Todeskind: Thriller (German Edition)
Joseph Carter, FBI. Joseph, das ist Hal, ein sehr lieber Freund der Familie.«
Hal schüttelte ihm die Hand, doch seine Augen blieben wachsam. »Gibt es schon irgendwelche Spuren?«
»Ein paar«, sagte Joseph und versuchte nicht angespannt zu klingen, doch er scheiterte kläglich.
»Aber Sie können nicht darüber reden«, schlussfolgerte Hal. »Verstehe. Trotzdem hoffe ich, dass Sie mir ein paar Fragen beantworten können. Sowohl Nadine Elkhart als auch ich haben heute Besuch vom FBI bekommen. Die Agents haben nach Travis gesucht. Warum? Ist Ford etwas zugestoßen, das uns noch niemand sagen will?«
»Oh nein«, sagte Daphne. »Verzeih, dass du dir solche Gedanken machen musstest. Das FBI sucht Travis, weil wir von ihm eine Namensliste der Angeklagten brauchen, die er in der Vergangenheit verurteilt hat. Reine Routine.«
Joseph ließ sich nichts anmerken, obwohl er sich wunderte. Brodie hatte erwähnt, dass das Blut im Keller von derselben Blutgruppe war wie Odums, trotzdem hatte Daphne befürchtet, dass es von Travis stammen mochte. Das aber hatte sie nun verschwiegen, und Joseph fragte sich unwillkürlich, aus welchem Grund.
Hals Miene war düster geworden. »Aber ich dachte, diese Millhouses seien verantwortlich.«
»Vielleicht sind sie das auch«, erwiderte Daphne. »Im Augenblick will das FBI den Fokus noch nicht so stark eingrenzen. Das Mädchen, das mit Ford verschwunden ist, war einer meiner ersten Fälle; ich habe sie vor Gericht gebracht. Vielleicht hat sie überhaupt nichts mit Fords Verschwinden zu tun, aber es hat noch einmal in den Vordergrund gerückt, dass Travis und ich Berufe haben, in denen man sich Feinde machen kann. Es wäre fahrlässig, sich nicht auch in dieser Richtung umzuschauen. Hast du Travis heute gesehen?«
»Nein, aber ich habe mit ihm telefoniert. Am Nachmittag. Er war ziemlich aufgebracht, das von Ford zu hören. Wo er im Augenblick ist, kann ich allerdings nicht sagen.«
»Um welche Uhrzeit haben Sie mit ihm telefoniert?«, fragte Joseph. »Und hat er über Festnetz oder Handy angerufen?«
»Gegen drei, kann aber auch vier gewesen sein. Und weder noch. Ich habe ihn im Büro erreicht. Was ich bereits den anderen FBI-Agenten gesagt habe. Redet ihr Jungs nicht untereinander?«
»Das tun sie durchaus, Hal«, besänftigte Daphne ihn, »aber es war ein verdammt langer Tag. Und sei mir nicht böse, aber ich bin erschöpft. Ich gehe jetzt, glaube ich, ins Bett. Falls du noch einmal mit Travis sprechen solltest, sag ihm bitte, dass die Polizei unbedingt seine Hilfe braucht. Hier geht es um Ford.«
»Das mache ich. Weil es um Ford geht. Und um dich.«
Daphne hakte sich bei Hal ein und führte ihn zur Haustür. »Ich rufe dich an, sobald ich etwas höre, versprochen.« Die Hand an der Türklinke verharrte sie plötzlich und sah sich um, als ob ihr plötzlich etwas auffiel. »Wo ist Tasha?«
»Im Wintergarten«, sagte die Dame mit der Lichterkette. »Als Hal kam, wurde sie ein bisschen …«
»Bissig«, sagte Hal missmutig.
»Nervös«, verbesserte die Dame ihn.
»Tasha ist nicht bissig, Hal«, sagte Daphne. »Sie will mich nur beschützen. Du hast selbst gesagt, dass du dir meinetwegen Sorgen machst, also habe ich mir einen Wachhund besorgt. Außerdem ist es kein Wunder, dass sie nervös ist. Hier herrscht ja im Augenblick ziemlich viel Betrieb.« Sie reichte Hal Hut und Mantel vom Tischchen am Eingang. »Pass auf dich auf. Die Straßen sind glatt.«
Hal nickte und blickte ihr fragend ins Gesicht. »Geht es dir halbwegs gut?«
»Nein«, sagte sie ernst. »Innerlich bin ich ein Wrack. Jede Minute dieses grauenvollen Tages habe ich schreckliche Angst gehabt. Aber ich will meinen Sohn wiederhaben, und wenn das bedeutet, klar und hellwach zu bleiben und alle fünf Sinne beisammenzuhalten, dann tue ich genau das.«
»Sieh zu, dass du etwas Schlaf bekommst.« Hal zog sie an sich, und ein paar Sekunden lang klammerte Daphne sich an ihn, und es sah aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. »Ruf mich an, wenn du mich brauchst.«
»Das mache ich.«
Dann endlich war er fort, und Joseph stieß den Atem aus. Daphne senkte den Kopf und legte die Stirn an die Eingangstür. Ihre Miene war vollkommen reglos.
»Daphne?«, fragte er leise.
»Nur … eine Panikattacke. Geht schon wieder.«
Es ging nicht schon wieder. Joseph trat zu ihr und schloss sie in die Arme. Sie zitterte vor Anstrengung, sich aufrecht zu halten. »Was kann ich tun?«
»Bleib einfach noch eine
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