Todeskind: Thriller (German Edition)
in Ruhe lassen. Weil Mitch gesessen hat.«
»Na und?«
»Sie ziehen mich auf, weil er da bestimmt von den anderen Knackies … na ja, du weißt schon. Und weil Mitch und ich hier allein wohnen und er’s bestimmt auch mit mir macht. Sie haben … was versucht bei mir. Haben mich festgehalten und mir die Hose runtergezogen.« Die Worte waren aus ihm herausgeplatzt, und Cole spürte, wie er vor Scham tiefrot wurde. »Also hab ich die Knarre mit in die Schule genommen. Aber eins von den Arschlöchern hat sie mir aus der Hand geschnappt.«
»Herrgott noch mal.« Matthew sah sich um. »Du musst dich verstecken. Aber wo?«
Es gab nur einen sicheren Ort, aber der Gedanke daran verursachte Cole Übelkeit. »Im Bunker.« Er bewegte das Regal zur Seite wie damals, als er die Leiche seiner Mutter gefunden hatte. Seitdem war er nicht mehr dort unten gewesen. Ich hasse dieses Haus.
An dieser Tür gab es kein Vorhängeschloss wie unten im Keller. Gott sei Dank. Hoffe nur, dass er die Kombination nicht geändert hat.
Matthew blieb der Mund offen stehen. »Na, so was! Davon wusste ich gar nichts.«
»Weil du nie hier bei Tante Betty gewohnt hast. Du bist ja zu Dad gegangen.« Cole funkelte seinen Bruder – oder Halbbruder, wie der Alte behauptete – wütend an. »Du warst nicht hier, als Mom …« Er konnte sich nicht dazu durchringen, die Worte auszusprechen. »Als Mom Schluss gemacht hat. Aber ich war da. Ich habe sie gefunden. Dort unten im Bunker. Dass du nichts davon gewusst hast, ist erbärmlich.«
Matt starrte ihn verwirrt an. »Was? Nein. Das war doch ganz anders.«
Cole ballte die Fäuste. Er hatte größte Lust, Matt windelweich zu prügeln. »Nein, es war so, wie ich sagte. Ich hab sie gefunden. Du warst, laut Mitch, irgendwo in Europa.«
»Das stimmt. Das war mein Abschlussjahr auf der Highschool. Ich bin ein Jahr ins Ausland gegangen. Als ich wiederkam, war sie tot. Dad sagt, sie hat sich im Garten umgebracht.«
»Tja, dann hätte Mitch viel leichter sauber machen können«, knurrte Cole verbittert. Er konnte den schwachen Hall der Türklingel hören. Die Bullen sind da. »Dazu ist jetzt keine Zeit. Glaub, was du willst, aber geh und sag den Cops, dass ich nicht da bin.«
»Cole, warte. Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass … Wenn ich gewusst hätte …«
»Du wusstest nichts, weil du nichts wissen wolltest. Wenn du einfach mal hergekommen wärst – nur einmal –, dann hättest du kapiert.«
»Dad hat mir nicht erlaubt, herzukommen. Aber ich hätte ihm sagen sollen, dass er dich zu uns holt.«
»Tja, das hättest du wohl. Du kannst anfangen, es wiedergutzumachen, indem du die Cops abwimmelst.«
»Gibt es Wasser da unten?«
»Keine Ahnung. Ich war nicht mehr hier, seit ich fünf war.«
»Mist. Bleib da, bis ich dich holen komme. Und ich komme wieder. Versprochen.«
»Danke«, stieß Cole hervor. »Klopf an die Tür, wenn die Luft wieder rein ist.«
»Und woher weißt du, dass ich es bin?«
»Klopf nach … ›The Star Spangled Banner‹ – was weiß ich? Bleib einfach nicht lange, okay? Bitte.« Er zog das Regal wieder an die richtige Stelle und drehte das tresorartige Schloss, um die Tür von innen zu sichern. Dann schlich er die Treppe hinunter in die Finsternis. Sein Herz hämmerte wild.
Ihm war schlecht. O Gott, hoffentlich muss ich jetzt nicht kotzen.
»Ich hasse dieses gottverdammte Haus«, flüsterte er. Dann holte er tief Luft, setzte sich auf den Betonboden und verharrte absolut reglos. Aus dem Haus oben war nichts zu hören, und er konnte nur beten, dass Matthew den Sheriff losgeworden war.
Er hasste das Haus und er hasste die Dunkelheit. Früher war hier unten Licht gewesen, als seine Mutter noch hergekommen war, um sich besinnungslos zu trinken.
Cole holte sein Handy aus der Tasche und aktivierte es, um mit der Displaybeleuchtung die Wände abzusuchen, bis er den Schalter entdeckte. Er legte ihn um und riss die Augen auf, als er sich um sich selbst drehte, um den Bunker zu betrachten. Er hatte sich verändert. War kleiner geworden. Und viel sauberer als zu Tante Bettys Zeiten.
Mitch muss hier gewesen sein. Sein Bruder konnte Unordnung nicht ausstehen.
Die zwei Türen in den Wänden waren neu. Eine stand offen. Dahinter befand sich ein winziger Raum, in dem gerade genug Platz für eine Liege war. Die andere Tür war verschlossen. Cole drehte den Türknauf, rüttelte daran, aber nichts geschah.
Und dann hörte er es. Eine weibliche Stimme. »Hallo? Ist da jemand?
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