Todeskind: Thriller (German Edition)
änderte sich seine Haltung. Er schien ein Stück zu wachsen, nahm die Schultern zurück und wirkte mit einem Mal selbstbewusst und fast ein wenig kämpferisch.
Er beschützt mich, erkannte Clay gerührt.
»Lieutenant Ciccotelli?«, fragte Clay, und der Bursche nickte.
»Sie sind Maynard.« Er streckte ihm die Hand entgegen, und Clay schüttelte sie. »Ich habe schon von Ihnen gehört. Schade, dass wir uns unter solchen Umständen begegnen müssen.«
»Danke.« Clay deutete auf Alec. »Alec Vaughn aus Chicago.«
Ciccotellis Brauen schossen aufwärts. »Tatsächlich? Auch von dir hab ich schon gehört, aber das bezog sich alles auf eine Zeit, in der du zwölf warst.«
»Mein zwölftes Lebensjahr war ziemlich actiongeladen«, sagte Alec locker. »Seitdem habe ich allerdings ein eher ereignisloses Leben geführt.«
Ciccotelli schüttelte auch Alecs Hand. »Tja, damit dürfte es erst einmal vorbei sein.« Er winkte sie in sein Büro. »Kommen Sie. Setzen Sie sich.«
Ciccotellis Büro war sehr aufgeräumt, fast nichts lag oder stand herum, und es hätte karg wirken können, hätten an der Tür nicht die Gemälde eines Kleinkinds geklebt, in deren Ecken in der Schrift eines Erwachsenen »Anna« stand.
Und natürlich gab es auch ein Foto auf seinem Schreibtisch: eine Blondine mit einem strahlenden Lächeln auf einem Motorrad, den Helm unterm Arm.
»Ihre Frau?«, fragte Clay.
»Na klar«, sagte Ciccotelli. »Falls Sophie feststellen würde, dass ich das Bild einer anderen auf dem Tisch hätte … Nun ja, formulieren wir es einfach so: Sie ist ziemlich geschickt mit scharfen Gegenständen, außerdem im achten Monat schwanger und ausgesprochen launisch, weswegen ich bedingungslos kusche.« Er blickte auf seine Uhr. »Die anderen werden gleich zurückkommen.«
»Wer sind ›die anderen‹?«
»Die Detectives, die ich auf diesen Fall angesetzt habe, plus Agent Novak.«
»Sie haben Detectives auf den Fall angesetzt? Aber Sie sind doch Chef der Mordabteilung.«
»So steht’s auf meiner Marke.«
O nein, dachte Clay voller Entsetzen. »Aber Pamela MacGregor ist doch ein Vermisstenfall. Haben Sie sie gefunden?« Bitte lass uns nicht auch hier zu spät sein.
»Nein, haben wir nicht. Aber heute Nachmittag haben wir ihr Verschwinden mit einem Mordfall, der sich gestern ereignet hat, in Verbindung bringen können.«
Clay schloss die Augen. »Wer wurde ermordet?«
»Elmarie Stodart, ein Au-pair-Mädchen aus Südafrika. Sie war mit den zwei kleinen Kindern der Familie, bei der sie wohnt, in einem Einkaufszentrum, weil dort ein Weihnachtsmann auftreten sollte. Aus der Aussage der Fünfjährigen haben wir uns zusammengereimt, dass das kleinere Kind ein Spielzeug im Parkhaus fallen gelassen hatte. Das Mädchen schloss die beiden Kinder angeschnallt im Wagen ein und ging das Spielzeug suchen. Wir nehmen an, dass Elmarie Stodart gesehen hat, wie Pamela in ein Auto gezerrt wurde. Vermutlich wollte sie ihr helfen, weswegen sie niedergestochen wurde. Als man sie fand, war sie verblutet.«
»Und die Kinder?« Clay fürchtete sich fast vor der Antwort.
»Das Baby war eingeschlafen, aber die Fünfjährige hat alles mit angesehen. Sie steht unter Schock.«
»Sicherheitsvideos?«, fragte Clay.
»Die Kamera reicht nicht zwischen die Fahrzeuge. Elmaries Mörder hat sie zwischen zwei Transportern erstochen und sie dann unter den einen Wagen geschoben. Nichts davon wurde von der Kamera erfasst. Allerdings wissen wir, dass der Mörder in einem schwarzen Van verschwunden ist. Wir haben die Nummernschilder überprüft, aber natürlich waren sie gestohlen. Wir haben danach suchen lassen, aber ich gehe davon aus, dass sie längst wieder ausgetauscht worden sind.«
Clay zog sich die Hände über das Gesicht. »Hat das kleine Mädchen den Mörder beschreiben können?«
»Nein. Es hat nur geweint. Unser Zeichner wird es nachher noch einmal probieren. Im Augenblick haben wir nichts. Deswegen wollen meine Detectives mit Ihnen reden. Die Verbindung von Kimberly MacGregor zu diesem Doug ist unsere erste echte Spur.«
»Sie müssen sich mit Agent Carter in Baltimore kurzschließen. Ich habe seine Nummer hier.«
»Mit ihm habe ich bereits gesprochen, und er wusste auch schon von dem schwarzen Van. Wir schalten uns um Viertel nach acht zu ihnen. Vorher jedoch würde ich es zu schätzen wissen, wenn Sie uns berichten, was Sie als Privatermittler herausgefunden haben.«
»Ich will bei dem Meeting dabei sein«, sagte Clay schlicht.
Ciccotelli
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