Todeskind: Thriller (German Edition)
dich bloß sehen.«
Sie schüttelte den Kopf, nur ganz leicht, und sein Herz sank.
»Also gut. Dann gehe ich jetzt.« Er erhob sich, und in ihren Augen blitzte Ärger auf. Sie hob die Hand, an der kein Schlauch befestigt war, und krümmte den Finger, bevor sie sie wieder sinken ließ. Offenbar wollte sie, dass er blieb. »Okay.« Er wollte sich gerade wieder setzen, als sie die Augen verdrehte. »Was denn?«, fragte er frustriert.
Der Blick, den sie ihm zuwarf, ließ keinen Zweifel daran, dass sie noch frustrierter war. Sie krümmte wieder den Finger, und er beugte sich hinab. »Was?«, flüsterte er.
Sie sah ihm suchend ins Gesicht, hob wieder die Hand und tastete nach seinen Lippen. Dann berührte sie ihren Mundwinkel, bevor sie erschöpft zurücksank.
»Ob ich dich geküsst habe?«
Ein schwaches Nicken.
»Und wenn ich ja sage, werde ich dann wieder angeschnauzt?«
Wieder ein Nicken und ein leichtes Zucken der Lippen um den Schlauch.
Sein Herz begann zu rasen. »Und wenn ich es noch mal tue, was willst du dann machen?«
Ihr Blick veränderte sich, wurde erst ernst, dann traurig. Ihre Schulter hob sich leicht.
Sein galoppierendes Herz drosselte das Tempo drastisch. Begann zu stolpern. »Das hier heute ändert nichts, richtig?«
Sie sah weg.
»Ich habe dich nie für feige gehalten, Stevie«, sagte er ruhig, und ihr Blick kehrte zornig zu ihm zurück. »Macht dich das wütend? Sehr gut, das freut mich, denn du machst mich wütend. Wenn der Tag heute nichts ändert, dann bist du entweder eine Lügnerin oder dumm. Und bis zu diesem Moment hätte ich auch das nicht von dir gedacht.« Er beugte sich so nah zu ihr, dass er jede einzelne Wimper sehen konnte. »Ich bin weder Feigling noch Lügner, aber vielleicht bin ich dumm, denn ich will dich nicht aufgeben. Und ich werde es auch nicht tun. Also nehmen Sie das zur Kenntnis, Detective Mazzetti. Die Dinge werden anders sein, wenn Sie hier rauskommen. Ich werde nicht ewig warten, weil wir nicht ewig Zeit haben. Wenn heute Morgen irgendwas anders gelaufen wäre, hätten wir vielleicht nicht einmal mehr diesen Moment hier. Wenn du also nicht ›bereit‹ bist, dann nutz doch die Zeit hier drin, um dir zu überlegen, wie du bereit dazu werden kannst.«
Er ließ die Worte nachklingen, während sie zu ihm hinaufblickte. Ihre Nasenflügel blähten sich. »Du solltest wissen, dass ich dich längst küssen würde, wenn du nicht diesen blöden Schlauch im Hals stecken hättest.« Er blickte zum Monitor, der ihr Herz überwachte, und grinste, als sich ihr Puls beschleunigte. »Hey, das ist ja cool. Ich kann genau sehen, wie dein Körper reagiert.«
Ihre Augen verengten sich gefährlich, und er wusste, dass er zu weit gegangen war. »Ich verschwinde jetzt wohl besser«, sagte er sanfter. »Aber ich komme wieder, versprochen.« Er strich mit den Lippen über ihre und sah, wie ihre Lider zufielen. »Gott, Stevie.« Seine Stimme brach. »Ich dachte, ich verliere dich, bevor ich dir überhaupt näherkommen darf.«
Er seufzte müde, dann stand er erneut auf. »Weißt du, vergiss einfach, was ich eben gesagt habe. Ich kann dich nicht zwingen, mich zu wollen. Ich kann dich nicht zwingen, zu einer Beziehung bereit zu sein. Ich werde dich weder verfolgen noch drängen, noch sonst was – so bin ich nicht. Wenn du beschließt, ausprobieren zu wollen, ob das mit uns beiden klappt … Du weißt ja, wo du mich findest.«
Schweren Schrittes kehrte Clay ins Wartezimmer zurück. Sorin wartete an der Tür und versperrte ihm den Weg. »Was ist?«, fragte Clay erschöpft.
»Sie ist meine Zwillingsschwester, wissen Sie? Ich bin fünf Minuten älter.«
»Das wusste ich nicht. Hoffentlich erholt sie sich.«
Sorin lachte leise. »Ich kenne Stefania besser als jeder andere. Sie wird sich erholen – sie ist nämlich viel zu dickköpfig, um es nicht zu tun. Und aus demselben Grund ist sie auch dazu verdammt, für den Rest ihres Lebens allein zu bleiben, was feige und dumm von ihr ist.« Er hob die Schultern. »Ich habe an der Tür gelauscht.«
Clay presste die Kiefer zusammen. Nimm dich zusammen. Wenn du auf der Intensivstation jemandem den Kopf abreißt, brüllt die Krankenschwester dich bloß wieder an. »Das ist wohl Ihr gutes Recht.«
»Nein, ist es nicht, aber ich hab’s trotzdem getan. Sie jedoch waren im Recht. Bis zum Ende, als Sie eingeknickt sind.«
Clay hob das Kinn. »Ich bin nicht eingeknickt. Ich hab’s mir nur anders überlegt.«
»Wie Sie wollen. Geben Sie sie nur
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