
»Das sehe ich dir am Gesicht an.«
»Ich hatte ihn schon im Visier. Fast hätte ich ihm eine Kugel durch die Brust gejagt.«
»Warum nur fast?«
»Einer von seinen Leuten muss ihn im letzten Augenblick zu Boden gerissen haben. Jedenfalls war er plötzlich nicht mehr da.«
»Wahrscheinlich hast du Idiot ein Geräusch gemacht und dich verraten.«
»Ich hatte einen Krampf!«, verteidigte sich Jacques. Es war richtiggehend unheimlich, wie Doubenkian alles rekonstruieren konnte, was geschehen war.
Als wäre er dabei gewesen.
»Du bist ein Versager, Jacques«, sagte Doubenkian und zog aus dem Ärmel seines Jacketts sein dünnes, rasiermesserscharfes Stilett hervor. Mit einem sadistischen Grinsen auf seinem merkwürdigen Gesicht stieß er mit der Spitze des Messers ganz leicht Jacques’ rechte Hand an, die dieser auf den Tisch vor Doubenkian gelegt hatte. Jacques erstarrte vor Furcht.
»Keine Angst, mein lieber Jacques«, sagte Doubenkian mit seidenweicher Stimme. »Ich tue dir nichts, aber ich muss die Aufgabe, Tweed zu töten, jemand anderem übertragen.«
Erst jetzt bemerkte Jacques, dass noch ein dritter Mann mit ihnen im Raum war, ein magerer Mann mit einem schmalen Gesicht, das so ausgezehrt aussah wie ein Totenschädel. Er saß auf einem Stuhl neben dem Kamin, biss auf einem Zahnstocher herum und grinste Jacques herausfordernd an.
»Das ist Henri«, erklärte Doubenkian. »Er ist einer der besten Auftragskiller von Paris und erst gestern mit drei seiner Berufskollegen von Frankreich hierhergekommen. Leider haben auch sie es nicht geschafft, Tweed aus dem Verkehr zu ziehen. Sie haben sich von Tweeds Leuten schnappen lassen wie Schuljungen von einem Hausmeister, aber wenigstens hat Henri entkommen können.« Er ließ sein Stilett vor Jacques’ Gesicht herumwirbeln.
»Wenn ich unseren Henri richtig einschätze, dann brennt er darauf, die Scharte wieder auszuwetzen«, fuhr Doubenkian fort und warf das Stilett mit einer plötzlichen Handbewegung quer durch den Raum, wo es sich nur Zentimeter neben Henris Kopf ins Holz der Wandvertäfelung bohrte. Der magere Mann zuckte nicht einmal mit der Wimper und kaute weiterhin unverdrossen auf seinem Zahnstocher herum.
»Zieh es heraus, Henri«, sagte Doubenkian mit einem seltsamen Lächeln. Du wirst Tweed damit die Kehle durchschneiden.«
Während der Killer das Stilett mit ungerührter Miene an sich nahm, wandte sich Doubenkian wieder an Jacques.
»Und jetzt zu dir. Du gehst zurück zu dem Durchgang in der Mauer und legst von dort eine Blutspur zu der alten, aufgelassenen Kalkgrube im Wald.«
»Mit welchem Blut?«, fragte Jacques, dessen Stimme merklich zitterte.
»Mit dem Blut von Kaninchen, du Dummerchen«, erklärte Doubenkian grinsend. »Du gehst hinaus in den Wald und schießt dir drei Kaninchen, und mit deren Blut legst du dann eine Spur zu der Kalkgrube.«
»Verstehe.«
»Ach ja, du verstehst etwas?«, höhnte Doubenkian. »Dann sag mal, was du verstanden hast.«
»Ich habe verstanden, dass ich mit meiner Flinte losziehen soll.«
»Aber nicht nur mit deiner Flinte, oder?«, fragte Doubenkian und reichte
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