Todeskind: Thriller (German Edition)
Aber da sind mehrere Ansatzpunkte, die gleichzeitig in meinem Kopf herumschwirren. Zum Beispiel denke ich immer noch an die Kamera, die in Garganos Decke installiert war. Das kann nur ein Gelegenheitsverbrechen gewesen sein, das dieser Doug zu seinem Vorteil ausgenutzt hat. Ich meine, Kimberly war über eine außenstehende Organisation eingeladen. Sie ist nicht unangemeldet reingekommen. Aber es hat funktioniert.«
»Und weil dem so war, denkst du, Doug und Kimberly hätten es vielleicht noch einmal probiert?«
Clay nickte. »Aber dann geplant und ohne dass sie sich auf eine zufällige Einladung ins Haus eines Polizisten verlassen hätten, verstehst du? Kimberly ist verhaftet worden, weil sie in einem Haus, in dem sie geputzt hat, etwas mitgehen lassen hat.«
»Für ein Putzunternehmen zu arbeiten, hätte ihr die Möglichkeit verschafft, in Privathäuser zu gelangen. Aber wenn sie eine Vorstrafe hatte, hätte sie doch niemand mehr eingestellt.« Alec dachte nach. »Vielleicht hat sie auf eigene Rechnung gearbeitet. Falls ja, müssen wir die anderen Kunden finden.«
»Gargano hat einen Antrag bei der Versicherung gestellt«, sagte Clay. »Vielleicht haben auch andere Opfer der beiden das getan.«
»Man hat Gargano des Versicherungsbetrugs verdächtigt, konnte ihm aber nichts beweisen, richtig? Es könnte andere Anträge gegeben haben, die ebenfalls zurückgewiesen wurden oder irgendwie anrüchig wirkten. Und das in Bezug auf Häuser, in denen Kimberly gewesen sein könnte …« Alecs Augen begannen zu funkeln. »Mal sehen, was ich rausfinden kann.«
»Das heißt aber nicht, dass du dich irgendwo reinhacken sollst«, warnte Clay.
»So etwas würde ich doch niemals tun«, sagte Alec ernsthaft. »Es sei denn, es ist absolut notwendig«, fügte er fast lautlos hinzu. »Hey, jetzt bist du nur noch auf einem doppelten Espresso. Ich denke, man kann dich loslassen.«
Clay sah dem Jungen hinterher, der zum Fahrstuhl trabte und darin verschwand. Dann sammelte er sich, befahl den Kolibris in seinem Bauch, das Flattern einzustellen, und drückte den Rufknopf, mit dem er um Zugang in die Intensivstation bat.
Als er im Wartebereich ankam, sahen ihm Stevies Eltern schon mit strahlenden Gesichtern entgegen. Ein Mann, den Clay nicht kannte, erhob sich ohne Hast von seinem Stuhl, blieb aber im Hintergrund, während Stevies Eltern ihn willkommen hießen.
Zina Nicolescu streckte ihre winzigen eins fünfzig, packte Clays Gesicht und zog ihn zu sich herab, um ihn auf beide Wangen zu küssen. »Ich hatte darauf gehofft, dass Sie zurückkommen würden«, flüsterte sie.
Als hätte irgendwas auf dieser Welt mich davon abhalten können. »Ich hatte ein paar Autostunden von hier entfernt zu tun und musste erst zurückfahren«, erwiderte er, ebenfalls flüsternd. »Sonst wäre ich längst hier gewesen. Wie geht’s ihr?«
Zina hob glücklich die Schultern. »Sie versucht schon wieder, alle herumzukommandieren, obwohl sie mit dem Schlauch im Hals kaum ein Wort rausbringt.«
Sie ließ ihn los, und Clay richtete sich wieder auf, um zu Stevies Vater aufzusehen. Clay musste selten zu einem anderen Mann aufblicken, aber Emil war extrem groß. »Ich würde Ihre Tochter gerne eine Minute allein sprechen, wenn ich darf.«
Emil nickte, und Clay hatte das unbehagliche Gefühl, als sähe der Mann eine Menge mehr, als es Clay recht war. »Gerne. Aber zuerst möchte ich Ihnen Stefanias Bruder Sorin vorstellen. Er ist gerade erst aus Kalifornien gekommen.«
Sorin näherte sich, wobei er Clay eingehend musterte. »Sie hat Sie noch nie erwähnt«, sagte er abrupt und bekam dafür einen Klaps seiner Mutter.
»Sorin. Wie benimmst du dich denn! Das ist der Mann, der deiner Schwester das Leben gerettet hat.«
»Aha«, sagte dieser nur. Er nahm Clays Hand, aber bloß, weil seine Mutter ihm andernfalls erneut einen Klapps versetzt hätte. »Womit verdienen Sie Ihr Geld, Mr. Maynard?«
»Ich bin Privatermittler. Nennen Sie mich Clay.«
Sorin nickte, ohne seine Zurückhaltung aufzugeben. »Aha«, sagte er wieder und blickte so skeptisch an Clay herab, dass dieser es unwillkürlich ebenfalls tat.
Und dann begriff er endlich, warum Sorin sich ihm gegenüber so missbilligend benahm. »Oh. Normalerweise sehe ich nicht aus wie ein Drogendealer. Es war ein harter Tag.«
»Ich bin heute durch drei Zeitzonen gereist«, sagte Sorin. »Trotzdem habe ich Zeit gefunden, mich zu rasieren.«
»Sorin!«, fuhr seine Mutter ihn an.
Clay holte langsam Luft.
Weitere Kostenlose Bücher