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Todeskind: Thriller (German Edition)

Todeskind: Thriller (German Edition)

Titel: Todeskind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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sich nur allzu bewusst war, wie wenig Möglichkeiten sie in den vergangenen vierundzwanzig Stunden gehabt hatte, für sich allein zu sein.
    Als sie schließlich das Wort ergriff, war er nicht darauf vorbereitet.
    »Es war im ersten Stadium. Ich war siebenundzwanzig Jahre alt.«
    Er fuhr so heftig zusammen, dass er fast einen Sattelzug gerammt hätte. Der Fahrer drückte auf die Hupe, aber Joseph hörte es kaum. Er lenkte in die Spur zurück und sah wieder zu ihr.
    Sie blickte noch immer auf die vorbeifliegende Landschaft, aber vermutlich nahm sie nichts davon wahr.
    Im ersten Stadium.
    Aber siebenundzwanzig? »Das ist … eher ungewöhnlich, oder? Dass man diese Diagnose so jung bekommt, meine ich.«
    »Es geschieht selten, und ich habe garantiert nicht damit gerechnet. Ich war davon ausgegangen, dass es sich um irgendwas Harmloses handelt – eine Zyste oder so was. Als der Arzt ›Krebs‹ sagte, stand ich erst einmal unter Schock.«
    So sehr, dass sie schnurstracks zum Büro ihres ungeliebten Ehemanns gegangen war. »Wie hast du es gemerkt?«
    »Durch monatliche Selbstuntersuchung … die ich nicht jeden Monat machte, weil ich ja schließlich erst siebenundzwanzig war. ›Alte Frauen‹ um die vierzig oder fünfzig kriegen Brustkrebs, aber ich doch nicht, dachte ich. Doch das ist ein Irrtum, und wenn jüngere Frauen davon betroffen sind, handelt es sich normalerweise um eine sehr viel aggressivere Form.«
    »Und so war es bei dir?«
    Sie hob halb die Schultern. »Hätte schlimmer kommen können. Ich bin noch da. Aber ich komme mit verdammt vielen Altlasten zu dir, Joseph, und ich finde, dass du das wissen musst.«
    »Wir alle haben Altlasten.«
    »Aber meine schweben wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf. Jeder, der mit mir zusammen sein will, muss sich dessen bewusst sein. Ich bin seit sieben Jahren gesund, und mit jedem Jahr, das verstreicht, steigen meine Chancen, dass ich an etwas anderem sterben werde. Manchmal werde ich bei dem kleinsten Schniefer oder einem blauen Fleck paranoid, weil ich denke, er ist wieder da, denn wenn es so wäre, dann wäre das … sehr schlimm.«
    Er schwieg einen Moment, um nachzudenken, um den klaren Verstand, der ihm normalerweise gute Dienste leistete, einzuschalten, aber die Furcht, die sich in seinen Eingeweiden ausbreitete, trat der Logik in den Hintern. Sie wartete darauf, dass er etwas sagte, während sie noch immer aus dem Fenster blickte.
    »Im Augenblick habe ich tausend verschiedene Gedanken im Kopf, und ich habe Angst, dass ich den falschen ausspreche«, gestand er.
    »Ich glaube nicht, dass es einen falschen Gedanken gibt, Joseph.«
    »O doch, und bestimmt nicht nur einen. Falsch ist alles, was dich kränkt. Der richtige Gedanke ist der, der uns beiden ein besseres Gefühl gibt.«
    »Und was gibt dir ein besseres Gefühl?«
    »Dass Zahlen nicht lügen. Statistisch betrachtet ist es wahrscheinlicher, dass mir etwas geschieht, weil ich einen gefährlichen Job mache.«
    Sie verzog das Gesicht. »Das gibt mir überhaupt kein besseres Gefühl.«
    »Ich meine damit ja nur, dass jeder, der mit mir zusammen sein will, sich bewusst machen muss, dass mit meinem Beruf bestimmte Risiken einhergehen.« Er warf ihr einen Seitenblick zu und ertappte sie dabei, ihn aus dem Augenwinkel zu beobachten. »Obwohl dein Job in letzter Zeit irgendwie sehr viel gefährlicher geworden ist als meiner.«
    »Wohl wahr.«
    »Mein gefährlicher Job kann meinem Leben jedenfalls abrupter und mit viel weniger Vorwarnung ein Ende bereiten als Krebs deinem.«
    »Das stimmt. Aber auch wenn die meisten Menschen das Ende so fürchten, ist der Weg dorthin der Faktor, der die Beziehungen über alle Maßen strapaziert.«
    Er streckte den Arm über die Konsole und löste ihre linke Hand aus dem eisernen Griff, in dem die rechte sie hatte. Er schob seine Finger durch ihre und küsste ihre Knöchel, wie er es gestern getan hatte. »Ich bin siebenunddreißig Jahre alt und werde nicht jünger, also werde ich ohne Schnörkel reden, okay?«
    Sie setzte sich so, dass sie ihn ansehen konnte. »Okay.«
    »Du gefällst mir. Du bist wunderschön und klug und … farbenprächtig.«
    Sie sah sehr zufrieden aus, bis er das letzte Wort aussprach. »Wie bitte?«
    »Ja. Voller Farbe und … Leben. Und das tut mir gut.«
    »Aha«, bemerkte sie skeptisch. »Wir wollen über die Wortwahl noch mal hinwegsehen.«
    »Nein. Ich will, dass du das richtig verstehst. Lange Zeit hat sich mein Leben grau angefühlt. Komplett

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